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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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angerichtet hast, Nina: Du musst mit der Polizei reden.«
    Das Mädchen sprang auf und stieß einen leisen Schrei aus.
    Auch Daniel hielt es nicht auf seinem Platz. »Was schleichst du dich in mein Zimmer, Mieke? Kann man niemandem mehr trauen?«
    Norma hob entschuldigend die Hände. »Ich bedaure, dass ich euch anlügen musste. Mein Name ist nicht Mieke Lienhop. Ich bin Privatdetektivin. Undine hat mich beauftragt, ihr bei der Wiederbeschaffung des Jawlenskys zu helfen.«
    Nina starrte sie bestürzt an. Ihre Unterlippe zitterte. »Wie heißt du wirklich?«
    Norma nannte ihren Namen.
    Die Türglocke schlug an.
    »Rico!«, rief Nina erleichtert. »Endlich!«
    Daniel schüttelte den Kopf. »Warum sollte er klingeln?«
    Norma verließ das Zimmer und öffnete die Wohnungstür.
    Auf diesen Besuch war sie nicht gefasst.

26
    Der Tote lag der Länge nach mitten auf der Holzbrücke, die als Teil des Waldlehrpfads ein Stück abseits über einen Haufen verrottender Baumstämme führte. Das Gesicht war nicht zu erkennen. Helle Haarsträhnen bedeckten die Wangen. Er ruhte auf dem Bauch. Gekleidet in eine lange schwarze Laufhose und ein dunkles Langarmtrikot, auf dem das Blut seine Farbe einbüßte und nur als matt schimmernde Lache zu erkennen war. Aus dem Blutfleck heraus ragte, was Körber als Indianerpfeil bezeichnet hatte: Ein geschliffener Holzschaft, der am oberen Ende mit sorgsam beschnittenen Vogelfedern versehen war, die dem Geschoss im Flug die notwendige Stabilität verleihen sollten. Der Mann hatte im Sturz die Arme und Beine von sich gestreckt. Wie ein Hampelmann in Ruhestellung, dachte Wolfert und erschrak über seinen geschmacklosen Vergleich. Er trat einen Schritt näher heran, stillschweigend und beobachtend, als wäre er dem Toten diesen kurzen Moment des Innehaltens schuldig inmitten des Trubels, der sich ringsherum abspielte. Die Kollegen der Spurensicherung gingen geschäftig ihrer Arbeit nach. Milano unterhielt sich ein Stück entfernt mit dem Wanderer, der den Toten gemeldet hatte. Ein mittelalter Mann mit Weste und Schal, mager und kahlköpfig, der Wolfert an seinen verstorbenen Lateinlehrer erinnerte. Eine Gruppe uniformierter Polizisten wickelte in gut bemessenem Abstand ein rot-weißes Absperrband um die Baumstämme und schickte die ersten Neugierigen zurück, die sich von den Einsatzwagen mitten im Wald hatten anlocken lassen. Der Wanderweg war kaum breit genug für die Fahrzeuge und verlief etwa 30 Meter von der Brücke entfernt.
    Milano beendete das Gespräch mit dem Zeugen. Seine dünnen italienischen Slipper waren hier so fehl am Platz wie Wolferts polierte Lederschuhe. Schon stolperte er über eine Wurzel, rutschte aus und wäre beinahe gefallen, hätte er nicht an einem Stamm Halt gefunden. Schnaufend stieg er die Rampe hinauf.
    Oben blieb er stehen und deutete auf die Informationstafel hinter sich. »Hast du das Schild gelesen?«
    »Was meinst du?«, fragte Wolfert.
    »Na, was wohl? Die Überschrift ›Totholz ist voller Leben‹. Das nenne ich makaber! Wann können wir ihn umdrehen?«
    »Sema ist gleich soweit.«
    Wolfert schaute sich zu der jungen Frau im weißen Overall um. Sie hatte irgendetwas im Laub entdeckt, beugte sich tief darüber und bat einen Kollegen, sich darum zu kümmern, bevor sie die Brücke hinaufkam.
    »Er ist jung. Meint ihr nicht auch?«
    »Das wissen wir«, knurrte Milano, »sobald wir ihn uns von vorn ansehen.«
    Sema bückte sich zur Schulter des Toten hinunter. Wolfert half ihr, und auch Milano packte mit an. Gemeinsam drehten sie den Körper behutsam auf die Seite, damit das Pfeilende nicht gegen die Holzbohlen stieß, und betrachteten schweigend die Blutlache auf den Brettern und den von Blut durchtränkten Stoff über der Brust des Toten, aus der ein Stück der Pfeilspitze herausragte. Der Tod veränderte ein Gesicht, indem er ihm die Persönlichkeit raubte. Trotzdem glaubte Wolfert sicher zu wissen, wer dort vor ihm auf den Planken lag.
    Auch Milano hatte das Opfer erkannt. »Teufel auch! Das ist dieser Sportler. Rico Götz!«
    »Habt ihr den Mann nicht vernommen?«, fragte Sema. »Obwohl das gar nicht in euer Ressort fällt?«
    Wolfert fragte sich, woher sie überhaupt davon wusste. Die Vernehmungen von Nina Santini und Rico Götz hatten sie in Erklärungsnot gebracht. Als Mitglieder der Sonderkommission hätten sie Besseres zu tun, als ein klauendes Pärchen zu befragen, hatte sich Gert beschwert und die Genehmigung nur widerwillig erteilt.
    »Hört zu, wenn ihr

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