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Kunstraub im Städel

Kunstraub im Städel

Titel: Kunstraub im Städel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Ferkel oder das hier nur das Ergebnis Monate langen Leerstandes war. Mit dem Fegen dauerte es etwas länger. Er musste behutsam vorgehen, durfte nur langsame Kehrbewegungen machen, um nicht in einer Staubwolke zu ersticken.
    Als der gröbste Schmutz beseitigt war, räumte er die Sachen aus seinem Twingo in den Bauwagen. Die Matratze bekam ein frisches Bettlaken. Der Kühlschrank war Gott sei Dank bis auf ein Senfglas leer. Herr Schweitzer steckte den Stecker wieder rein und hoffte auf einen funktionierenden Stromanschluss. Es blieb noch viel zu tun. Zum Beispiel musste das Fenster dringend gesäubert werden. Selbst die pralle Sonne hatte Schwierigkeiten, sich durch die Schlieren der matten Glasscheibe zu kämpfen. Aber gemach, gemach. Nun musste er erst einmal Jupps Chauffeur mimen.
    „Tobi“, schrie der Pförtner lauthals quer über den Platz, als Herr Schweitzer vorgefahren war. Und zu ihm gewandt: „Kannst ja schon mal das Leergut einräumen. Ich bin gleich so weit.“
    Außer zwei Gestalten, die am Ufer angelten, hatte er noch keine weitere Menschenseele auf dem Campingplatz entdeckt. Herr Schweitzer dachte schon, hier zu vereinsamen, als ein knorriges Männlein, dürr wie eine Vogelscheuche und kaum fünfzig Kilo schwer, unsicheren Schrittes angeschlurft kam. Entweder war es stark behindert oder mächtig betrunken.
    „Was ist, Jupp? Ist das Bier schon wieder alle?“, fragte das Männlein.
    „Wenn du nicht so viel saufen würdest, müsste ich einen Kasten pro Tag weniger schleppen. Wann willst du eigentlich deinen Deckel löhnen? Hast du nicht gesagt, du wolltest dir heute deine Stütze abholen?“
    „Hab ich? Wie spät ist es eigentlich?“
    „Zwei Uhr durch.“
    „Nachmittag?“
    „Nee, du Schnapsdrossel. Zwei Uhr mitten in der Nacht. Siehst du nicht die Sterne dort oben?“
    Tobi schaute sich tatsächlich den Himmel an.
    Zu Herrn Schweitzer sagte Jupp: „Ignorier ihn einfach. Der ist immer so. Du verstehst schon, ein bisschen balla-balla, unser Tobi. Gelle, Tobi?“
    „Ich tu keine Sterne seh’n.“
    „Okay, Test bestanden. Und jetzt vertrittst du mich für eine halbe Stunde. Wenn jemand kommt und nach mir fragt, soll er warten, klar?“
    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren pflanzte sich Tobi auf einen arg ramponierten, ausrangierten Bürostuhl, der auf den Holzbohlen vor der Rezeption seine letzte Bestimmung gefunden hatte. Mit offenem Mund, aus dem ein Speichelfaden hing, musterte er unverhohlen den Neuankömmling. „Was will’n der schon wieder?“
    „Ihr kennt euch?“, fragte Jupp erstaunt.
    „Aber sicher“, antwortete Tobi, „der hat mir doch die Frau ausgespannt, der Drecksack da.“
    „Oh, Mist. Bin schon wieder darauf reingefallen“, ärgerte sich Jupp. „Mach dir nix draus, Simon. Der verdächtigt jeden. Obwohl das mit seiner Ex schon zwanzig Jahre her ist. Ist einfach nicht drüber weggekommen. Seitdem geht’s bergab mit Tobi. Gelle, Tobi?“
    „Denk an die Scheidungspapiere, Jupp. Ich lass mir doch von der Schlampe nicht alles gefallen. Ich doch nicht.“
    „Mach ich. Halt die Stellung, bis wir wieder da sind.“
    „Von mir aus kannste den Drecksack unterwegs erschießen tun.“
    „Ich denk drüber nach, okay?“
    Tobis Kopf sackte nach unten und die Augen schlossen sich. Der Speichelfaden hatte die braune Trainingshose erreicht.
    Als sie im Auto saßen, erklärte Jupp: „Tobi ist einer der wenigen, die auch im Winter auf’m Platz bleiben.“
    „Und die Anderen?“
    „Je nachdem, aber meist geht’s ins Asyl.“
    „Asyl?“
    „Ja, Obdachlosenasyl. So Wohnheime, da ist’s immerhin ein bisschen wärmer und es gibt was zu futtern. Aber ein paar von denen kommen dann tagsüber her, um sich … na ja, du weißt schon, wegen der Dröhnung. Alkohol. Viele hier sind schwere Alkoholiker.“
    Herr Schweitzer verstand und lobte sich dafür, seinen eigenen Weinvorrat mitgebracht zu haben.
    Eine halbe Stunde später kehrten sie vom Getränkeladen zurück. Tobi saß immer noch da, wie sie ihn verlassen hatten. Nur dass sich inzwischen ein paar Tauben zu ihm gesellt hatten und zu seinen Füßen nach Krümeln pickten.
    Er half noch beim Ausladen, dann zog sich Herr Schweitzer zurück. Mit einem Besen, der hinter dem Bauwagen stand und von dem er erst noch das Spinnengewebe entfernen musste, fegte er die Veranda. Veranda war vielleicht ein wenig übertrieben: Auf zwei Euro-Paletten hatte jemand Pressspanplatten genagelt, deren Ränder inzwischen moosbedeckt waren.
    Auch wenn er

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