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Kunstraub im Städel

Kunstraub im Städel

Titel: Kunstraub im Städel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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relativ geringe Lösegeldforderung. Er, Konstantinos Tziolis, wollte nichts anderes, als sich in Ruhe eine neue Existenz aufbauen. Irgendwo, wo das Meer war. Wo er jeden Abend mit einem Glas in der Hand und seiner Freundin im Arm einem malerischen Sonnenuntergang beiwohnen konnte. Was mit Benny geschah, war ihm egal. Der würde seinen Anteil wahrscheinlich in einem halben Jahr durchgebracht haben. Frauen, Autos, Glücksspiel und den Rest sinnlos verprassen.
    Wenn man vom Teufel spricht: Benny kam just in diesem Augenblick von seinem Spaziergang zurück.
    „Hallo Konsti.“
    „Hallo Benny. Hast du an die Butter gedacht?“
    „Mist. Vergessen. Hol ich nachher.“
    Konstantinos Tziolis hatte sich inzwischen daran gewöhnt, dass sein Partner, was Gedächtnislücken anging, jedem Alzheimer-Patienten mühelos das Wasser reichen konnte – sofern man sich noch daran erinnern konnte, wo man das Glas Wasser abgestellt hatte. Er dachte an die Nacht zurück, als sie das Beutegut im Schuppen des Campingplatzes deponiert hatten. Die ersten beiden Gemälde hatten sie vom Auto ins Versteck gebracht, als Benny noch den kleinen Picasso holen sollte, während er, Konstantinos, sich schon mal um die fachgerechte Lagerung der beiden anderen kümmerte. Doch statt mit dem Bildnis der Fernande Olivier kam Benny mit den Worten zurück, das Bild sei weg. „Wie weg?“, hatte er ungläubig nachgefragt. „Na weg halt“, waren daraufhin Bennys Worte gewesen, als sei die plötzliche Abwesenheit eines Picassos ähnlich dramatisch wie die Feststellung, man habe statt Roggen- versehentlich Sesambrötchen zum Frühstück gekauft. Im ersten Moment hatte er das Ganze natürlich für einen Scherz gehalten, doch ein solcher war es mitnichten, wie sich bald herausstellen sollte. Voll der Panik war er dann, nachdem er sich über den Ernst der Lage klar geworden war, mit dem Auto zurück zum Städel gedüst. Und siehe da: Der Picasso lehnte dort noch an einem Baum zwischen Fahrrad- und Fußgängerweg, was ihn natürlich sehr freute. Etwas weniger erfreulich hingegen war der Umstand, dass Benny das Gemälde in einen Hundehaufen – der Köter hatte ganz offensichtlich an fürchterlichem Durchfall gelitten – gestellt hatte. Zur Strafe durfte sein Partner den Rahmen dann später ganz alleine säubern, was aber nicht restlos gelang. Noch immer entströmte dem Picasso ein penetranter Geruch – Wasser auf den Mühlen der Gegner entarteter Kunst – besser: entarteter Kunstgegner. Wie dem auch sei, seit diesem für Meisterdiebe unrühmlichen Zwischenfall hatte Konstantinos das Heft, was die weitere Vorgehensweise betraf, völlig an sich gerissen und in der Folgezeit keinen Widerspruch Bennys mehr geduldet.
    „Ich geh noch mal zum Wasserwerk“, sagte der Grieche zu seinem Kumpel, „und du kümmerst dich inzwischen um die Butter. Klar?“
    Benny hatte, seitdem er von Konstantinos nach dem Picasso-Hundekot-Malheur so richtig zur Sau gemacht worden war, seines Kumpels neue Position als alleinigen Anführer vorbehaltlos akzeptiert. Es war ihm schon seit geraumer Zeit stets recht, wenn ihm einer sagte, wo’s lang ging. So doof war er nun auch wiederum nicht, als dass er nicht erkannt hätte, dass bei illegalen Operationen, in denen andere das Sagen hatten, weit weniger in die Hose ging als bei auf seinem eigenen Mist gewachsenen Schandtaten. „Völlig klar. Ich geh dann mal.“
    Noch lange schaute er Benny nach und schüttelte den Kopf. Ob dessen Naivität war er nahe am Verzagen. Wenn er noch mal von vorne beginnen könnte, er würde sich einen anderen Partner suchen. Logo. Aber Mut, Muckis und Gehirn – wo fand man so eine Kombination heutzutage schon? Doch dafür war es nun zu spät. Na ja, sagte sich Konstantinos, so schlimm ist Benny gar nicht, muss halt ein bisschen aufpassen.
    Dann ging er in die nahegelegene Gartenhütte, in der sie seit ein paar Wochen wie ein Ehepaar hausten, holte sich sein Fernglas und machte sich auf den etwa fünfzehnminütigen Weg zum 1899 in Betrieb genommenen Wasserwerk, das heute ein beliebtes Restaurant beherbergt. Von dort hatte er einen astreinen Blick auf den Campingplatz. Und so lange sich dort nichts tat von wegen Bullen und so, wähnte er sich außerhalb jedweden Gefahrenbereichs. Herrn Schweitzer hatte er durch sein Fernglas zwar schon gesichtet, ihn jedoch – nicht zuletzt wegen dessen unförmiger Figur – als völlig harmlos eingestuft.
    Eine kleine Fehleinschätzung, wie sich alsbald zeigen

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