Kupfervenus
ging, hörte ich die Mägde mit dem Geschirr vom Vorabend klappern. Sabina Pollia ließ mir ausrichten, ich möge mich noch etwas gedulden. Vermutlich war die Dame noch nicht mal angezogen. Ich beschloß, den Fall abzulehnen, wenn sie sich als reiche Schlampe entpuppen sollte, die nichts als Partys im Kopf hatte.
Nach einer halben Stunde begann ich mich zu langweilen und unternahm einen Streifzug durchs Haus. Überall hingen kostbar eingefärbte, aber leicht derangierte Vorhänge; die Möbel waren ausgesucht schön, jedoch wahllos in den Zimmern verteilt, und die Raumgestaltung schien ebenso willkürlich: Weiße Stuckdecken mit hauchzartem Dekor wölbten sich über Wandgemälden mit derb-erotischen Motiven. Es sah aus, als hätten sich die Herrschaften von jedem geschickten Handlungsreisenden etwas aufschwatzen lassen, ohne Rücksicht auf Sinn und Zweck, von Geschmack ganz zu schweigen. Der einzig gemeinsame Nenner dieses Sammelsuriums war vermutlich der horrende Preis.
Ich schätzte gerade, nur so zum Zeitvertreib, den möglichen Auktionsertrag für einen Phidias (»Aphrodite schnürt ihre Sandale«), der im Gegensatz zu fast jedem Phidias, der einem sonst in Rom unterkommt, verdächtig nach einem Original aussah, als hinter mir eine Tür aufflog und eine Frauenstimme rief: »Also hier finde ich Sie!«
Schuldbewußt fuhr ich herum. Bei ihrem Anblick blieb mir die Entschuldigung im Halse stecken.
Sie war zum Anbeißen. Den vierzigsten Geburtstag hatte sie zwar nicht mehr vor sich, aber falls sie mal ins Theater kam, würde sie bestimmt mehr Aufmerksamkeit erregen als das Stück. Kajal betonte ihren schmachtenden Blick, doch selbst im Naturzustand hätten Augen wie diese der Tugend eines Mannes von meiner Sensibilität arg zugesetzt. Die Augen gehörten zu einem ebenmäßigen Gesicht, und das wiederum zu einem Körper, gegen den die Phidias-Aphrodite sich ausnahm wie eine marode Eierfrau, der vom langen Stehen die Füße weh tun. Sie kannte ihre Wirkung ganz genau. Mir brach augenblicklich der Schweiß aus.
Da ich nach Sabina Pollia gefragt hatte, mußte sie das wohl sein. Zwei stämmige Burschen in leuchtend blauer Livree traten hinter ihr vor und rückten mir auf die Pelle.
»Rufen Sie Ihre Wachhunde zurück!« verlangte ich. »Die Dame des Hauses hat mich persönlich hergebeten.«
»Dann sind Sie der Schnüffler?« Ihre unverblümte Art verriet, daß diese Dame bei Bedarf auch ganz undamenhaft werden konnte.
Ich nickte. Sie bedeutete den beiden Flügelmännern, sich zurückzuziehen. Die gingen daraufhin zwar außer Hörweite, blieben aber nahe genug, um mich Mores zu lehren, falls ich Ärger machen sollte. Was ich nicht vorhatte – es sei denn, man würde mir Grund dazu geben. »Wenn Sie mich fragen«, erklärte ich dreist, »sollte eine Dame im eigenen Haus keinen Leibwächter brauchen.«
An meiner ausdruckslosen Miene konnte die Gnädige nicht ablesen, ob ihr Verdacht berechtigt war und ich sie soeben tatsächlich als ordinäre Person abgestempelt hatte. »Ich bin Didius Falco. Habe ich die Ehre mit Sabina Pollia?« Betont lässig streckte ich ihr die Flosse entgegen. Es schien ihr nicht zu gefallen, aber sie nahm die dargebotene Hand. Die ihre war schlank, mit kurzen Fingern und den hellen, ovalen Nägeln eines jungen Mädchens; sie trug einen Haufen juwelenblitzender Ringe.
Sabina Pollia besann sich und entließ die beiden Burschen in der adriatischen Uniform. Eine Dame hätte jetzt nach einem Anstandswauwau geschickt, aber das vergaß sie. Sie fläzte sich so auf einen Diwan, daß die anmutige Aphrodite wieder Punkte gewann.
»Erzählen Sie mir was über sich, Falco!« Leidiges Berufsrisiko: Sie wollte sich amüsieren, den Spieß umdrehen und mich ausfragen. »Sie sind also Privatermittler – wie lange denn schon?«
»Fünf Jahre. Seit ich als Invalide aus der Legion entlassen wurde.«
»Doch hoffentlich nichts Ernstes?«
Mein Lächeln war kühl, souverän. »Nichts, was mich nennenswert beeinträchtigen könnte.«
Unsere Blicke trafen sich, verweilten. Es würde ein hartes Stück Arbeit werden, bis ich diese Schönheit so weit hatte, daß wir sachlich über meinen Auftrag reden konnten.
Sie war eine von diesen klassischen Miezen: wohlproportioniertes Gesicht, gerade Nase genau am rechten Fleck, klarer Teint und ungewöhnlich ebenmäßige Zähne – ein vollkommenes Profil, wenn auch etwas ausdrucksschwach, da Menschen mit sehr schönen Gesichtern nie Charakter zeigen müssen, um sich
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