Kupfervenus
Rest kann ich mir zusammenreimen: Da kommt plötzlich eine Fremde daher – die vielleicht ein Flittchen ist, aber darauf kommen wir gleich – und verdreht Ihrem einzigen noch ungebundenen Familienmitglied den Kopf. Und nun möchten Sie, daß ich diese Person verscheuche.«
»Sie sind auf Draht, Falco.«
»Davon lebe ich … Wie weit ist die Romanze denn schon gediehen?«
»Hortensius Novus hat sich offiziell verlobt.«
»Wie unbesonnen! Doch bevor ich den Fall übernehme«, fuhr ich nachdenklich fort, »nennen Sie mir einen guten Grund dafür, warum ich glauben sollte, daß Sie und Atilia dieser klugen Spekulantin nicht einfach nur böse sind, weil sie Ihr geregeltes Leben durcheinanderbringt?«
Die Frage schien Pollia berechtigt. »Natürlich sind wir um das Glück unseres alten Freundes besorgt.«
»Natürlich«, echote ich. »Aber ich nehme doch an, daß es auch um einen schönen Batzen Geld geht?«
»Wenn Hortensius Novus eine Braut ins Haus bringt, die ehrbare Absichten hat, wollen wir sie gern willkommen heißen.« Mich wunderte schon, daß zwei Frauen gemeinsam wirtschaften konnten, von dreien ganz zu schweigen. Auf meinen entsprechenden Hinweis erläuterte sie mir das harmonische Arrangement der Sippe: »Felix und ich bewohnen diesen Flügel, Crepito und Atilia den gegenüber. Für Geschäftsbesprechungen und Feste teilen wir uns die Salons im Mitteltrakt …«
»Und wo zwängt Novus sich dazwischen?«
»Er hat eine Suite im Obergeschoß – oh, überaus geräumig, Falco.«
»Wir Junggesellen sind maßvoll. Aber wenn er heiratet, können Sie dann ein drittes Ehepaar unterbringen?« fragte ich und überlegte im stillen, ob ich hier nichts weiter zu lösen haben würde als das leidige Wohnungsproblem, das so vielen Familien in Rom das Leben vergällt.
»Nichts leichter als das.« Sabina Pollia zuckte die Achseln. »Unser Architekt würde einen neuen Flügel anbauen.«
»Aha! Damit wären wir bei der Preisfrage: Wenn Novus’ Heirat den Haushalt nicht durcheinanderbringen würde, was stört Sie und Atilia dann so an seiner Freundin?«
»Wir glauben, daß sie ihn umbringen will«, sagte Sabina Pollia.
VI
Wir Ermittler sind schlichte Gemüter. Zeigt man uns eine Leiche, dann suchen wir brav nach dem Mörder – bloß haben wir die Leiche gern vorher; irgendwie ist es logischer so.
»Gnädigste, in gutrömischer Gesellschaft gilt es als unhöflich, von einem Mord zu sprechen, noch ehe er begangen wurde.«
»Sie glauben, ich hätte mir das nur ausgedacht!« Pollia verdrehte die herrlichen Augen.
»Nein, es klingt so lächerlich, daß ich Sie ernst nehme! Wenn jemand etwas erfindet, dann legt er sich normalerweise eine plausiblere Geschichte zurecht.«
»Diese ist wahr, Falco.«
»Dann beweisen Sie’s mir.«
»Die Frau war schon verheiratet – und zwar dreimal!«
»Oh, wir leben in frivolen Zeiten. Heutzutage sind fünf Ehen das Minimum für eine Rufschädigung …«
»Keiner ihrer Ehemänner hat die Hochzeit lange überlebt …« Pollia gab nicht auf, und ich grinste boshaft weiter. »Und jedesmal war sie nach der Beerdigung sehr viel reicher!«
Ich hörte auf zu grinsen. »Ah! Geld gibt der Geschichte den Stempel der Echtheit … Übrigens, wie heißt die bewußte Dame?«
Pollia zuckte die Achseln (wobei sie lässig ihre schönen weißen Schultern zwischen den funkelnden Ärmelspangen entblößte). »Sie nennt sich Severina. Wie sie weiter heißt, weiß ich nicht.«
Mit einem Stilus, den ich immer griffbereit habe, schrieb ich in mein Notizbuch: Vorname Severina; Familienname unbekannt … »Ist sie hübsch?«
»Juno, wie soll ich das wissen? Irgend etwas muß schon dran sein an einer, die vier Männer – lauter vermögende Männer – dazu bringen kann, sie zu heiraten.«
Ich machte mir noch eine Notiz, diesmal im Kopf: raffinierte Person. (Das konnte schwierig werden.) Und wahrscheinlich auch intelligent. (Noch schlimmer!)
»Macht sie ein Geheimnis aus ihrer Vergangenheit?«
»Nein.«
»Brüstet sich damit?«
»Auch das nicht. Sie stellt es ganz einfach so hin, als sei es gang und gäbe, drei früh verstorbene Ehemänner zu beerben.«
»Gescheit.«
»Falco, ich habe Ihnen doch gesagt, sie ist gefährlich!« Der Fall begann mich zu interessieren (ich bin ein Mann, ein normal veranlagter Mann: gefährliche Frauen haben mich immer fasziniert).
»Pollia, lassen Sie uns einmal klarstellen, was Sie von mir wollen: Ich kann diese Severina beschatten und ausspionieren, in der
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