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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Wortlaut der Grabinschrift. Also her mit Ihrer Schmiertafel …«
    Er wußte, daß ich die Wachstäfelchen, auf denen er seine Entwürfe notierte, trotz der Dunkelheit an seinem Gürtel schimmern sah. Also schob er ein paar mit neueren Aufträgen zurück, und da war es!
    Nicht, was ich erwartet hatte, als ich das erstemal vorsprach. Aber genau das, worauf ich jetzt gefaßt war:
     

     
    Langsam die riesigen Kurzschriftlettern entziffernd, las ich den Text laut vor: » Der Seele des Verstorbenen, Gaius Cerinthus, Freigelassener von Gaius Severus Moscus, der da lebte sechsundzwanzig Jahre: errichtet von Severina Zotica, Freigelassene des Severus … Sehr diskret und distinguiert, wirklich. Aber da ist ja noch Platz auf Ihrer Tafel. Was haben Sie denn am Schluß gelöscht?«
    »Ach … sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie hinter ihrem Namen noch anhängen sollte: ›seiner würdig fürwahr‹. Aus irgendeinem Grund hat sie’s aber dann doch weggelassen.«
    Eine ganz unverfängliche Wendung – häufig von trauernden Witwen oder deren inoffiziellen Pendants bestellt. Mitunter war der Spruch auch ironisch gemeint. Aber jeder, der ihn las, würde daraus schließen, daß der Tote und die Hinterbliebene einander sehr nahegestanden hatten.
    Ich konnte dem Steinmetz also verraten, warum Severina auf diese schöne Schlußfloskel verzichtet hatte: So gern sie ihrem Mitfreigelassenen auch ein ehrendes Andenken stiften wollte, das Mädchen war einfach zu sehr Profi, um auch nur die geringste Spur zu hinterlassen.
LXIV
    Eine Ewigkeit schien vergangen, seit ich zum letztenmal das Haus in der Abakusstraße besucht hatte. Inzwischen war die Nacht hereingebrochen, doch hier strahlten alle Fenster taghell; kein Wunder, die Dame hatte ja auch drei stattliche Erbschaften, mit denen sie das Öl für ihre Kandelaber bezahlen konnte. In den meisten Häusern ruhte die Arbeit längst. Aber Severina tat das einzige, was einem liebesbedürftigen, häuslichen Mädchen übrigblieb, das diese Woche ohne Zukünftigen war; sie saß an ihrem Webstuhl und bastelte an einer Falle für den nächsten Freier.
    Ich beobachtete sie und besann mich darauf, wie man, laut meiner Schwester Maia, erkennen konnte, ob die Weberei bloß vorgetäuscht war. Soweit ich es beurteilen konnte, kam Severina ohne Schummeln aus. Wenn man ihr auch sonst nicht über den Weg trauen durfte, ihre Handarbeit hatte sie sicher im Griff. Als ich hereinkam, blickte sie auf und funkelte mich wütend an, hielt aber das Schiffchen emsig weiter in Bewegung.
    »Das Mittagessen ist längst abgeräumt, Falco!«
    »Und das Abendbrot auch! Tut mir leid.« Ich ging zum Diwan, wo sie mich nur im Auge behalten konnte, wenn sie sich halb vom Webstuhl abwandte. Erschöpft barg ich das Gesicht in den Händen. »Ach, Zotica! Heute jagt eine Strapaze die andere; o Ihr Götter, bin ich müde …«
    »Können wir Ihnen was anbieten?« fühlte sie sich genötigt zu fragen.
    »Nein, danke. Alles, was ich brauche, ist ehrbare Gesellschaft und ein gutes Gespräch unter Freunden!« Ich holte tief Luft und seufzte. Als ich aufblickte, hatte sie die Hände sinken lassen und beobachtete mich nervös. »Ich komme gerade von den Hortensii. Und davor war ich bei Priscillus.«
    »Und? Was hat’s denn gegeben?« Inzwischen war sie ganz bei der Sache, weil sie einen großen Auftritt witterte. Sie wußte, daß ich gekommen war, um den Fall zum Abschluß zu bringen. Wenn es aufregend wurde, war Severina in ihrem Element; ich mußte einen Überraschungsangriff landen, oder ich würde ihr nie beikommen.
    »In der Hauptsache Schmierentheater und Lügen! Trotzdem konnte ich den Fall für Sie aufklären … leider haben die Damen mich ganz schön mit Wein abgefüllt; nun bin ich gar nicht mehr recht bei mir …« Ich rang mir ein Grinsen ab und warf die Arme hoch. »Ach, Zotica, ich komme mir richtig besudelt vor! Ich hasse es, als Spielzeug mißbraucht zu werden. Und besonders hasse ich es, wenn man so taktlos ist, mich wie einen hübschen Kunstgewerbeartikel zu behandeln, den jede hergelaufene Freigelassene mit mehr Kies als Urteilsvermögen sich einfach kaufen kann!« Ich war ganz gut in Fahrt gekommen. »Ich seh mich nun mal lieber als echtes Sammlerstück. Das Leben hat mir ein, zwei Dellen verpaßt, die sich nie mehr werden ausbeulen lassen, aber dafür hat meine Persönlichkeit eine Patina gekriegt, nach der jeder Kenner sich die Finger lecken dürfte – geradezu eine Spitzeninvestition …«
    »Was ist denn

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