Kupfervenus
kalter Pracht, aber ich war mittlerweile in dem Stadium, wo es ganz meiner galligen Stimmung entsprach, mich verachtungsvoll inmitten von Geschmacklosigkeiten zu aalen.
Nicht viel später erschien Sabina Pollia. Sie schwankte leicht, erbot sich aber, mir mit eigener zarter Hand nachzuschenken. Ich orderte einen Doppelten, dafür ohne Kräuter und ohne Wasser. Sie lachte, goß zwei Becher voll, und als sie sich zu mir gesetzt hatte, kippten wir beide verwegene Mengen Setinum, pur.
Etliche Tage Krankendiät waren kaum die richtige Unterlage für einen so schweren Wein, aber ich leerte trotzdem wacker meinen Becher, rappelte mich dann auf und goß mir noch einmal ein. Wieder nahm ich neben Pollia Platz. Sie stützte einen Ellbogen auf die Rückenlehne des Diwans, gleich hinter meinem Kopf, und schmiegte das Kinn in die Hand, indes ich ihr makelloses Antlitz betrachtete. Sie duftete nach einem einschläfernden Parfum, das, glaube ich, aus irgendwelchen Tierdrüsen gewonnen wird. Sie war leicht erhitzt und warf mir aus halb geschlossenen Augen einen prüfenden, erfahrenen Blick zu.
»Haben Sie mir was zu sagen, Falco?«
Ich lächelte träge und fuhr fort, sie aus nächster Nähe zu bewundern, während sie mich beiläufig am Ohr kraulte. Das füllige Aroma des Weins heizte mir angenehm ein, prickelte bis hinunter in die Luftröhre. »Zu sagen hätte ich Ihnen so manches, Sabina Pollia – nur hat das meiste davon nichts mit meinem heutigen Besuch zu tun!« Ich zeichnete mit dem Finger die vollkommene Rundung ihrer Wange nach. Sie tat so, als bemerke sie es nicht. Ich fragte ruhig: »Sind Sie sich eigentlich bewußt, Sie und Atilia, daß es Zeugen gibt, die wissen, was Sie mit dem vergifteten Törtchen vorhatten?«
Sie erstarrte. »Vielleicht sollten wir Atilia hinzuziehen?« Ihre Stimme verriet weder Angst, noch konnte ich sonst eine Gefühlsregung heraushören.
»Wie Sie wünschen.« Sie machte aber keine Anstalten, nach ihrer Busenfreundin zu schicken, und so fuhr ich fort: »Hortensia Atilia hatte wenigstens die Entschuldigung, daß ihr die Versorgung ihres kleinen Sohnes am Herzen lag. Doch was ist mit Ihnen?« Pollia zuckte die Achseln. »Keine eigenen Kinder?«
»Nein.« Ich überlegte, ob sie sich bewußt, im Interesse ihrer Figur, gegen Nachwuchs entschieden hatte. Sie unterbrach meinen Gedankengang. »Falco, sind Sie gekommen, um uns zu drohen?«
»Theoretisch bin ich auf dem Weg zum Prätor, um meine Aussage zu machen. Ich weiß«, fuhr ich, ihrem Einwand zuvorkommend, fort, »daß der Prätor, dem der Pincio untersteht, bis zum Hals bei Ihrer Familie verschuldet ist. Aber ich werde ihn daran erinnern, daß er, falls ihn ein Konsulamt reizt, gut daran täte, Vespasians neuer Regierung zu beweisen, wie unparteiisch er sein kann. Tut mir leid für Sie, denn die Unparteilichkeit eines Prätors müssen ja meistens seine Freunde ausbaden!«
»Warum sollte er auf Sie hören?«
»Weil ich Einfluß habe im Palast, das wissen Sie doch.«
Pollia belebte sich wieder. »Das wird Atilia sicher sehr interessieren. In erster Linie geht es nämlich um sie, Falco. Atilia hat den Kuchen gekauft, der …« Sie verhaspelte sich.
Nun hatte ich die beiden lange genug getrennt gehalten, um sie zu verunsichern. Also nickte ich. Sie klatschte in die Hände, rief einen Sklaven herbei, und kurz danach kam Hortensia Atilia hereingerauscht. Pollia tuschelte mit ihr am anderen Ende des Saals, während ich mit den Gerätschaften auf dem Weintablett spielte.
»Also, was haben Sie uns mitzuteilen?« Atilia, die offenbar die Führung übernehmen wollte, trat auf mich zu.
»Tja, ich dachte mir, es würde Sie interessieren, daß Appius Priscillus soeben die Stadt verlassen hat.« Atilias Gesicht verfinsterte sich schlagartig; Pollia, die Betrunkenere von beiden, folgte ihrem Beispiel. »Ich habe ihm dazu geraten«, erklärte ich hilfsbereit. »Und zuvor habe ich ihm gesteckt, daß Crepito und Felix herausgefunden hätten, wie Novus vergiftet wurde, nämlich durch die blaue Amphore, Priscillus’ Gastgeschenk. Außerdem habe ich ihm eingeredet, die beiden hätten auch kapiert, daß er sie gleich mit umbringen wollte. Priscillus hat rasch begriffen, daß diese Erkenntnis die zwei bös in Rage bringen würde! Er glaubt, sie zeigen ihn an.« Ich setzte mich wieder auf den Diwan mit den gestickten Löwen, legte den Kopf zurück und lächelte die Damen an. »Darf ich fragen, was ihr zwei Hübschen mit der Amphore gemacht habt?«
Pollia
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