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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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grundsätzlich. Schmuck trug sie daheim kaum, aber das kam ihrer Ausstrahlung eher zugute. In Gesellschaft war sie schüchtern; sogar zu zweit mit einem so engen Freund, wie ich es war, hätte man sie für scheu halten können – bis sie den Mund aufmachte und ihre Meinung kundtat. Dann allerdings stob sogar eine wilde Hundemeute auseinander und suchte mit eingezogenem Schwanz Deckung. Ich bildete mir ein, es mit ihr aufnehmen zu können – aber ich hatte es noch nie drauf ankommen lassen.
    Ich blieb in der Tür stehen und setzte mein gewohntes freches Grinsen auf. Helenas liebes, natürliches Begrüßungslächeln war das Schönste, was ich seit einer Woche gesehen hatte. »Warum sitzt ein schönes Mädchen wie du allein im Zimmer und schreibt Rezepte auf?«
    »Ich übersetze einen griechischen Historiker«, erklärte Helena wichtigtuerisch. Ich linste ihr über die Schulter. Es war ein Rezept für gefüllte Feigen.
    Ich beugte mich vor und gab ihr einen Kuß auf die Wange. Seit dem Verlust unseres Babys, den wir beide noch nicht verwunden hatten, war unser Verhältnis quälend steif und verkrampft gewesen. Jetzt aber tastete ihre Rechte nach meiner, und unser beider Hände umklammerten sich mit einer Inbrunst, die den verknöcherten alten Juristen in der Basilica Julia womöglich für eine Anzeige gereicht hätte.
    »Ich freue mich so, daß du gekommen bist!« flüsterte Helena.
    »Um mich von dir zu trennen, braucht es schon mehr als Kerkermauern.« Ich hob ihre Hand an meine Wange. Helenas damenhafte Finger dufteten nach einer ausgefallenen Mischung indischer Essenzen und Gallapfeltinte – kein Vergleich mit den schweren Parfumwolken der Flittchen, die ich früher gekannt hatte. »Herzensdame, ich liebe dich«, gestand ich ihr (immer noch im Überschwang meiner neu gewonnenen Freiheit). »Und das nicht nur, weil ich rausgekriegt habe, daß du meine Miete bezahlt hast!«
    Sie rutschte von ihrem Stuhl und barg den Kopf in meinem Schoß. Die Tochter eines Senators würde sich bestimmt nicht von einem Haussklaven erwischen lassen, wie sie sich bei einem Sträfling ausweint – aber ich streichelte ihr trotzdem tröstend den Hals, nur zur Sicherheit. Außerdem bot Helenas Nacken ein reizvolles Betätigungsfeld für eine müßige Hand.
    »Ich weiß gar nicht, warum du dich mit mir abgibst«, sagte ich nach einer Weile. »Ich bin doch ein Versager, hause in einem elenden Loch, habe kein Geld. Sogar die Ratte in meiner Zelle hatte nur ein spöttisches Grinsen für mich übrig. Und jedesmal, wenn du mich brauchst, lasse ich dich hängen …«
    »Hör auf zu jammern, Falco!« Als Helena aufblickte, sah ich den Abdruck meiner Gürtelschnalle auf ihrer Wange, doch sonst hatte sie sich wieder ganz gefangen.
    »Ich habe einen Beruf, der den meisten Leuten zu anrüchig wäre«, klagte ich unbeirrt weiter. »Mein eigener Auftraggeber wirft mich ins Gefängnis und vergißt mich dann einfach …«
    »Man hat dich aber doch freigelassen …«
    »Nicht direkt«, gestand ich.
    Helena regte sich nie unnötig über etwas auf, das ich ihrer Meinung nach selbst ins reine bringen mußte. »Also, was hast du jetzt vor?«
    »Ich werde wieder freiberuflich arbeiten.« Helena schwieg. Jetzt wußte sie, warum ich so niedergeschlagen war. Mein famoser Plan hatte nämlich einen großen Haken: Als Selbständiger würde ich nie soviel verdienen wie im Dienst des Kaisers – obwohl das reine Theorie war, da Vespasians Lohnbuchhalter mich monatelang auf mein Geld warten ließen. »Glaubst du, daß ich eine Dummheit mache?«
    »Nein, du hast ganz recht mit deiner Entscheidung!« Helena pflichtete mir ohne Zögern bei, obwohl sie genau wußte, daß ich mir als Freischaffender die Einheirat in den Patrizierstand nie und nimmer würde leisten können.
    »Du hast für den Staat dein Leben aufs Spiel gesetzt. Vespasian hat dich engagiert, weil er genau wußte, was du wert bist. Marcus, du hast es nicht nötig, dich von einem knauserigen Arbeitgeber mit Almosen abspeisen und von häßlichen Palastintrigen schikanieren zu lassen …«
    »Aber Herzblatt, du weißt, was es bedeutet, wenn …«
    »Ich habe dir doch gesagt, daß ich auf dich warten werde!«
    »Und ich habe dir gesagt, daß ich das nicht zulasse.«
    »Du weißt doch, ich tue nie, was du sagst.«
    Ich grinste, und dann saßen wir noch ein paar Minuten schweigend beisammen.
    Nach dem Gefängnis war dieser Raum im Hause ihres Vaters der reinste Hort der Geborgenheit. Teppiche und quastengesäumte

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