Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
Vom Netzwerk:
Ständig ist irgendetwas kaputt.«
    »Wirklich? Der sieht doch top aus. Ist noch ziemlich neu, was?«
    Hans Martinsen verlor sich in Ausführungen über die Mängel des
Luxusautos und die langen Wartezeiten für Ersatzteile, sodass man eigentlich
froh sein konnte, wenn man nur ein Fahrrad hatte.
    Maria stand auf. Noch fünf Minuten mit diesem Mann in einem Raum und
sie würde in eine abgrundtiefe Depression verfallen.
    »Wir kommen ein andermal wieder. Vielleicht geht es Ihnen dann schon
besser.«
    »Ja.« Hans Martinsen klang resigniert. »Ja, sicher.«
    Als die Haustür hinter ihnen ins Schloss fiel, hatte Maria das
Bedürfnis, einmal tief Luft zu holen. Ihre Hoffnung auf den neutralen
Außenstehenden, den Retter für Alsberger, konnte sie wohl erst einmal begraben.
Herr Martinsen war nicht in der Lage, jemandem zu helfen, Herr Martinsen
brauchte selbst Hilfe.
    Zurück in der Polizeidirektion stoppte sie die Lockvogelaktion. Bald
darauf saß sie hinter ihrem Schreibtisch, vor einem Wust Papierkram.
    Die Verbindungsnachweise für Lea Rinkners Handy lagen vor, hatten
aber nichts wesentlich Neues erbracht. Die meisten Telefonnummern kannten sie
schon durch Cloes Liste.
    Die Kollegin von Lea Rinkner, mit der es angeblich Streit gegeben
hatte, war befragt worden. Bei den Spannungen, die sie mit Lea Rinkner gehabt
hatte, war es um den Dienstplan in der Apotheke gegangen. Banalitäten. Kein
Motiv für einen Mord.
    In einer dünnen Aktenmappe fand Maria schließlich, was die Kollegen
über Kurt Rinkner in Erfahrung gebracht hatten.
    Rinkner war vor viereinhalb Jahren aus Freiburg-Waltershofen in die
Kurpfalz gezogen. Seine Frau hatte das Haus in Ladenburg von ihren Eltern
geerbt. Kurz zuvor hatte die Baufirma, bei der Rinkner zwanzig Jahre lang
angestellt gewesen war, ihn entlassen. Wenige Monate nach dem Umzug starb dann
seine Frau.
    Bis auf den Vorfall wegen Trunkenheit am Steuer und Beleidigung war
Rinkner bislang nicht aufgefallen. Keine Anzeigen wegen Schlägereien oder
irgendetwas anderem, was in Alsbergers Bild gepasst hätte.
    Nach zwanzig Jahren die Arbeit verloren, die Frau gestorben, durch
den Umzug entwurzelt – ob Kurt Rinkner das so aus der Bahn geworfen hatte?
    Freiburg–Ladenburg, das war eigentlich nicht die Welt.
Heidelberg–Boston. Das war dann schon etwas anderes. Wie es Vera wohl ergehen
würde, wenn sie von hier wegging? Weg von ihren Freundinnen, von allem
Gewohnten?
    Wenn Martinsen nur in einer besseren Verfassung wäre!
    Ein Mordopfer zu finden war für die meisten Menschen entsetzlich. Je
sensibler, desto mehr warf es sie aus der Bahn. Ihr hatte der Anblick zu Anfang
auch viel ausgemacht. Nicht so wie Alsberger, aber es hatte ihr doch zugesetzt.
    Aber die Gewissheit, dass sie alles tun würde, um die Täter hinter
Gitter zu bringen, hatte ihr geholfen, es zu ertragen. Je schlimmer die Bilder
gewesen waren, desto mehr hatte es ihren Ehrgeiz angestachelt.
    Alsberger dagegen verfiel in eine Schreckensstarre und murmelte
etwas von Geistern, wenn er eine Leiche sah.
    Was, wenn das nächste Opfer, das er zu sehen bekam, noch ärger
zugerichtet war als Lea Rinkner? Würde er dann so reagieren wie Hans Martinsen?
Panik bekommen, zittrige Knie, Schlafstörungen, vielleicht so schlimm, dass er
dienstunfähig wurde? Depressionen, weil er glaubte, versagt zu haben,
Frühberentung?
    Mit wem würde es Vera besser ergehen? Mit einem Mann, der irgendwann
an seiner Arbeit zerbrach, oder mit einem, der amerikanische Promis bewachte,
sich dabei vielleicht ein bisschen langweilte, aber guter Dinge war, wenn er
nach Hause kam?
    Am Ende musste sie Hans Martinsen noch dankbar sein. Er hatte ihr
vor Augen geführt, was geschah, wenn Menschen etwas mit ansehen mussten, was
ihre Seele nicht verkraften konnte.
    Ein Schatten tauchte vor Marias Schreibtisch auf.
    »Hörst du schlecht? Ich habe dreimal geklopft!«
    Arthur stand vor ihr.
    »Tut mir leid, ich war in Gedanken.«
    »Hier, das hat diese junge Frau für dich abgegeben, diese Clothilde
Pettke.«
    Er hielt ihr einen Umschlag hin. »Die sieht ja zum Fürchten aus mit
ihren dunklen Klamotten und den ganzen Steckern im Ohr. Wie ein hübsches junges
Ding sich nur so verunstalten kann, das verstehe ich nicht.«
    Maria riss den Umschlag auf. Es war eine Postkarte darin:
    Gehören noch auf die Liste. Muss Sie auch noch was fragen. Bis
bald, Cloe . Darunter standen zwei
Telefonnummern.
    Auf der Vorderseite der Karte war eine Idylle aus Palmen, weißem
Sandstrand und Meer

Weitere Kostenlose Bücher