Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
Vom Netzwerk:
meinte das doch
allgemeiner. So in dem Sinne, dass es viele Zauberworte gibt. Und es kommt nur
darauf an, dass es die richtigen sind, je nachdem was gerade angesagt ist. Wenn
du Kind bist und ein Eis haben willst, dann ist das Zauberwort ›bitte‹. Wenn du
eine Frau ins Bett kriegen willst, dann erzählst du ihr am besten, dass deine
Ex dich übel betrogen hat und du völlig deprimiert bist. Das wirkt fast immer.«
    »Ich glaube, das, was du meinst, nennt man nicht Zauberworte,
sondern miese Manipulation. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Eichendorff
das gemeint hat.«
    Maria sah sich an, was noch an der Wand hing. Joseph von
Eichendorff. Joseph von Eichendorff. Noch mal Eichendorff und noch mal
Eichendorff, die ganze Wand lang.
    »Und wo ist dein Favorit? Hölderlin? Der mit der Mutterlust?«
    »Arthur sagt, der gehört nicht zur Romantik. Ist aber sowieso egal.
Arthur meint, der hier …«, Mengert zeigte auf eines der Eichendorffgedichte,
»der ist unser Mann!«
    »Unser Mann? Wieso unser Mann?«
    »Das fragst du ihn mal besser selbst. Ich habe das nicht ganz kapiert.«
Mengert beugte sich zu Maria.
    »Ehrlich gesagt«, flüsterte er und tippte sich mit dem Finger an die
Stirn, »glaube ich, dass Arthur da oben ein bisschen zu heiß läuft. Er meint,
das hat alles mit irgendeinem Käthchen zu tun.« Seine Stimme wurde noch etwas
leiser. »Die ist aber schon zweihundert Jahre tot!«
    Maria ließ Mengert stehen.
    Arthur saß in seinem Büro am Schreibtisch und schaute gebannt auf
den Bildschirm des Computers. Auf dem Tisch lag ein Wust an Papieren.
    »Hallo, Arthur!«
    Sein Gesicht war so kalkweiß wie die Wand, dunkle Bartstoppeln
übersäten das Kinn. Er hatte noch dasselbe Hemd an wie gestern. Inzwischen war
es allerdings völlig verknittert.
    »Sag mal, warst du überhaupt zu Hause?«
    »Ich weiß, warum das alles passiert! Ich habe sein Motiv!«
    »Und ich habe dich etwas gefragt!«
    »Ich habe die Verbindung gefunden! Die Verbindung zu Persephone und
zu Hades. Es passt alles zusammen!« Arthur wühlte in den Papieren auf seinem
Schreibtisch, dann zog er ein Blatt hervor. »Hier! Hades nimmt Rache. Er tut es
für ihn, Maria! Für ihn!«
    »Für wen?«
    Er schwenkte das Blatt durch die Luft, als wäre es eine Siegesfahne.
Mit Mühe konnte Maria erkennen, dass eine Zeichnung darauf war, der Kopf eines
jungen Mannes.
    »Joseph Freiherr von Eichendorff! Hades rächt das, was man dem
jungen Eichendorff hier angetan hat. Dafür müssen die Frauen in Heidelberg
jetzt büßen.«
    Er sah sie mit flackerndem Blick an.
    »Er wurde sitzen gelassen. Eben haben sie sich noch geküsst, schon
war es vorbei!«
    »Jetzt mal der Reihe nach.« Maria räumte die Unterlagen weg, die auf
dem Stuhl vor Arthurs Schreibtisch lagen, und setzte sich. »Also, wenn ich dich
richtig verstanden habe, rächt unser Mörder Joseph von Eichendorff, weil den
irgendeine Heidelbergerin enttäuscht hat?«
    »Enttäuscht! Enttäuscht! Sie war seine große Liebe. Das Herz hat sie
ihm gebrochen.« Wieder suchte er in dem Blätterwust auf dem Schreibtisch. »Die
Frau hieß Katharina Barbara Förster, das Käthchen. Sie war neunzehn, als sie
Eichendorff kennenlernte, und hat hier in Heidelberg auf der Hauptstraße im
Haushalt eines Verwandten gearbeitet. Eichendorff und sein Bruder wohnten da,
als sie hier Jura studierten. Hier bei uns auf der Hauptstraße, da hat die
Geschichte begonnen.«
    Arthur schaute einen Stapel Papiere durch. »Das ist es nicht. Das …«
    »Ist ja schon gut, ich glaube dir auch so. Aber was soll das mit
unserem Fall zu tun haben?«
    »Maria! Warum schreibt unser Mörder diese Gedichte? Er könnte auch
einen Bekennerbrief schreiben. Einen ganz normalen Brief. Oder gar nichts. Er
könnte die Frauen einfach töten. Warum diese Art von Gedichten? So
gefühlsbetont! So sehnsuchtsvoll! Warum, Maria?«
    »Keine Ahnung. Aber so wie du fragst, scheinst du die Antwort ja zu
kennen.«
    »Er wollte, dass wir genau darauf stoßen: auf die Dichter der Romantik.
Und er wusste, dass wir irgendwann einmal auf ihr Faible für Mythen kommen
würden! Damals waren viele hier in Heidelberg, nur um die Vorlesung eines
gewissen Joseph Görres zu hören, und in der ging es – um germanische Mythen!«
    »Also die Geschichte mit Hades ist aber etwas Griech…«
    Arthur redete einfach weiter. »Es gab verschiedene Cliquen. Eine um
Clemens Brentano und Achim von Arnim. Aber mit denen hatte Eichendorff gar
nichts zu tun. Alles nur Gerüchte. Er war

Weitere Kostenlose Bücher