Kurs Minosmond
hatte, da ihnen die geeigneten Meßmethoden gefehlt hatten: Es sagte aus, daß das Target keine Korpuskel emittierte, also auch keine Bläschen. Nur daß eben dieser Aussage – als Modellaussage – keine absolute Zuverlässigkeit zuzuordnen war.
Nach dieser Serie machten sie eine Pause, Esther fragte Ruben, ob sie den Außenseiter wechseln sollten, aber Ruben lehnte ab. Er wollte seinen Gedanken weiter verfolgen, der sich im Verlauf dieser Serie immer klarer herausgebildet hatte. Während die anderen die zweite Serie in der EGI durchlaufen ließen, wollte er seinen Gedanken formulieren, sein Anliegen, denn er wollte es bei der Schlichtung zur Sprache bringen. Sollten sie also jetzt bis zur Phase drei gehen, das würde ihn höchstens interessieren, falls dabei ähnliche Prozesse im Target ablaufen sollten. Deshalb schlug er auch vor, das Target in der Versuchsordnung zu belassen.
Gleich beim erstenmal hatte ihn stutzig gemacht, daß im Target nach der Bläschen-Einwirkung Spektrallinien verschiedener Elemente auftraten, obwohl das Target ursprünglich aus reinem Wasserstoff bestanden hatte. Also mußten im Target Kernreaktionen abgelaufen sein, und das weit, weit unterhalb des energetischen Niveaus, auf dem sie normalerweise erst möglich waren. Die Bläschen wirkten vergleichsweise etwa so wie in der Chemie die Katalysatoren – sie ermöglichten eine Reaktion, gingen daraus unverändert hervor und leiteten sofort die gleiche Reaktion wiederum ein.
Aber nun kam der kritische Punkt: Was geschah mit den Bläschen weiter? Beim realen Experiment war das Target verpufft, man konnte annehmen, daß die Bläschen explodiert waren, freilich erst, nachdem sie mindestens ein paar Millionen Reaktionen ermöglicht hatten, geschätzt nach der Empfindlichkeit der Spektrometer. Oder es war auch vorstellbar, daß die Bläschen dabei neue Bläschen schufen, während die alten verschwanden, und daß nur zufällig die Entstehungsrate gleich der Explosionsrate war. Wenn die erstere größer wäre als die letztere, zum Beispiel unter anderen Versuchsbedingungen, dann mußte es zur Kettenreaktion kommen. Aber warum sollte sich das nicht steuern lassen? Auch das Resultat bei der Veränderung der Elemente? Hier wurde Wasserstoff in Helium, Sauerstoff und anderes verwandelt – waren nicht andersgerichtete Umwandlungszyklen auch denkbar?
Das alles zu erforschen würde gewiß viel Arbeit erfordern, aber am Ende winkte ein Ziel, für das zu arbeiten sich lohnte, wenigstens nach seiner, Rubens, Meinung. Das größte Hindernis bei der Besiedlung fremder Planeten war zweifellos das Fehlen oder der Mangel an bestimmten Elementen, die lebensnotwendig waren, vor allem in der Atmosphäre – beispielsweise Stickstoff auf der Venus. Vielleicht konnte man mit Hilfe der Bläschen Sauerstoff in Stickstoff und Wasserstoff spalten, der dort auch knapp war? Und woanders entsprechend anders?
Die zweite Serie brachte nichts überwältigend Neues – hier war wohl auch das Modell an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt. Bei den wenigen Daten, die es bisher über die dritte Phase des Bläschens gab, grenzte es sowieso schon fast an ein Wunder, daß das Modell Ergebnisse lieferte, die durchaus im Bereich der Erfahrungen und Erwartungen lagen. Allerdings glühte hier kein Target auf, und auch über das Verbleiben des Bläschens, das seine Elektronen abgestreift hatte, gab das Modell keine Auskunft.
Wieder Pause. Jetzt sagte Akito, was sie und Esther sich gedacht hatten für die folgenden Serien: Sie wollten beide bisher gelaufenen wiederholen, aber an einem gekürzten, verkleinerten Modell, das der Mohrschen Variante der Formel entsprach. „Es wird vor allem interessant sein, welche Abweichungen sich in den Ergebnissen zeigen. Wir haben zuerst daran gedacht, die Durchläufe automatisch zu wiederholen, aber dazu brauchten wir nicht hierzusitzen. Und dann gibt es ja auch die Erfahrung, die bis heute keiner erklären kann, die aber signifikant ist: Nur mit der EGI werden wir schöpferisch. O nein, ich weiß auch nicht, was es ist, aber man kann die EGI eben nicht einfach auf ‚trial and error‘ reduzieren, das wissen wir alle. Und vielleicht wird unter der EGI sogar ein solches Maschinenaggregat wie unser Modell zum Werkzeug des Schöpferischen!“
Sie hätte das alles nicht zu sagen brauchen, es war jedem bekannt, aber sie wollte wohl möglichen Hemmungen vorbeugen, die die EGI unfruchtbar machen konnten. Wie es schien, hatte sie ihre Absicht
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