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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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nicht, daß sie sein Erlebnis zerredeten. „Was steht denn als nächstes auf der Liste?“ fragte er.
    „Weißt du doch“, antwortete Pauline streitbar. „Die Selbstheiler.“

    Dr. Hasgruber, mit dem sie den Besuch verabredet hatten, wartete im Krankenhaus bereits auf sie. Er war inzwischen so etwas wie ihr ständiger medizinischer Konsultant geworden, auch aus eigenem Interesse. Besonders seit ihrem Erfolg mit dem Großversuch ATTACKE war er davon überzeugt, daß in dem sich immer weiter ausdehnenden Netz von Zusammenhängen, damals bei Otto Mohr begonnen, Grundsätzliches zutage gefördert werden würde. Freilich, die ATTACKE, ihre Folgeuntersuchungen und Maßnahmen, besonders die Herausarbeitung einer Psychohygiene zur Vorbeugung, lagen jetzt in den Händen von Spezialisten; Pauline und Wenzel interessierten sich nur noch für die Ergebnisse. Sie befanden sich ständig auf der Suche nach neuen Fakten.
    Die Selbstheiler waren ein eigenständiges Forschungsgebiet, auf das sie bei der Verfolgung der G-Spindeln gestoßen waren. Hier ging es zunächst nur darum, sich mit dem Stand und den Ergebnissen der Forschung vertraut zu machen.
    „Das Selbstheilertum“, erklärte Dr. Hasgruber, „ist weiter verbreitet, als die meisten wissen. Fast in jedem Krankenhaus gibt es eine Abteilung für Selbstheiler. Im Grunde sind wir das sogar alle ein wenig; man lernt ja schon als Kind, wie man sich zu einer Wunde oder körperlichen Beschwerden verhält: ohne Angst, aber auch nicht gleichgültig, sondern eben aufmerksam. Diese Aufmerksamkeit lenkt die Körperkräfte auf die Heilung. Das ist das Prinzip des Selbstheilertums. Aber freilich nur das Prinzip. Was dabei alles im Gehirn und im Körper vor sich geht, ist nicht bis in die letzte Einzelheit geklärt. Das Selbstheilertum ist in seinen Wurzeln uralt, aber eine Massenerscheinung ist es erst im letzten halben Jahrhundert geworden. Und es ist auch nicht mehr ganz das, was der Name besagt: In neunzig Prozent der klinischen Fälle ergänzt es nur die herkömmlichen Methoden durch Beschleunigung und Intensivierung des Heilungsprozesses. Die Zeit verkürzt sich auf fünfundzwanzig bis dreißig Prozent. Außerdem treten keine Nebenerscheinungen auf.“
    „Aber es gibt auch andere Fälle?“ fragte Wenzel.
    „Ja, da zeig ich Ihnen ein paar.“
    „Und wann treten diese G-Spindeln im EEG auf?“ wollte Pauline wissen.
    „In den Konzentrationsphasen, jeweils auf dem Höhepunkt. Sie sind ein sicheres Zeichen für die Wirksamkeit. Drei- bis viermal am Tag konzentriert sich der Selbstheiler auf seine Wunde oder seine Beschwerden, das dauert etwa eine halbe Stunde und der Höhepunkt zwei bis drei Minuten.“
    Sie waren über mehrere Flure und Treppen gegangen, so daß sie schon nicht mehr hätten sagen können, wo der Ausgang lag. Aber nun schienen sie angelangt zu sein. Dr. Hasgruber klopfte an eine Tür, ein kräftiges „Herein!“ war zu hören, und dann betraten sie ein behagliches, fast luxuriöses Krankenzimmer.
    „Herr Gorleben, ich bringe Besuch“, sagte Dr. Hasgruber.
    „Immer herein“, rief der Kranke, der gar nicht krank aussah, mit kräftiger Stimme. „Jede Abwechslung ist willkommen!“
    „Diesmal sind es keine Ärzte“, stellte der Arzt fest, „sondern Gehilfen des RR – Frau Fouquet und Herr Kramer.“ Und zu den beiden gewandt, fuhr er fort: „Herr Gorleben ist nämlich so was wie unser Paradepferd, das Prunkstück unserer Klinik, ja, es ist nicht untertrieben, ihn ein medizinisches Wunder zu nennen…“
    „Ich fühl mich aber trotzdem wohl dabei!“ unterbrach der Kranke, der diese Worte wohl schon oft genug gehört hatte, und ließ ein dröhnendes Lachen folgen. Pauline und Wenzel sahen sich an und spürten, daß sie das gleiche Gefühl der Peinlichkeit hatten. Der Kranke mußte das wohl bemerkt haben, denn er sagte: „Es braucht Ihnen durchaus nicht peinlich zu sein, ich bin glücklich über meine Heilung und will gern alles tun, wenn ich damit auch andern helfen kann. Ich würde nur gern…“ Er hielt ein und schielte zu Dr. Hasgruber.
    „Na, was denn?“ fragte der.
    „Die Geschichte endlich mal selbst erzählen“, platzte der Kranke heraus. „Da die Herrschaften keine Mediziner sind, kann es doch nicht schaden, wenn ich hin und wieder nicht ganz kunstgerecht formuliere. Und außerdem können Sie mich ja korrigieren, Sie wissen ja, daß ich nicht empfindlich bin!“
    Der Arzt war im ersten Augenblick etwas verblüfft, dann lachte er. „Na

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