Kurs Minosmond
Dagewesenes. Im Gegenteil, man könnte sagen, daß jede der von uns untersuchten Leistungen bestimmt oder mit großer Wahrscheinlichkeit in der Geschichte der Menschheit an einzelnen Menschen schon aufgetreten ist – nie jedoch spontan an großen Massen von Menschen. Jetzt aber zeigt sich in fast allen untersuchten Fällen eine deutliche Zunahme ihres Auftretens. Wenn man einen Zeitraum angeben sollte, so müßte man aus mehreren Erwägungen sagen: Seit etwa fünfzig Jahren geschieht das mit der Menschheit, und das Tempo nimmt zu. Das aber ist nun wirklich absolut neu, und es deutet auf beträchtliche Auswirkungen, wenn man auch nur ganz vorsichtig in die Zukunft extrapoliert.
Es liegt in der Natur der Sache, daß eine neu auftretende Kraft, deren Wesen noch nicht erkannt ist und deren Möglichkeiten sich nur einzeln und spontan zeigen, zunächst sowohl positive als auch negative Wirkungen hat, wobei die negativen mehr ins Auge fallen. Man kann nun, wie wir es getan haben, die negativen Wirkungen einzeln angehen und Mittel zu ihrer Bekämpfung suchen und finden. Damit ist das Problem verschoben, aber nicht gelöst. Denn diese Kraft wird sich andere Möglichkeiten suchen.
Aber das ist der geringere Schaden. Eine solche Kraft (ich weiß, das Wort Kraft ist nicht ganz am Platz, aber welches Wort wäre das hier, dieses Wort gibt es noch nicht) – eine solche Kraft also, die zielbewußt und in gehörigem Umfang angewandt wird, ändert oder variiert auch bis zu gewissem Grad ihren Charakter, und man kann erreichen, daß sie ihre negativen Wirkungen verliert.
Als Beweis dafür, oder sagen wir: als praktischen Beleg führen wir die Tatsache an, daß dort, wo die „Kraft“ effektiv ausgenutzt wurde, wenn auch ohne Kenntnis ihres eigentlichen Charakters, so gut wie keine negativen Wirkungen aufgetreten sind. Wir rechnen zu diesen Tatsachen die umfassende Verwendung der Telepathie in den Siedlungen der Venus und die Fähigkeit zu todesähnlichem Tiefschlaf bei allen Mitarbeitern der Marsstation, mit deren Hilfe sie Zeiten des Energie- und Sauerstoffmangels überstehen.
Wir möchten noch einmal zurückkommen auf alltägliche Erscheinungen, in denen sich – vielleicht – schon eine neue Qualität der Gehirntätigkeit ausdrückt. Wenn wir, ausgehend vom Auftreten der G-Spindeln, annehmen, daß zum Beispiel jede größere Kreativität irgendwie damit verbunden ist, dann muß man in den kommenden Jahrzehnten einen so unerhörten Zuwachs erwarten, daß sich die Frage stellt: Wohin soll sie wirken? Worauf soll sich Schöpfertum richten?
Wir sind – ohne eine allgemeingültige Übersicht zu haben – in einzelnen Fällen auf folgende Tendenzen gestoßen: Das Gebiet der Kunst beginnt unter Überfüllung zu leiden. Auf dem Gebiet des Handwerks zeichnet sich bei gleichbleibender Menge des Verbrauchs an Material und Werkzeugen eine Tendenz zu Werkzeugen höheren technischen Niveaus ab. Auch im Bereich der Dienste geht ein zwar langsamer, aber doch wahrnehmbarer Prozeß vor sich, der immer mehr Tätigkeiten automatisiert.
Und nun wiederholen wir die Frage: Wohin mit dem zu erwartenden großen Zuwachs an Kreativität?
Wir müssen eine weitere Vermutung aussprechen, der wir uns nur sehr zögernd und unter großem innerem Widerstand genähert haben, die zu verschweigen jedoch unehrlich wäre: Wir vermuten, daß die Periode der Stabilität zu Ende geht – oder anders: ihren Höhepunkt überschritten hat. Vielleicht ist ihr größtes Verdienst, daß sie den Menschen nicht nur von Leerlauf, überflüssigen Zwängen und ärmlichen Entfaltungsmöglichkeiten befreit hat, sondern vor allem von der Sklaverei des Verbrauchs materieller Güter, vom Konsumzwang, und der beste Beweis, daß ihr das gelungen ist, ist die Stabilität der Produktion selbst. Der Mensch, einmal befreit von jederlei Mangel, verlangt einfach nicht mehr Konsumgüter, als er tatsächlich braucht. Aber er verlangt etwas anderes in ständig wachsendem Maße: qualifizierte, ihm angemessene, seine Kräfte fordernde Arbeit.
Gewiß, auch diese Forderung wird erfüllt. Aber wird sie in zehn Jahren noch erfüllbar sein? In zwanzig Jahren? Es geht ja nicht um irgendwelche Beschäftigung. Die Arbeit verbindet den Menschen mit der Gesellschaft, und das, was ihn vor allem mit dieser verbindet, ist die Notwendigkeit der Arbeit für die Gesellschaft. Es ist also wahrscheinlich nicht damit getan, daß höhere, qualifiziertere, schwierigere Dienste, Künste und Gewerke ausgeknobelt
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