Kurs Minosmond
durch den Abschaltbefehl, der nicht befolgt wurde. Die Lagestabilisierung des Anlagezentrums ist von hier aus nicht mehr beeinflußbar. Ob eventuell Steuerbefehle für den Experimentalteil befolgt würden, ist nicht kontrollierbar, augenscheinlich auch unwesentlich.
Die vier Sonnenkollektoren arbeiten weiter. Das ist eine Schlußfolgerung aus den Beobachtungen im Radar-Infrarot-Bereich, auf die ich noch komme – ohne die Kollektoren hätten die Laser keine Energie mehr. Die zweite – hier vorweggenommene – Schlußfolgerung besteht darin, daß die Energieübertragung von den Kollektoren zum Zentrum ebenfalls funktioniert und durch die Schwankungen nicht unterbrochen ist.
Die genannten Beobachtungen – Sie können sie abrufen – haben folgendes ergeben: Erstens – die Experimentallaser haben weitergearbeitet und, Moment bitte, arbeiten jetzt noch. Zweitens – die Steuerdüsen der Lagestabilisierung drehen die Anlage hin und her, nach jeder Seite bis zu einer Auslenkung von zehn Grad, in einer Ebene senkrecht zur Ekliptik. Der Rhythmus ist bisher gleichgeblieben. Offensichtlich ist in der Steuerung ein Defekt entstanden, aber ein winziger, denn er hebt die Stabilität nicht auf, sondern erhöht nur die Toleranz auf zwanzig Grad. Und er betrifft nur eine Drehebene.
Was wird weiter geschehen? Da kann man nur Varianten angeben, und auch die werden nicht vollständig das Feld der Möglichkeiten umfassen. Das wichtigste scheint mir: Die Lagestabilisierung, da selten in Betrieb, verfügt nur über einen kleinen Vorrat an Treibstoff. Wenn ihre jetzige Tätigkeit unverändert anhält, wird der Treibstoff in dreißig bis fünfundvierzig Minuten verbraucht sein. Dann wird sich das Anlagezentrum unter der Wirkung des letzten Steuerimpulses weiter drehen, wird rotieren in der gleichen Ebene, in der es jetzt pendelt.
Danach gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Verbindung zwischen Kollektoren und Zentrum reißt ab, dann werden die Laser nach Ausschöpfung des Puffers erlöschen, also nach ein bis anderthalb Minuten, und alle aktuellen Probleme wären gelöst. Oder aber die Verbindung bleibt erhalten. Dann werden die Laserstrahlen, die jetzt senkrecht aus der Ekliptik hinausgehen, bei der Drehung die Ekliptik schneiden, immer wieder, und es ist nicht unter Kontrolle zu bringen, daß nicht die Erde oder Gagarin oder die Raumfahrt gefährdet wird. Natürlich ist es unwahrscheinlich, daß ein Laserstrahl etwas Lebendes trifft, aber es ist nicht mehr unmöglich.
Leider ist diese zweite Variante des Fortgangs der Ereignisse wahrscheinlicher als die erste, harmlose. Die Verbindung Kollektor – Zentrum ist nämlich in einem gewissen kleinen räumlichen Spielraum selbstreguliert, und ich glaube, wenn diese Regulierung die jetzigen Schwankungen ausgleichen kann, dann auch die Drehung. Wie geht es mit der zweiten Variante weiter? Schätzen wir die entstehenden Umdrehungen der Anlage auf drei je Stunde, dann werden die vier Laser also künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit zwölfmal in der Stunde die Ekliptik schneiden. Das darf nicht zugelassen werden.
Es gibt zwei Möglichkeiten, das zu verhindern: die Zerstörung der Anlage von hier aus mit Hilfe einer lenkbaren Sonde, die mit der Anlage kollidiert – oder den Flug zur Anlage mit dem Zollstock und ihre Abschaltung von Hand. Die erste Möglichkeit halte ich für unannehmbar. Zur zweiten: Der Flug zur Anlage würde bei aller Vorsicht – also zum Beispiel Beschleunigung unter ein drittel g – knapp eine Stunde dauern.
Ich habe folgende Fragen beziehungsweise Bitten. Erstens an Sie alle: Enthält meine Darstellung der Lage aus Ihrer Sicht irgendwelche gravierenden Fehler, oder bleibt Wesentliches unberücksichtigt?
An den Laserexperten: Welche Möglichkeiten habe ich gegebenenfalls, den Zollstock vor der Laserbestrahlung zu schützen?
An den Steuerungstechniker: Bitte stehen Sie uns zur Verfügung, wenn wir an Ort und Stelle sind; bauen Sie sich ein mathematisches Funktionsmodell der Blastron-Steuerung, falls das bis dahin zu schaffen ist. Oder ist das wie bei großen Raumschiffen bereits im Computer eingespeichert und jederzeit verfügbar?
An die Ärztin: Bitte überwachen Sie weiter den Zustand der anderen und geben Sie mir Ratschläge, worauf ich zu achten habe und was ich im einen oder anderen denkbaren Fall zu tun hätte – zum Beispiel wenn sie erwachen und sich beteiligen wollen.
Ich erwarte Ihre Antworten.“
Ruben lehnte sich tief atmend zurück, aber nur
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