Kurs Minosmond
Venussiedlungen tatsächlich aussah. Denn wenn das alles so war, wie es sich jetzt darstellte, dann war der Artikel sicherlich das erste Signal dafür, daß die Sache bald der Menschheit zur Kenntnisnahme vorgelegt werden sollte. Vielleicht war er auch ein Versuch, festzustellen, welche Resonanz die Vorstellungen der Venusier bei der Menschheit fanden. Und in diesem Zusammenhang war wenigstens eins sehr sonderbar: Für den Artikel hatten sich offensichtlich nicht allzu viele Menschen interessiert – aber von denen, die auf der Venus waren, kehrte nur eine verschwindende Minderheit zurück. Die also einmal da waren, hielt es offensichtlich dort fest. Und dafür mußte es Gründe geben, die zu erfahren Ruben begierig war.
Zunächst näherten sie sich jetzt der Venus und mußten zuerst den Funksatelliten anfliegen und gegebenenfalls reparieren. Dazu war die Schichteinteilung aufgehoben worden, und als die Manöver zur Bahnanpassung begannen, waren alle sechs Kosmonauten in der Zentrale.
Eine Stunde später hatten sie den Funksatelliten unmittelbar vor sich, und die beiden Spezialisten begaben sich in ihren Feuerstühlen dahin. Schon nach zehn Minuten meldeten sie, daß lediglich eine Baugruppe defekt sei, und einer kam ins Schiff, um die zwei Ersatzgruppen zu holen, es handelte sich um eine gedoubelte Gruppe. Ruben nahm sich vor zu veranlassen, daß alle gedoubelten Baugruppen geprüft werden sollten, denn es konnte sein, daß schon mehrere auf das zweite Exemplar umgeschaltet hatten. Bei dem intensiven Sonnenwind hier ließ sich die Lebensdauer von Bauelementen nur schwer vorhersagen.
Jetzt aber winkte einer der Monteure, und im selben Augenblick leuchtete an Rubens Schaltpult die entsprechende Lampe auf: Die Verbindung war wiederhergestellt.
„Venus, ich rufe Venus, hier spricht Raumschiff Antares im Orbit der Venus, Kommandant Ruben Madeira. Wir haben den Funksatelliten repariert und bringen Materialien für die Siedlungen. Venus, bitte melden.“
Nachdem er dreimal gerufen hatte, meldete sich eine Frauenstimme. „Hier Venus zwei. Wir begrüßen Sie herzlich. Sie sind zur rechten Zeit gekommen. Beziehen Sie bitte mit der Venusfähre zunächst bei uns Station, also bei Venus zwei. Wir geben Ihnen Peilzeichen, beginnend in dreißig Minuten.“
„In Ordnung“, antwortete Ruben. „Aber wieso zur rechten Zeit gekommen?“
„Sie werden sehen“, sagte die Frau und schaltete ab.
Nur eine Computerumfrage konnte weiterhelfen und vielleicht Klarheit bringen, ob Wenzels Verdacht gerechtfertigt war oder nicht. Das heißt, die Untersuchung solcher Fälle, die der Computer zur Auswahl stellen würde, konnte das gewünschte Ergebnis liefern.
Aber vor diesen technisch einfachen Vorgang waren einige schwer zu überwindende Hürden gesetzt. Statistische Anfragen konnte jedermann zu jedem beliebigen Gegenstand stellen, das Netz der Kontinentalcomputer lieferte jede Auskunft. Fragen zu einer bestimmten Person jedoch wurden nur dieser Person selbst beantwortet. Ausnahmen von dieser Regelung gab es im wesentlichen drei: Erstens konnte diese Person selbst Teile der Information über sich allgemein abfragbar erklären, auch zeitweise – so wurde zum Beispiel oft mit dem Aufenthaltsort verfahren, wenn jemand längere Reisen unternahm, aber für seine Freunde erreichbar bleiben wollte, allerdings mußten die Abfrager dann seine Registriernummer kennen. Zweitens konnte der behandelnde Arzt alle medizinisch belangvollen Daten abfragen, ebenso der Notarzt, jedoch nur, solange der Betreffende lebte. Und drittens konnte der RR mit Zustimmung des Schlichters der Region die Datensperre über einzelne Personen zweckgerichtet und zeitlich begrenzt aufheben – das aber geschah sehr selten und dann auch nur bei stichhaltiger Begründung.
In dieser Zwickmühle saß nun Wenzel Kramer: Er brauchte Angaben über einzelne Personen, zunächst Name und Adresse von Leuten, denen es ähnlich ergangen sein mochte wie Otto Mohr. Aber eine stichhaltige Begründung dafür konnten ihm eigentlich erst die Fälle liefern, die hinter diesen Namen oder einigen davon standen. Der bloße Verdacht war kein hinreichender Grund, die Sperre aufzuheben.
Also mußte Wenzel versuchen, statistisches Material zusammenzubekommen, das seinen Verdacht wenigstens einigermaßen untermauerte.
Wie viele Fälle von tödlichem Herzversagen ohne erkennbare Vorgeschichte hatte es seit Jahresfrist in der Region gegeben? Es dauerte eine halbe Stunde und kostete einige
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