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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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nicht unmittelbar Herzinfarkt hervor, nicht bei Leuten, die gesund sind, würden die Ärzte sagen. Also: Fälle suchen und sie unter die Lupe nehmen!
    Wenzel hatte sich beruhigt. Also dann: Auf, Paulinchen, es gibt Arbeit!
    Pauline hatte schon längere Zeit wach gelegen und nachgedacht, ohne sich das merken zu lassen. Sie fühlte sich wohl und warm, nur ein leises Bedauern war geblieben, daß dieser eben auch nicht der Richtige war. Aber dafür wußte sie jetzt etwas, was ihr vorher nicht klar gewesen war: Es war nicht in erster Linie der Mann gewesen, der sie gereizt hatte, sondern die Sache, die er betrieb.
    Als Wenzel jetzt unwillkürlich mit dem Arm zuckte, schlug Pauline die Augen auf, rekelte sich, sprang plötzlich hoch, hielt ihm die Hand hin, zog ihn hinauf, ließ gleich wieder los, kleidete sich an und lief zu ihrem Pferd.
    Als sie oben saß, sagte sie: „Du gehörst zu denen, die ich nicht vergessen will.“
    Wenzel nickte.

    Vierzehn Tage würde es dauern, hatten die Computerleute gesagt, bis man die beim Experiment erhaltenen Daten nach allen Richtungen durchgearbeitet hatte; die Experimentatoren würden wenig dabei helfen können. Suchprogramme verhielten sich zum normalen Rechnerbetrieb wie Integralgleichungen zum Einmaleins.
    Ruben hätte die vierzehn Tage seinem fast schon verkümmerten Handwerk widmen können, er war Elektroinstallateur, und auf Gagarin gab es wie überall, wo Menschen wohnten, trotz Ultralanglebigkeit der Anlagen immer etwas zu erneuern oder zu reparieren. Aber eine Anfrage, die ihn über den Arbeitsdispatcher erreichte, reizte ihn mehr: Sie bot einen Flug zur Venus.
    Von der neueren Venusforschung hatte Ruben bisher nur gesprächsweise gehört, um nicht zu sagen gerüchtweise; sie hatte begonnen kurz vor seiner Abreise vor über drei Jahren, und damals hatte er naturgemäß keine Gehirnzelle frei gehabt für irgend etwas anderes als seinen Auftrag. Und seit seiner Rückkehr hatte er die widersprüchlichsten Meinungen vernommen, die Skala reichte von „echtem Forschergeist“ bis zu „verrücktem Separatismus“. Mit letzterem hatte er wenig anfangen können, auch hatte ihn die Abwertung geärgert, die da herauszuhören war, und so hatte er sich nicht weiter damit befaßt.
    Jetzt freilich sah die Sache anders aus. Der Funkkontakt war abgebrochen, die turnusmäßige Sendung von Ausrüstung und Material war erst in einem halben Jahr fällig, also mußte ein außerplanmäßiger Flug mit einer eben zur Verfügung stehenden Besatzung angesetzt werden, auch Leute dabei mit Venuserfahrung, selbstverständlich, aber kein Kommandant. Und da er, Ruben, Erfahrung mit fremden Atmosphären hatte, war die entsprechende Frage auch an ihn gerichtet worden. Weil sich die Venus gerade auf derselben Seite der Sonne befand wie die Erde, würden vierzehn Tage für den Flug reichen, und Ruben sagte zu.
    Von Meinungen anderer hatte Ruben in diesem Fall erst mal genug, er ließ sich das verfügbare Speichermaterial über die Venusforschung der letzten Jahre in die Bordkristallothek des Raumschiffs überspielen und nahm sich vor, während der Flugtage alles zu studieren, was nicht für seine Kenntnisse zu speziell war.
    Die Besatzung bestand aus sechs Kosmonauten, ausschließlich Männern, vielleicht hatten die Psychologen gedacht, während eines so kurzen Flugs würde niemand Interesse an einer Partnerschaft haben. Je zwei taten zusammen Dienst, die anderen hatten Freizeit oder schliefen, und zu allgemeiner Geselligkeit fehlte die Atmosphäre. Rubens Partner jedenfalls hatte an Meinungsaustausch sowenig Interesse wie er selbst; auch für ihn war diese Reise ein Pausenfüller.
    Ruben sichtete in seiner ersten Freiwache das überspielte Material und nahm sich als erstes eine Publikation eines der Forscher vor, die sie jetzt besuchen wollten; sie war seltsamerweise unter dem Hauptstichwort Meinungsstreit archiviert und erst in zweiter Linie unter Venus. Da war er freilich schon wieder bei einer Meinung, aber wenigstens, wie er hoffte, bei einer kompetenten.
    Die Publikation trug den Titel „Das Ende der irdischen Venusforschung und der Beginn der Venusbesiedlung“. Ruben überflog den Text und war fasziniert. Das war ja seine eigene Idee von der Besiedlung anderer Himmelskörper! Der Enthusiasmus des Artikels entsprach seinem eigenen. Werbung für die Idee, Einpflanzung des scheinbar absurden Gedankens in den menschlichen Geist – das war die Absicht. Die Beweise für die Richtigkeit der Idee waren

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