Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
Friseurbesuchen. Irgendwann kümmerte sich niemand mehr darum, wenn die Presse sie mal wieder am Autozug erwartete. Sie gehörte dazu.
»Alle dachten, die Ehe wäre gut«, meinte Sören. »Als sich die erste Empörung gelegt hatte, ist Ludo sogar beneidet worden.« Leise, sodass nur Erik es hören konnte, ergänzte er: »Wegen Silas großer Ohren, Sie wissen schon!«
Erik starrte seinen Assistenten an. Sila Simoni hatte große Ohren? Und warum wurde Ludo deswegen beneidet? Erst als sich ein verlegenes Grinsen auf Sörens Gesicht ausbreitete, begriff Erik, was er meinte, und nickte hastig.
»Aber als Thöneßen sein Vermögen in den Sand gesetzt hat«, fuhr Sören fort, »war es dann bald vorbei mit der großen Liebe. Die Simoni hat die Biege gemacht, und nun steht Ludo anscheinend vor dem Aus.«
Erik erinnerte sich schwach. »Hatte er nicht auf Ostimmobilien gesetzt? Diese berüchtigten Steuerabschreibungsmodelle?«
Sören nickte. »Klaus Matteuer hatte ihm den Floh ins Ohr gesetzt. Und nicht nur ihm! Auch andere sind ihm auf den Leim gegangen. Die haben Matteuer ihr Erspartes anvertraut, weil er ihnen eine Wahnsinnsrendite versprochen hatte. In Wirklichkeit haben sie in wertlose Immobilien investiert. Thöneßen hat alles verloren! Sein Einfamilienhaus musste er verkaufen.«
»Diese tolle Villa in Kampen?«
»Da wohnt jetzt irgendein Schlagersternchen.«
»Konnte Klaus Matteuer der Betrug nicht nachgewiesen werden?«
Sören schüttelte den Kopf. »Sein Anwalt hat ihn locker rausgepaukt. Ludo und auch die anderen Kläger hätten
das Kleingedruckte in den Verträgen gründlicher lesen müssen. Und dass sie sich die Immobilien nicht angesehen hatten, war eben ihre Schuld. Die Häuser blieben leer, niemand wollte sie mieten oder kaufen, das Geld war futsch.«
Jacqueline mischte sich ein. »Da waren viele Promis dabei … haben alle in Ostimmobilien investiert. Und jetzt stehen sie mit leeren Händen da.«
Erik nickte bitter. »Und Matteuer-Immobilien hat fröhlich weitergemacht, als wäre nichts gewesen.«
Die Männerrunde konnte sich einen Kommentar natürlich ebenfalls nicht verkneifen. »Das Gesundheitshaus in Braderup«, rief der Fahrradverleiher, »mit Arztpraxen, Apotheke und einem Bistro! Alle waren einverstanden. Wenn die ärztliche Versorgung verbessert wird, dann kann das ja nicht verkehrt sein.«
»Aber nun ist durchgesickert«, ergänzte der Mitarbeiter der Kurverwaltung, »dass auch ein Hotel integriert werden soll. Natürlich mit einem großen Parkhaus. Dass dafür auf dem Gelände gar kein Platz ist, hat angeblich vorher keiner gemerkt.«
Der Hotelier verschluckte sich vor Empörung. »Da haben die Mitglieder des Gemeinderates ganz vergessen, drüber zu reden. Komisch, was? Und plötzlich ist das Naturschutzgebiet gar nicht mehr so wichtig. Warum wohl?«
Der Betreiber der kleinen Pension wusste es: »Weil die alle bestochen worden sind!«
»Nur Ludo hat sich nicht kaufen lassen«, ergänzte der Besitzer der Ferienwohnungen. »Dabei hat er die Kohle am nötigsten.«
Als eine interne Diskussion darüber einsetzte, wie es um Ludo Thöneßens finanzielle Verhältnisse bestellt war, wandten sich die fünf wieder von Erik und Sören ab. Wenn Erik richtig gehört hatte, stand dem Besitzer der Squashhalle das Wasser tatsächlich bis zum Halse.
»Trotzdem ist er der einzige Gemeinderat, der die großzügigen Geschenke von Matteuer-Immobilien zurückgewiesen hat«, sagte Sören und trank sein Glas aus. »Er hat nicht mal für sich behalten, dass er geschmiert werden sollte. Wenn er es auch nicht beweisen kann. Aber der Bürgerinitiative reicht seine Aussage.«
Auch Erik trank sein Glas aus, dann strich er sich über seinen Schnauzer, wie er es immer tat, wenn er nachdachte, und starrte die Flaschen an, die auf dem Regal hinter der Theke aufgereiht waren. Schließlich sagte er bedächtig: »Umso merkwürdiger, dass niemand weiß, wo Ludo Thöneßen ist.«
D er Baucontainer bestand aus zwei großen Räumen, die durch einen Flur verbunden waren. Links und rechts standen die Türen offen, zeigten unordentliche Schreibtische, Computer, Telefone, Regale, Zeichenbretter und Flipcharts mit Plänen und Entwürfen. Im hinteren Teil des Flurs gab es eine kleine Küche, daneben eine Tür, die vermutlich in einen Waschraum führte.
Mamma Carlotta entschied sich für den linken Büroraum. »Buon giorno!«
Ein dreistimmiges »Moin!« kam ihr entgegen.
An dem Schreibtisch, der der Eingangstür am nächsten
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