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Kurschattenerbe

Kurschattenerbe

Titel: Kurschattenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Neureiter
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nichts riskieren. Problemlos gelangte sie bis zur Ebene, hier konnte sie Gas geben.
    Geschafft, Sascha hatte ihr Ziel erreicht. Auf der Digitalanzeige las sie die Zeitangabe: 25:20. Damit hatte sie ihren persönlichen Rekord auf dieser Strecke um fast eine Minute unterboten. Zufrieden schaltete sie ihre Spielkonsole aus.
    Das Computerprogramm diente Sascha dazu, sich auf die Rennen im freien Gelände vorzubereiten. Denn eines wusste sie mit Sicherheit: Sie wollte Mountainbike-Rennen fahren. Da konnten ihre Mutter und ihre Lehrer getrost von Zeichentalent faseln – für sie war das Gekritzel nur ein Zeitvertreib. Ihre wahre Berufung fand sie im Sattel eines Fahrrades.
    Sie lümmelte sich in eines der Fauteuils in ihrer Junior-Suite im Grand Hotel. Was für eine Verschwendung. Ebenso gut hätte sie in der Suite ihrer Mutter unterkommen können, da war genug Platz. Kateryna hatte auf einem eigenen Zimmer für ihre Tochter bestanden. »Du bist fast erwachsen. Da sollst du auch eine Suite für dich allein haben«, hatte sie versucht zu schmeicheln.
    Sascha wusste sofort, woher der Wind wehte: Kateryna wollte eine sturmfreie Bude, damit sie sich mit ihrem Liebhaber vergnügen konnte, diesem Tony.
    Pffft. Durch die geschlossenen Lippen stieß Sascha verächtlich Luft aus. Sie hielt nichts vom neuen Partner ihrer Mutter. Wehmütig dachte sie an ihre Kindheit auf der Krim und ihren Vater zurück. Sie waren eine glückliche Familie gewesen.
    Doch dann hatte Kateryna begonnen, ihrem Mann Vorwürfe zu machen. Sie behauptete, er habe seinen Reichtum mit illegalen Methoden erworben und ließ sich scheiden.
    Aber Sascha wusste es besser: Ihr Vater würde nie etwas Unrechtes tun. Sie hatte gehofft, mit ihrer Mutter in seiner Nähe bleiben und ihn oft sehen zu können. Kateryna hatte anders entschieden. Sie zog mit Sascha nach Sotschi und baute sich eigene Geschäfte auf. Ihr Vater habe eine andere Frau, hatte sie ihrer Tochter erzählt.
    Sascha ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie war überzeugt, dass ihre Eltern zusammengehörten, und hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. Bis dieser Tony aufgetaucht war. Im Kaukasusgebirge wurde ein Abenteuerfilm gedreht. Nach Abschluss der Dreharbeiten war die Filmcrew in Sotschi empfangen worden. Auf Bitten des Bürgermeisters, der sich von dem Film große Werbung für die Region erhoffte, hatte ihre Mutter die Crew zu einer Party in ihre Villa eingeladen.
    Saschas Schulfreundinnen hatten sie wahnsinnig beneidet, dass sie mit den Filmleuten zusammen feiern durfte. Sascha machte sich wenig aus solchen Anlässen, war aber doch neugierig auf die Party. Kaum, dass sie den Empfangssaal betrat, winkte ihre Mutter sie zu sich. »Sascha, das ist Tony, der Produzent des Films«, stellte Kateryna den Mann vor, der dicht bei ihr stand. Sascha war es gleich verdächtig vorgekommen, wie die beiden sich ansahen und ahnte, was auf sie zukommen würde. An den Tagen nach der Party war dieser Tony immer öfter bei ihnen aufgetaucht. Schließlich war die Crew abgereist. Er war geblieben. »Tony ist mein neuer Manager«, hatte ihre Mutter verkündet. »Er hilft mir in meinen Firmen, damit ich mehr Zeit für dich habe«, hatte die Erklärung dafür gelautet, dass sie diesen Tony von nun an nahezu jeden Tag zu Gesicht bekommen würde.
    Sascha ließ sich nicht täuschen. Die beiden hatten etwas miteinander, das war unübersehbar. Ihre Mutter bemühte sich mittlerweile nicht mehr, es vor ihr zu verbergen. Im Gegenteil, erst neulich hatte sie ihr wieder vorgeschwärmt, welch große Stütze Tony für ihre Geschäfte sei, und dass er bald zur Familie gehören werde.
    Sascha sah auf ihre Swatch. Es wurde Zeit, dass Victor und Juri auftauchten. Kateryna hatte darauf bestanden, dass sie sich Fahrräder besorgten und Sascha bei ihren Radtouren begleiteten. Ihr sollte es recht sein, sie würde die beiden sowieso abhängen. Und sie würde niemals zulassen, dass ihre Mutter Tony heiratete. Er hatte es doch nur auf ihr Geld abgesehen. Daran bestand kein Zweifel. Sie hatte ihn genau beobachtet und brauchte lediglich ein Paar hieb- und stichfeste Beweise, um ihrer Mutter die Augen zu öffnen.
    Das Haustelefon klingelte. Die Bodyguards waren eingetroffen. Sascha schnappte sich ihre Basecap, verließ das Zimmer und rannte die mit dicken Teppichen belegten Stufen hinunter in die Lobby. Sie würde ihre Aufpasser auf Touren bringen. Mal sehen, wie rasch es ihr diesmal gelang, die beiden

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