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Kurschattenerbe

Kurschattenerbe

Titel: Kurschattenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Neureiter
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loszuwerden.
    *
    An der Passerpromenade schlenderte Lenz Hofer zum Kurhaus. Heute hatte er ausgeschlafen. Die vergangenen Tage waren stressig für ihn gewesen. Mit Beginn des Symposiums war für ihn das Gröbste vorerst vorbei. Die letzten Vorbereitungen für den Musikwettbewerb zum Abschluss der Konferenz würden ihn früh genug in Anspruch nehmen, da hatte er sich eine Verschnaufpause verdient.
    Schade, dass Jenny gerade so eingespannt war. Endlich hätte er Zeit für sie gehabt. Er hätte sie gerne bei ihrer ersten Begegnung im Vorjahr näher kennengelernt. Aufgrund der Ereignisse war es nicht dazu gekommen. Diesmal wollte er das Versäumte nachholen.
    Ob sie ihn gestern mit Viola am Burgtor gesehen hatte? Wenn ja, würde er etwas auszubügeln haben. Er wusste, dass sie leicht eifersüchtig wurde. Dabei hatte sie keinen Grund dazu. Viola interessierte ihn nicht.
    Er erinnerte sich an die unschöne Szene, die sich nach Jennys Abfahrt abgespielt hatte. Tobias war auf sie zugekommen und hatte Viola darauf aufmerksam gemacht, dass er ihre Geige nicht finden könne. Zunächst glaubte sie ihm nicht.
    »Ich habe dir doch gesagt, sie liegt in der Kapelle«, herrschte sie ihn an. »Nimm sie im Wagen mit. Ich gehe mit Lenz zu Fuß ins Dorf.« Viola hakte sich bei Lenz unter. »Komm, lass uns gehen.«
    Doch Tobias trat ihnen in den Weg. »Viola, die Geige ist nicht in der Kapelle.«
    Sie warf den Kopf zurück und lachte laut auf. »Sicher ist sie dort. Geh und schau nach.«
    Lenz wurde die Sache peinlich. Wie kam Tobias dazu, sich wie ein Laufbursche herumkommandieren zu lassen?
    Lenz befreite sich von Viola, die sich fest an seinen Arm gehängt hatte. »Schau du lieber selbst nach«, riet er ihr.
    Sie zog eine Schnute, besann sich jedoch. »Du wartest hier auf mich«, willigte sie ein und eilte in die Burg.
    Plötzlich vernahm er Tobias. »Sie können gehen. Viola fährt mit uns im Wagen«, sagte er bestimmt.
    Lenz hatte sich der Menge angeschlossen, die sich auf dem mit Fackeln gesäumten Weg in Richtung Dorf bewegt hatte. Er hatte Ausschau nach Arthur gehalten, hatte ihn jedoch nirgends entdecken können. Der Professor hatte wohl einen der Shuttlebusse genommen.
    Ganz in Gedanken an den gestrigen Abend betrat Lenz das Kurhaus. Kaum hatte er das prächtige Eingangsfoyer betreten, kam Jenny auf ihn zugeeilt.
    »Lenz, Gott sei Dank. Wir müssen uns beeilen. Die Pressekonferenz beginnt gleich.«
    Er verstand nicht. Was hatte das mit ihm zu tun? Gut, wenn Jenny es wollte, konnte er sich gerne ins Publikum setzen und zuhören. Der pünktliche Beginn der Veranstaltung hing nicht von seiner Anwesenheit ab.
    Wie um ihm das Gegenteil zu beweisen, hielt Jenny ihm ihr Handy unter die Nase und deutete auf die SMS auf dem Display. Lenz rückte seine Brille zurecht und begann zu lesen: ›Musste dringend weg. Lenz soll mich bei der Pressekonferenz vertreten, bitte briefen. Toi, toi, toi, Arthur.‹
    Lenz nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. Das konnte nicht wahr sein. Er musste träumen. Gleich würde der Wecker läuten und der Spuk war vorbei. Nein, Maurice Jungmann kam auf ihn zu.
    »Herr Hofer, Sie haben die Nachricht von Professor Kammelbach gelesen. Jennifer geht mit Ihnen Ihr Statement durch. Wir sehen uns im Konferenzsaal.«
    Lenz konnte kaum glauben, was er gerade gehört hatte. Benommen folgte er Jenny, die ihn an der Hand fasste und mit sich zog.

DREI
    »Wenn Sie vor dem Hotel geradeaus gehen, kommen Sie zur Hauptstraße. Da gehen Sie rüber und die Serpentinen hinunter zur Promenade.« Jenny rief sich die Wegbeschreibung der Rezeptionistin in Erinnerung. Die Villa Tirolia, in der Jenny, Arthur, Lenz und zahlreiche weitere Teilnehmer des Symposiums untergebracht waren, lag verkehrsgünstig in unmittelbarer Nähe der St. Georgen-Straße.
    Dort konnte man den Bus ins Zentrum von Meran nehmen, wo sich das Kurhaus befand, zu dem Jenny unterwegs war. Sie zog allerdings den Fußweg entlang der Passer vor. Die empfindlich kühle Nacht war einem strahlend schönen Tag gewichen.
    Ehe Jenny am Fuß des Serpentinenweges angelangt war, vernahm sie ein Tosen, das immer lauter wurde, je näher sie der Promenade kam. Zwischen den Bäumen sah sie Gischtkronen hervorblitzen, die Schneeschmelze in den Bergen hatte den Fluss in ein Wildwasser verwandelt.
    Zielstrebig marschierte Jenny die schattige Sommerpromenade am linken Flussufer entlang und ließ in Gedanken den gestrigen Abend Revue passieren. Er war nicht in ihrem Sinn verlaufen.

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