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Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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insistiere ich schwach. „Warum?“ „Selbstbedienung, außer es gibt was zum besprechen.“
    „Ich hab heut nix wie nur besprochen“, sage ich.
    „Aber?“, fragt der Herr Josef und widmet sich dann dem Polifka, der den Western-Klassiker Rio Bravo im Fernsehprogramm entdeckt hat und wissen will, ob er sich den daheim auch wirklich anschauen kann.
    „Ja, Rudl. Der is auf ORF 1, aber erst um drei in der Früh“, sagt der Herr Josef.
    „Ich kann in der Nacht eh ned schlafen“, meint der Polifka, so wie ich ein Opfer der senilen Bettflucht. „Wann die den Rio Bravo erst um drei spielen, dann bring mir noch gach ein Achtel.“
    Auch ich hab die ersehnte Bettschwere überwunden, den nervösen Magen mit Femet beruhigt bis betäubt und dem Herrn Josef dabei alles berichtet, worüber ich eigentlich noch gründlich nachdenken hatte wollen.
    „Kompliziert“, meint nun mein Wirt. „Aber mir kommt vor, ich kenn die Gschicht.“
    „Vom Fernsehen, oder was?“
    „Wann komm ich schon zum Fernsehen, Herr Kurt? Nein. Ich kenn den Mörder, der seinem Opfer zuerst ins Knie schießt, danach in den Geschlechtsbereich und schlussendlich in den Kopf, aus dera Gschicht vom Herrn Trainer. Nur handelt das alles in Mexiko. Die rote Mappe!“
    „Welche rote Mappe?“
    „Die rote Mappe, die Ihnen der Herr Trainer da bei mir gegeben hat. Seinerzeit, wie das mit dem Mumienmörder war, der die vielen Frauen eingemauert hat. Der Herr Trainer hat Ihnen damals die Mappe gegeben, aber sie ist liegen geblieben. Da hab ich halt ein Stückl hineingelesen und dann, als Sie die Mappe mitgenommen haben, haben wir noch länger darüber diskutiert, ob das Leben in Mexiko wirklich so lebensgefährlich ist.“
    „Keine Ahnung“, sage ich. Und gleichzeitig stößt der Fernet Türen zur Vergangenheit auf, die besser verschlossen geblieben wären.
    „Kopfschuss?“, frage ich den Herrn Josef.
    „Genau“, sagt er. „Kopfschuss.“

23. DOS BURROS,
MEXICO

    „Ich bin Sängerin. Seit drei Monaten hab ich ein Engagement im Driskill, oben in Austin“, erzählt Linda. „Kennen Sie das Driskill? Nein? Das ist eines der feinsten und teuersten Hotels in Austin und ganz Texas. In einem der Salons hängen in Gold gerahmte Spiegel aus dem Chapultepec-Palast, in dem der unglückliche Kaiser Maximilian residiert hat.“
    „Ich wusste gar nicht, dass Texas einen Kaiser hatte“, sage ich.
    Linda lacht.
    Wir sitzen vor Hondos Hütte auf einer seiner bunten Decken. Linda schaut sich den Sonnenaufgang an und ich seh mir Linda an, schon seit Stunden, während die Junkyard Angels und ihre Bräute zu 96 Tears um das nur noch glosende Lagerfeuer tanzen.
    „Sie haben in der Schule wohl nicht aufgepasst“, sagt Linda. „Texas war lange Zeit Teil des mexikanischen Reiches, war kurze Zeit eine unabhängige Republik und ist seit langer Zeit ein Bundesstaat der USA, in dem, wie überall anders auch, der Geldadel regiert. Viehbarone. Ölbarone. Versicherungsbarone. Hard- und Softwarebarone.“
    „Aha. Und für die singen Sie?“ „Genau. Und für ihre internationalen Gäste. In der Hotelbar, in einem weißen Cocktailkleid, mit einer weißen Orchidee im Haar. Das Trio, das mich begleitet, trägt schwarze Smokings, weiße Hemden und schwarze Fliegen und der Flügel des Pianisten ist weiß. Die Musik ist in Wahrheit völlig unwichtig. Du musst wirklich gut sein, wenn du den Job haben willst. Und wenn du ihn hast, ist das erste und wichtigste Gebot, gut auszusehen und mit deiner Musik nicht aufzufallen. Du bist so eine Art schwarzweiße Klangtapete, die den Smalltalk der Gäste untermalt und den Getränkeumsatz ankurbelt. Eigentlich nichts anderes, denk ich mir oft, als ein gut bezahlter Animier-Job, bei dem ich mir das Gelaber der Männer nicht anhören muss und mir kein besoffener Geilspecht zehn Dollar in den Ausschnitt steckt.“
    Das ist sozusagen Lindas Abendschicht. Tagsüber singt sie im Studio für alles, was ihr die Agentur vermittelt. Einmal sogar Background für Delbert McClinton, das war bisher das absolute Highlight ihrer Karriere. Meistens singt sie Werbe-Jingles, ein frisches „Oh yeah“ für Buttermilch von Miller’s oder einen dämlichen Vierzeiler für einen grindigen Tex-Mex-Pizzaladen in Uni-Nähe.
    „Ich kenn mich in der Musikwelt nicht so aus“, sage ich, „aber hat nicht jede große Karriere so oder ganz ähnlich begonnen?“
    „Ich beklage mich nicht“, sagt Linda. „Ich liebe Austin. Ich liebe meinen Job. Und ich singe für mein

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