Kurtisanen leben gefaehrlich
die Freiheit mit sich gebracht hatte.
Der Mann mit dem narbigen Gesicht beschäftigte mich. Er hatte mein Interesse geweckt und ich wollte zu gerne herausfinden, wer er sein mochte, auch wenn diese Regung keinesfalls klug zu nennen war. Da ich in meinem Leben jedoch selten eine weise Entscheidung traf, ignorierte ich das mulmige Gefühl, das die Erinnerung an ihn begleitete.
Auch das Schiff ging mir nicht mehr aus dem Kopf und es beunruhigte mich, obwohl ich keinen Grund dafür zu finden vermochte. Die Anwesenheit eines solch prächtigen Seegefährts hatte eine Bedeutung, dessen war ich mir sicher. Denn auch wenn oftmals fremdartige Schiffe in Porto di Fortuna anlegten, so hatte ich noch niemals zuvor einen solchen Reichtum und eine solche Pracht im Hafen liegen sehen.
Die Sonne hatte bereits zu sinken begonnen und war schon bis zur Hälfte in das Meer eingetaucht, als ich endlich mein Zuhause erreichte. Ich fröstelte, obgleich es in den Straßen noch immer heiß war und so beeilte ich mich, die Tür hinter mir zu schließen und in die Sicherheit meiner Räume zu gelangen.
Hastig wies ich Antonia an, die Badewanne mit heißem Wasser zu füllen und erblickte mich in meinem Ankleideraum zum ersten Mal seit dem Morgen in einem Spiegel. Beinahe erkannte ich mich selbst nicht mehr wieder. Meine Haut wirkte fahl und meine zerzausten Haare fielen in wilden, losen Strähnen in mein Gesicht. Das blaue Haarband hatte sich schon vor einiger Zeit gelöst und war irgendwo in den Straßen der Stadt zurückgeblieben. Meine Kleider waren schmutzig und staubig und so war ich darauf bedacht, mich ihrer schnellstens zu entledigen und in das heiße, reinigende Wasser zu gleiten, das Antonia für mich bereitet hatte.
Die feinen, aromatischen Dämpfe des Badewassers vertrieben die düsteren Gedanken schon bald und nach einer Weile fühlte ich mich wieder wie ich selbst. Schließlich entstieg ich widerstrebend den wohligen Fluten, um meinen Körper in ein weiches Tuch zu hüllen.
Auf diese Weise bedeckt, begab ich mich in Richtung des Salons und lief durch das Halbdunkel meines Schlafzimmers, ohne meine Umgebung wahrzunehmen. Schon hatte ich die Tür erreicht und legte meine Finger um den Türknauf, doch eine leise Stimme ließ mich innehalten.
»Wo seid Ihr gewesen, Lukrezia?«
Mein Herz setzte für einen Schlag aus.
Ich fuhr erschrocken herum und erblickte Andrea Luca in einem der hellen Sessel, die neben meinem Bett aufgestellt waren. In dem dämmrigen Licht konnte ich seine Gestalt nur schemenhaft erkennen, doch allein seine angespannte Haltung verriet, dass er wütend sein musste, auch wenn sein Tonfall bar jeden Gefühls war.
Ich zögerte, unsicher, wie ich mit der ungewohnten Lage umgehen sollte. Noch nie zuvor hatte sich sein Zorn gegen mich gerichtet und die Situation lähmte mich, sodass erst einige Augenblicke verstrichen, bevor ich Worte fand.
»Ich war auf dem Markt, Signore Santorini. Ihr könnt nicht von mir verlangen, dass ich jeden Tag in diesem Käfig sitze und auf Euch warte.«
Andrea Luca erinnerte mich einmal mehr an eine große Raubkatze, die ihre Beute fest im Visier hatte. Er verfolgte jede meiner Bewegungen mit den Augen und ich hatte große Mühe, nicht die Nerven zu verlieren, war bemüht, mehr Abstand zwischen uns zu bringen.
»Ich hatte Euch gesagt, dass Ihr hierbleiben sollt, bis Euch keine Gefahr mehr droht. Durch Euer Verhalten setzt Ihr Euch unnötigen Risiken aus,
Lukrezia
.«
Er betonte meinen Namen überdeutlich, sprach ihn aus, als würde er sich jede Silbe auf der Zunge zergehen lassen. Dann erhob er sich und näherte sich mir ebenso bedächtig.
Instinktiv wich ich vor ihm zurück, doch es gab keine Möglichkeit zur Flucht und ich wusste, dass er schneller sein würde.
»Von welcher Gefahr sprecht Ihr, Andrea Luca? Von den anderen da draußen, die mich wegen Euch umbringen wollen oder von Euch selbst? Ich weiß nicht, welche Gefahr die Größere ist.«
Andrea Luca lachte leise, während er unaufhaltsam auf mich zu trat. Mir blieben nur noch wenige Schritte, bis ich die Wand in meinem Rücken spürte, die erbarmungslos und unnachgiebig deutlich machte, dass mein Rückzug beendet war.
Ich konnte das Feuer in seinen Augen tanzen sehen, doch es war nicht allein die kalte Wut, die ich von ihm kannte. Es war mehr.
»Diese Entscheidung überlasse ich Euch, Signorina. Ihr wisst, dass Ihr vorsichtiger sein solltet. Ich würde Euch nur sehr ungern verlieren.«
Die Drohung, die in seinem
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