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Kurtisanen leben gefaehrlich

Kurtisanen leben gefaehrlich

Titel: Kurtisanen leben gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Natascha Weber
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die Sonne aufging. Sie tauchte den Himmel hinter der großen, gläsernen Fensterfront des Balkons in ein rötliches Licht, das die Schatten der Nacht vertrieb. Durch das gläserne Mosaik, das am Fenster angebracht worden war, fielen bunte Formen aus Licht auf den weichen Teppich aus Marabesh, der den Boden bedeckte. Sie bannten die düstere Stimmung, die sich in der Dunkelheit ausgebreitet hatte.
    Ich wartete ab, ob die Artista noch weitererzählen mochte, doch sie schwieg. Es erschien mir, als ob auch sie für diese Nacht die Lust an dunklen Geheimnissen und Verschwörungen verloren hatte. Ich dachte nicht lange über das Schicksal nach, das Alesia nun erwarten würde, zu umwölkt war mein Geist von der Müdigkeit, die sich in meine Glieder geschlichen hatte. Ich empfand kein Mitleid mit ihr. Die Ausübung Schwarzer Magie musste bestraft werden.
    Ich nahm nur am Rande wahr, dass die Artista sich von einem der hell bezogenen Samtsessel erhob und mir ein Zeichen gab, ebenfalls aufzustehen. Nur knapp konnte ich ein leises Aufstöhnen unterdrücken, als ich ihrer Aufforderung Folge leistete.
    Ich folgte der Fürstin, die wirkte, als habe ihr die durchwachte Nacht überhaupt nicht geschadet, durch den Flur zu der breiten Treppe, die sie mich hinauf geleitete.
    In meinem Unterbewusstsein regte sich das Wissen, dass dies nicht der Weg zu meinen Schlafräumen war. Doch ich war zu erschöpft, um einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden und folgte ihr mechanisch zu einer Tür, die sich geräuschlos öffnete und uns eintreten ließ.
    Benebelt sah ich mich in dem großzügigen Raum um, dessen Fenster von schweren, dunklen Vorhängen bedeckt wurden, die das Morgenlicht noch nicht in das Zimmer dringen ließen. Beatrice trat vor und zog die Vorhänge mit einem Ruck beiseite.
    Geblendet schloss ich für einen Augenblick die Augen, bis ich mich blinzelnd an das helle Licht gewöhnt hatte, das von der Ostseite her in den Raum eindrang und mir ein leeres, kahles Zimmer zeigte. Leer und kahl, bis auf etwas beinahe Menschengroßes, das von einem Tuch bedeckt war. Neugierig sah ich zu der Artista hinüber, unsicher, ob ich sehen wollte, was sie mir zu zeigen hatte. Ein Gefühl, das von dem rätselhaften Lächeln auf ihren Lippen noch verstärkt wurde.
    Beatrice Santi lief um das mit dem weißen Tuch bedeckte Gebilde herum, bis sie schließlich zu mir hinübersah und mir bedeutete, näher zu ihr heranzukommen. Ich zögerte, bereits eine Frage auf den Lippen, als sie ihrerseits zu reden begann und mir damit das Wort abschnitt.
    »Mein Sohn hat dich zu seiner Braut erkoren, Ginevra. Und du bist in der Tat eine Wahl, mit der ich niemals gerechnet habe, denn Kurtisanen sind nicht zum Heiraten geboren. Dennoch bist du weitaus mehr als eine Kurtisane. Du bist eine Fürstentochter aus dem Hause Vestini und hast nach deiner Mutter den Anspruch auf die Herrschaft über das Fürstentum Serrina. Deshalb ist es nur angemessen, dass du bei der Hochzeit mit einem Spross aus dem Geschlecht der Santorini und der Santi in passender Ausstattung erscheinst.«
    Verwirrt sah ich zu der Malerhexe auf, blickte dann zu dem Gebilde inmitten des hellen Raumes hinüber, ohne mein Misstrauen verlieren zu können. Die Artista hatte sich also erneut dazu entschlossen, mir eine Überraschung zu bereiten. Ich hoffte, dass sich unter diesem Tuch nicht das nächste Kleid für eine Angehörige ihrer Zunft befand.
    Mit einer schwungvollen Geste, die ich in diesem Augenblick sicher nicht mehr hätte vollbringen können, zog sie das weiße Tuch zur Seite und gewährte mir den ersten Blick auf das, was sich darunter befand.
    Mein Atem stockte, als ich auf das schönste Kleid blickte, das ich in meinem Leben jemals zu Gesicht bekommen hatte. Und derer waren es viele gewesen. Weiße Seide, die von dem Licht der Morgensonne berührt wurde, strahlte mir in ihrer Reinheit so hell entgegen, dass ich den Impuls unterdrücken musste, meine Augen zu bedecken. Stattdessen starrte ich weiter auf das Kleid, dessen Mieder aus feinem Brokat, eng anliegend und tief ausgeschnitten, von zarter Spitze umsäumt und von leuchtenden, glitzernden Kristallen über und über bedeckt wurde. Ich meinte, in ihnen das Wappen der Vestini zu erkennen, die weiße Rose über der weichen Schreibfeder und dem Pergament, ebenso wie das Wappen der Santorini, die hier zu einer Einheit verbunden waren. Sie fingen die ersten Strahlen der Sonne betörend und verzaubernd ein.
    Der weite Rock mit der Schleppe

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