Kurtisanen leben gefaehrlich
hungrig war, denn mein Magen machte sich deutlich bemerkbar.
Im Vorbeigehen fiel mein Blick auf den kleinen Nachttisch, der neben dem Bett stand, und ich erstarrte in meiner Bewegung. Eine rote Rose lag darauf, noch feucht von kleinen Wassertropfen und ohne jede Spur des Verwelkens. Zögernd ging ich hinüber und nahm sie in die Hand. Keine Dornen stachen in meine Finger, so wie es bei allen Rosen gewesen war, die Andrea Luca mir gebracht hatte.
Nachdenklich setzte ich mich auf das Bett und drehte sie in meinen Fingern. Also war er hier gewesen und konnte sich frei in der Stadt bewegen. Der Fürst musste ihm weitgehend vertrauen oder er hatte noch etwas anderes gegen ihn in der Hand, von dem ich nichts wusste. Erleichterung breitete sich in mir aus und vertrieb einen Teil der Schwäche aus meinen Gliedern. Andrea Luca war frei und hatte einen Weg gefunden, zu mir zu gelangen. Und das bedeutete, dass es noch Hoffnung gab, selbst wenn sie gering sein mochte.
Das Klügste wäre es gewesen, aus Porto di Fortuna zu verschwinden, doch das konnte ich nicht über mich bringen. Es war nicht meine Art, einfach davonzulaufen. Ich musste an Alesia und ihre Reaktion auf die Geschehnisse auf dem Ball denken. Sie hatte von den Plänen des Fürsten nichts geahnt, soviel war gewiss, und vielleicht konnte sie mir von Nutzen sein, auch wenn ich ihr niemals vertrauen durfte. Es mochte an der Zeit sein, ihr einen Besuch abzustatten.
Ein leises Klopfen an der Tür schreckte mich aus meinen Gedanken und ließ mich von dem Bett aufspringen. Meine Hand glitt zu dem Rapier, das jemand von meiner Seite genommen und beiseitegelegt hatte, während ich mit gedämpfter Stimme auf das Klopfen antwortete.
Der Türknauf drehte sich langsam. Meine Muskeln waren bis zum Zerreißen angespannt, bis endlich eine rundliche, ältere Frau das Zimmer betrat, eine Kanne mit zart duftendem Tee in der kleinen Hand und ein freundliches Lächeln auf den Lippen.
»Ihr braucht nicht zu erschrecken, mein Kind. Ich will Euch nichts Böses.«
Sie kicherte und stellte die Kanne auf dem Tisch ab. Ich kam mir ziemlich töricht vor, bereit, eine harmlose ältere Frau anzugreifen, die nichts weiter wollte, als mich mit Tee zu versorgen und die sicherlich schon vorher genauestens gewusst hatte, dass ich mich hier befand.
Ich ließ resigniert die Waffe auf das Bett fallen und lockerte meine wachsame Haltung.
»Verzeiht mir, aber ich habe niemanden erwartet, Signora. Lebt Ihr in diesem Haus?«
Ich schaute sie neugierig an, während sie mir ein warmes Lächeln schenkte und den Tee in eine Tasse goss, die sie ebenfalls mitgebracht hatte. Vorsorglich reichte sie mir das heiße Getränk, bevor sie antwortete.
»Aber ja, mein Kind, ich lebe hier, zusammen mit meinem Mann, Giuseppe. Andrea Luca hat uns gebeten, Euch bei uns aufzunehmen und für Euch zu sorgen, bis er Euch holen kommt. Nennt mich einfach Maria.«
Der Tee wärmte mich von innen und trug mit Marias Freundlichkeit zu meiner Entspannung bei. Meine Neugier war geweckt. Welche Verbindung hatten diese einfachen Leute zu einem Mann wie Andrea Luca Santorini? Noch wagte ich es nicht, Maria darauf anzusprechen, doch ich nahm es mir für die Zukunft vor.
»Ich danke Euch, Maria. Hat Andrea Luca gesagt, wann er mich holen möchte?«
Marias Gesichtszüge wurden düster, was in mir ein Gefühl hinterließ, als würden Wolken die Sonne verdecken und sie blickte kurz aus dem Fenster.
»Nein, das sagte er nicht. Aber seid versichert, dass er alles versuchen wird, um sein Versprechen einzulösen.«
Ein Lächeln vertrieb die Düsternis aus ihrem Gesicht und ließ sie wieder fröhlich wirken. Ich bewunderte sie dafür und wünschte mir, ebenfalls diese Wesensart zu besitzen, die das Leben leichter erscheinen ließ.
»Sorgt Euch nicht zu sehr, das würde Euer hübsches Gesicht viel zu früh altern lassen. Wenn Ihr etwas braucht, dann könnt Ihr mich meist in der Küche finden. Vielleicht möchtet Ihr uns ab und an Gesellschaft leisten, wenn Euch die Zeit zu lang wird. Aber ich stehe hier und schwatze, dabei wartet Giuseppe auf mich!«
Sie lachte hell auf und zwinkerte mir zu, dann war sie auch schon verschwunden und nahm einen großen Teil der Wärme mit sich. Andrea Luca hatte mich also in guter Obhut zurückgelassen und zumindest das Rätsel um die Besitzer des kleinen Ladens war gelöst, wenn es auch das Einzige war.
Seufzend trat ich zu dem Essen hinüber und musterte die Speisen für einen Augenblick. Wenn ich
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