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Kurtisanen leben gefaehrlich

Kurtisanen leben gefaehrlich

Titel: Kurtisanen leben gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Natascha Weber
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endlich in ein vertrautes Gewand zu hüllen. Das einfache Kleid erschien mir schöner, als die prachtvollste Ballrobe, die ich je besessen hatte. Die Seide fühlte sich auf meiner Haut kühl an und schmiegte sich an meinen Körper, als sei es allein für mich geschneidert worden. Ich zog das Kleid über und versuchte, es ohne fremde Hilfe an den Seiten zu schnüren.
    Während ich mich dieser überaus verzwickten Tätigkeit widmete, kehrte die Erinnerung an den verworrenen Traum zurück und ließ mich in der Bewegung erstarren. Erneut drängten sich die Visionen in meinen Geist, diesmal klarer und deutlicher.
    Ich sah Alesia, so wie sie mir in der Nacht erschienen war, das Gesicht blass vor Erschöpfung und Schmerz, wie sie mich aus großen, dunklen Augen anstarrte, die in dem eingefallenen Gesicht riesig wirkten. Der früher so rosige Mund war farblos, die Lippen aufgesprungen. Sie formten lautlose Worte, als sie zu mir zu sprechen begann.
    Erst nach einer ganzen Weile hörte ich etwas. Zuerst kamen die Sätze in einem leisen, kaum verständlichen Flüstern, dann lauter und eindringlicher. Endlich konnte ich verstehen, was sie mir sagen wollte, doch es ängstigte mich noch weitaus mehr, als die Entdeckung von Delilahs Zauberkräften.
    »Hört mich an, Lukrezia! Die Fürstin von Serrina ist eine Artista. Eure Mutter hat die Gabe in ihrem Blut und ihr Blut fließt auch durch Eure Venen! Ihr habt die Gabe der Artiste in Euch!«
    Ich schüttelte ungläubig den Kopf, während mein Körper trotz der Hitze zu zittern begann. Ich musste Alesias Enthüllungen gegen meinen Willen zuhören und konnte mich nicht davor verschließen, auch wenn ich kein Wort mehr davon hören wollte. Meine Mutter war keine Artista! Niemals hatte sie einen Pinsel oder Farbe berührt, solange ich zurückdenken konnte.
    »Nein, Alesia. Ihr irrt Euch. Ich trage die Gabe nicht in mir. Niemand in meiner Familie tut das.«
    Ich flüsterte diese Worte zu mir selbst, nahm nicht an, dass Alesia mich hören konnte. Doch zu meiner Überraschung reagierte sie darauf und ihr Blick wurde noch eindringlicher.
    »Es liegt in Eurem Blut, in dem Blut Eurer Familie, Lukrezia! Ihr müsst mir helfen! Die Prinzessin ist zu stark, ich kann ihrem Einfluss auf Andrea Luca nichts mehr entgegensetzen! Sein Wille ist stark, aber ohne Hilfe kann er nichts gegen sie ausrichten!«
    Tränen der Verzweiflung rannen über Alesias Wangen, als ich ihre Worte anzweifelte und sie ließen die blasse Haut unwirklich glitzern. Sie war der vollkommenen Erschöpfung zu nahe gekommen, hatte zu viel von ihrer Macht auf einmal genutzt, ohne sich Ruhe zu gönnen.
    Alesia della Francesca war nur noch ein Schatten ihrer selbst und es war nur eine Frage der Zeit, bis die Magie das junge Mädchen aufgezehrt hatte. Die Anstrengung, ihre Kräfte über eine solch weite Distanz zu wirken, würde sie umbringen. Sie war noch zu schwach, um solch machtvolle Magie einsetzen zu können, ohne einen hohen Preis dafür zu zahlen.
    »Lukrezia, Euer Vater hat Euch und Eure Schwester die Malerei gelehrt, das weiß ich. Nutzt sie! Ihr habt die Magie gespürt, die Euch umgibt. Setzt sie für Euch ein! Andrea Lucas Leben ist in Gefahr, sobald die Prinzessin ihr Ziel erreicht hat!«
    Alesias Stimme wurde schwächer und erreichte mich nur noch aus weiter Ferne. Ihre Umrisse verschwammen und sie verblasste zusehends. Ich wusste nicht, wie ich sie festhalten sollte, und sie entglitt mir immer weiter, wurde durchscheinend wie ein Geist. Nur die Fragmente ihres letzten Satzes erreichten mich noch, als auch ihre Stimme verklang. Es war ein Satz, der mein Herz zu Eis erstarren ließ.
    »Der Fürst ... Er glaubt, er hat Euch gefunden ... Eure Schwester!«
    Angelina? Der Fürst glaubte, ich sei in seiner Gewalt? Hatte er Angelina an meiner statt gefunden und hielt sie nun gefangen? Ein letzter Trumpf, den er hervorzaubern konnte, wenn Andrea Luca nicht tat, was er verlangte?
    Übelkeit stieg in mir auf und Schwindel zwang mich auf das Bett zurück. Es durfte einfach nicht sein! Angelina hatte von all dem nichts geahnt und ich hasste mich dafür, dass ich sie nicht gewarnt hatte, sie in Ariezza zurückgelassen hatte, um sie nicht zu gefährden, um sie ihr Leben weiterleben zu lassen, ohne sie damit zu belasten, was mit mir geschah. Angelina würde dem Fürsten ihre wahre Identität nicht preisgeben, um mich zu schützen, das wusste ich mit Bestimmtheit. Aber was konnte ich tun, um sie zu befreien, wenn ich selbst eine

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