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Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch

Titel: Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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ausnehmen, wie dumm sie auch sein
     mögen.«
    »Ich nicht betrügen! Du betrügen! Ich lieben dein Papa! Ich lieben!«
    »Red keinen Unsinn, Valentina. Geh lieber zu deinem Anwalt.«
     
    »Großartig, Vera! Ist das wirklich so glatt gegangen?«
    Einen Moment lang tut mir Valentina fast leid. Aber nur einen Moment.
    »So weit, so gut«, sagt die Scheidungsexpertin.
     
    Doch Valentinas Anwalt zieht eine Karte aus dem Ärmel, mit der Ms. Carter nicht gerechnet hat. Auf ihren Antrag hin wird ein
     vorgezogener Termin angesetzt, bei dem eine Verfügung erwirkt werden soll, dass Valentina sofort das |220| Haus zu verlassen hat. Da weder Vera noch ich Zeit haben, daran teilzunehmen, kenne ich den Ablauf nur aus Lauras Bericht.
    Sie und Vater sind frühzeitig im Gerichtsgebäude. Nach ihnen kommt der Richter. Dann kommen Valentina und Stanislav. Als der
     Richter die Verhandlung eröffnet, steht Valentina auf.
    »Ich nicht verstehen Englisch. Ich brauchen Dolmetscher.«
    Allgemeine Verwirrung. Gerichtsdiener werden durchs Haus geschickt, man telefoniert hektisch herum. Aber nirgends findet sich
     auf die Schnelle ein Ukrainisch sprechender Dolmetscher. Der Richter vertagt die Verhandlung, ein neuer Termin wird anberaumt.
     Wir haben zwei Wochen verloren.
    »Mist«, sagt Ms. Carter. »Daran hätte ich denken müssen.«
     
    Anfang August kommt dasselbe Grüppchen wieder zusammen, diesmal jedoch verstärkt durch eine Frau mittleren Alters aus dem
     Ukrainischen Club von Peterborough, die sich bereit erklärt hat, als Dolmetscherin zu fungieren. Vater wird ihr Honorar bezahlen.
     Sie muss über die Geschichte mit Valentina Bescheid wissen – alle Ukrainer im Umkreis von mehreren Meilen wissen davon   –, aber sie lässt sich nichts anmerken. Ich habe mir den Tag freigenommen, um dabei sein und Laura und Papa moralisch unterstützen
     zu können. Es ist ein heißer Tag, ziemlich genau ein Jahr nach der Hochzeit. Valentina trägt ein dunkelblaues Kostüm mit rosa
     Paspelierung – möglicherweise dasselbe, das sie bei dem Termin vor der Einwanderungsbehörde anhatte   –, Vater wieder seinen Hochzeitsanzug mit dem weißen Hemd und den schwarz angenähten Knöpfen.
    Ms. Carter erzählt von den Vorfällen mit dem nassen Geschirrtuch |221| und dem Wasserglas sowie von der Szene auf der Krankenhaustreppe. Sie spricht leise und deutlich, man hört ihr an, dass sie
     sich bemüht, sich nicht von Gefühlen forttragen zu lassen, aber dass sie das, was sie erzählt, schrecklich findet. Fast entschuldigend
     holt sie mit gesenktem Kopf und niedergeschlagenen Augen zum entscheidenden Schlag aus und präsentiert einen Bericht des Psychiaters.
    Valentina protestiert heftig und erklärt wortreich, dass mein Vater bösartige Lügen über sie verbreitet, dass sie ihren Mann
     aber liebt und dass es außerdem auch gar keinen anderen Ort gibt, wo sie mit ihrem Sohn bleiben könnte. »Ich bin nicht schlechte
     Frau. Er hat Paranoia.«
    Sie spricht mit weit ausladenden Gebärden zum Publikum und wirft theatralisch ihr Haar zurück. Die Dolmetscherin setzt im
     Englischen alles höchst sachlich in die dritte Person.
    Dann erhebt sich mein Vater und beantwortet die Fragen des Richters mit derart schwacher, zittriger Stimme, dass er des Öfteren
     gebeten werden muss, sich noch einmal zu wiederholen. Sein Englisch ist korrekt und formell, wie es sich für einen Ingenieur
     gehört, doch die Art, wie er seine zittrige Hand hebt und auf Valentina deutet, entbehrt nicht einer gewissen wohlkalkulierten
     Dramatik.
    »Ich glaube, sie möchte mich umbringen!«
    Er sieht klein, verschrumpelt und hilflos aus in seinem knittrigen Anzug und mit seiner dicken Brille, und seine Zerbrechlichkeit
     spricht für sich. Der Richter ordnet an, dass Valentina und Stanislav das Haus innerhalb von zwei Wochen zu verlassen haben
     und alles mitnehmen müssen, was ihnen gehört.
     
    An diesem Abend öffnen Vater und ich zur Feier des Tages eine Flasche von Mutters vier Jahre altem rotem Pflaumenwein. Der
     Korken schießt mit lautem Knall an die Decke, |222| wo er eine Delle im Verputz hinterlässt. Der Wein schmeckt wie Hustensaft und steigt einem sofort zu Kopf. Vater erzählt von
     seinen Kiewer Tagen in der Fabrik Roter Pflug, die, wie er erklärt, abgesehen vom heutigen Tag die glücklichste Zeit seines
     Lebens waren. Innerhalb von einer halben Stunde sind wir beide fest eingeschlafen, Vater in seinem Sessel, ich mit dem Kopf
     auf dem Esstisch. Irgendwann

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