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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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zusammen, als säße sie vor der Chefin einer Klosterschule. »Fragen? Sind Sie etwa ein Bulle?«
    Häberle blieb gelassen. »Spielt der Beruf hier eine Rolle?«
    »Wenn du haben willst, was dir Spaß macht, dann nicht. Aber du willst gar nicht ins Bett, stimmt das?« Sie wurde zickig, was er verstehen konnte, denn vermutlich galt auch in ihrem Job, dass Zeit Geld ist. Sie muss sicher im Laufe der Nacht einen Tausender ›einspielen‹, dachte Häberle, weshalb er nicht lange drum herumreden wollte: »Ich suche eine Frau«, er griff in die Innentasche seines Jacketts und holte den Farbausdruck hervor, den die Kollegen von jenem Model gemacht hatten, das auf Büttners Filmen drauf war und von dem sie vermuteten, dass es in einem Zusammenhang mit jener Telefonnummer stand, die zum Happy-Hour-House gehörte. »Kennst du diese Frau?«
    »Also doch Bulle«, sagte sie, während sie den Ausdruck in die Hand nahm. »Was ist mit ihr?« Nadines Stimmung schien sich mit einem Schlag zu wandeln. Häberle glaubte sogar trotz des Rotlichts zu erkennen, dass die Farbe aus ihrem Gesicht entwich.
    »Sie hat nichts angestellt – ich schwöre es«, fügte er deshalb an. »Sie hat sich gelegentlich fotografieren lassen, und es ist nur der Fotograf, der uns interessiert.«
    Nadine schwieg und legte das Papier beiseite.
    Häberle ließ sich Zeit und nahm einen Schluck Bier. Seine väterliche Art, wie er sprach und sich geduldig zeigte, verfehlte die Wirkung nicht.
    Nadine holte tief Luft und sah ihn an: »Natascha ist tot.«
    »Tot?« Häberle unterdrückte seine Überraschung.
    »Selbstmord«, erwiderte Nadine. »Vergangenen Sonntag. Überdosis Schlaftabletten, drüben in ihrem Zimmer.«
    »Ach«, entfuhr es dem Kriminalisten. »Das tut mir leid.«
    »Sie hat das nicht mehr ausgehalten«, sprudelte es aus Nadine heraus. »Sie ist aus Polen gekommen, wie viele hier, aus Polen und Tschechien, der Slowakei und so weiter. Mit Versprechen, viel Geld im Gastronomiebereich zu verdienen, hergelockt und dann in die Schuldenfalle getrieben.«
    Häberle nickte verständnisvoll. Er kannte dies zur Genüge: Den Mädchen wurden Unterkunft und Verpflegung angeboten, was sie sich beides teuer verdienen mussten. Reichten die Einnahmen nicht aus, was meistens der Fall war, häuften sich immer höhere Mietforderungen an. Er ließ ein paar Sekunden verstreichen, um dann vorsichtig nachzufragen, ob sie denn etwas über Nataschas Kunden wisse.
    »Verrückte Fotofetischisten würde ich sie nennen.« Nadine zupfte verlegen am Saum ihres Rocks. »Erst kürzlich hat sie sich darüber empört, dass einer Fotos von ihr ins Internet gestellt hat.«
    Häberles Interesse stieg weiter. »Hat sie gesagt, wie der Mann hieß?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nur, dass er sich in den Chats Katimaus genannt hat.«
    »Und sonst nichts?« Der Chefermittler hoffte auf ein paar weitere Details.
    »Letzte Woche hat sie fast ein bisschen stolz erzählt, der Mann, den sie auch Franky-Boy nannte, habe ihr viel Geld geboten, wenn sie bereit wäre, sich an jemanden heranzumachen.«
    Häberle hob eine Augenbraue. »Diesen Namen hat sie aber nicht genannt?«
    »Nein, nur dass es irgendwo in Süddeutschland gewesen wäre, irgendwo bei Ulm oder so. Das war ja das Problem. Sie hätte den Club hier für einige Zeit verlassen müssen, doch das wäre nur möglich gewesen, wenn der Chef es genehmigt hätte und es über ihn abgerechnet worden wäre.«
    »Sie hätte den Auftrag also gerne angenommen?«
    »Ich denke schon.« Nadine strich sich mit den Handflächen über die schlanken Schenkel.
    Irgendwie sieht das provozierend aus, dachte Häberle, wollte sich aber nicht ablenken lassen.
    »Und wie hätte sie das Heranmachen bewerkstelligen sollen?«
    »Was fragen Sie mich das? Bei irgendeiner Veranstaltung oder einer sonstigen Gelegenheit.« Sie war deutlich auf Distanz gegangen und grinste. »Eine gewisse Erfahrung dürfen Sie uns schon zugestehen.«
    »Hat Natascha gesagt, wozu das Ganze gedacht war?« Häberle hatte das Gefühl, mitleidig angeschaut zu werden.
    »Wozu das Ganze?«, äffte sie ihn nach. »Sind Sie so naiv oder tun Sie bloß so, Herr August? Wann werden denn Männer schwach und neigen dazu, alles auszuplaudern?«
    Der Chefermittler ging nicht darauf ein. »Gab es ein Thema, das von Interesse war?«
    »Wenn ich es richtig verstanden hab, ging es um eine große Sauerei von irgendwelchen Spekulanten. Wohl nichts Politisches, falls Sie das meinen. Nein, vermutlich eher in Richtung

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