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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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geschluckt. Noch kurz vor der Einfahrt erkundete Sander mit einem Blick in die beiden Außenrückspiegel die Situation hinter ihnen. Seit der letzten Fähre war ihm schon wieder ein Wohnmobil aufgefallen. Aber auch hier wimmelte es um diese Jahreszeit von Campern.
    Der Tunnel war hell erleuchtet und gut belüftet, die Fahrspuren bestens zu erkennen. Fast so, als führe man bei Nacht auf einer mit Straßenlampen ausgestatteten Bundesstraße, dachte Sander. Nach etwa fünf Kilometern schien die Röhre weit in der Ferne in ein violett-oranges Licht getaucht zu sein. Für einen Moment riss ihn diese Beobachtung aus seinem tiefen Grübeln. Doris fragte leicht ängstlich, was das Licht zu bedeuten habe. Er zuckte wortlos mit den Schultern. Beim Näherkommen wurde deutlich, dass es sich um eine großzügig angelegte Haltebucht handelte, deren wohltuende Beleuchtung vermutlich eine positive Ausstrahlung haben sollte. So jedenfalls empfand es Sander, der spontan den Blinker nach rechts setzte und den Wagen stoppte.
    »Will ich fotografieren«, informierte er knapp, während bereits das Wohnmobil hinter ihnen zum Überholen ansetzte.
    Sander griff zu seinem digitalen Fotoapparat und schielte dem Fahrzeug hinterher. Ein Deutscher – Kennzeichen: HZ.
    Er versuchte erneut, seine Aufregung zu verbergen.
     
    *
    Gaby Büttner war nur kurz in ihrem Ulmer Büro gewesen. Das gestrige Gespräch mit Taler hatte sie aufgewühlt. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Und je mehr sie über ihr Treffen mit Silke Rothfuß vom Dienstagabend nachdachte, umso stärker meldete sich ihr Gewissen und hielt ihr vor, an deren Verschwinden oder – noch schlimmer – an deren Tod mitverantwortlich zu sein. Heute Mittag war sie mit Tochter Lea und Schwiegersohn Ingo zusammengesessen. Seither war sie davon überzeugt, dass ihr Mann zwischen mehrere Fronten geraten war. Und wenn die andere Seite selbst vor Morden und Entführungen nicht zurückschreckte – und so hatte es den Anschein –, dann waren Diskretion und Versprechungen über Stillschweigen fehl am Platze. Allerdings hatte Ingo im Hinblick auf seine Karriere gebeten, ihn vorläufig aus der Schusslinie zu halten.
    Sie hatte sich telefonisch um ein Gespräch mit Kommissar Häberle bemüht, war jedoch an Linkohr verwiesen worden, der sie an diesem frühen Freitagabend in ein kleines Besprechungszimmer bat. Obwohl er inzwischen ziemlich erschöpft war und sich nur mit starkem Kaffee auf den Beinen halten konnte, versuchte er den Eindruck zu erwecken, dem Gespräch voll konzentriert folgen zu können.
    Gaby Büttner hatte leicht gerötete Augen. Sie musste in den letzten Tagen und Stunden einiges durchgemacht haben. »Es tut mir leid, dass ich erst jetzt komme«, begann sie und legte ihre gepflegten Hände auf die Tischplatte. »Aber, ja, ich weiß nicht, wie ich es Ihnen erklären soll. Silke Rothfuß hat sich mir anvertraut – vor drei Tagen, am Dienstagabend.«
    Linkohrs Müdigkeit war mit einem Schlag verflogen. Er erwiderte aber nichts, sondern wollte der Frau die Gelegenheit geben, ihr Gewissen zu erleichtern.
    »Wir haben uns eigentlich nur flüchtig gekannt, von einem Betriebsfest, auf dem ich mit meinem Mann war. Das ist schon einige Zeit her. Seitdem haben wir nichts mehr voneinander gehört.« Ihre Stimme klang leise. Linkohr lauschte aufmerksam.
    »Es gab«, machte sie schwer atmend weiter, »nur noch einen indirekten Kontakt, als mich vor einigen Monaten eine Mitarbeiterin von mir, die Frau Speidel, gebeten hatte, für ihren Mann einen alten Zähler und eine alte Schaltuhr zu beschaffen. Mein Mann hat das Zeug wohl über die Frau Rothfuß besorgt.« Sie überlegte kurz und spielte nervös mit ihren Fingern. »Na ja, und dann hat sie mich angerufen am Dienstagmorgen.« Ein gezwungenes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Übrigens just in dem Moment, als mich Ihr Herr Häberle im Büro aufgesucht hat. Ich frag mich bis heute, ob er dies zur Kenntnis genommen hat.«
    Linkohr konnte sich nicht an eine entsprechende Äußerung des Chefs erinnern.
    »Ja, dann ruft sie also an und bittet um ein Treffen am Abend in diesem schwäbischen Lokal in Luizhausen. Was sie berichtet hat, hat sich angehört wie eine Verschwörungsstory. Sie war davon überzeugt, dass Frank, mein Mann also, mundtot gemacht werden musste, weil er zusammen mit einem Mann aus Mecklenburg-Vorpommern den Spekulanten an der Leipziger Strombörse auf der Spur war.« Frau Büttner schien sich die Chronologie des

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