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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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wunderte sich für einen Augenblick über diese Antwort auf eine Frage, die er gar nicht gestellt hatte.
     
    *
    Am Freitagabend war Sander noch durch Tunnels und über Steilstrecken nach Geilo gefahren, wo der anvisierte Campingplatz jedoch zwölf Kilometer weiter östlich bei Sundre lag – ein etwas ungeordnetes, leicht abschüssiges Wiesengelände. In der Rezeption, die gleichzeitig Kneipe war, wurde Sander erneut bewusst, in welch teurem Land sie sich bewegten. Er las das Angebot für einen Hamburger mit Pommes frites: 110 Norwegische Kronen. Flüchtig umgerechnet wohl um die 14 Euro. Ein Glück, dass sie genügend Proviant mitgenommen hatten und sich mit Frischem aus Supermärkten versorgen konnten. Auch fürs abendliche Bierchen hatte Sander vorgesorgt, denn alkoholische Getränke, das war ihm klar gewesen, kosteten in Norwegen enorm viel Geld. Deshalb hatte er daheim sämtliche noch verbliebene Leerräume mit günstigem Bier in Plastikflaschen vollgestopft. Das leichte, pfandpflichtige Leergut war für den Rücktransport einfacher zu verstauen als die klobigen Glasflaschen.
    Das Wohnmobil mit dem HZ-Kennzeichen war ihm nicht mehr aufgefallen. Er hatte es weder am Straßenrand stehen sehen noch sonst wo bemerkt. Aber bei der Streckenführung, die kaum eine Möglichkeit zum Abbiegen bot, hätte ein Verfolger durchaus auch ein Stück vorausfahren können. Und ob in Geilo, wo Sander die Haupttouristenroute verlassen hatte, um den Campingplatz anzusteuern, irgendwo jemand versteckt an einer Abzweigung stand, war nicht zu überblicken gewesen. Gewiss hätte ein Verfolger anschließend unauffällig beobachten können, dass sie in Sundre nächtigen würden. Oder es waren mehrere, die sich gegenseitig per Handy verständigten.
    Sander hatte trotz der anstrengenden Fahrt, bei der inzwischen der 3.000. Kilometer erreicht war, eine ziemlich schlaflose Nacht hinter sich.
    Als Doris an diesem Samstagmorgen ankündigte, sie werde im Wasch- und Toilettenhaus ihre Haare waschen und fönen, was jedes Mal knapp eine halbe Stunde in Anspruch nahm, sah Sander die Gelegenheit gekommen, mit Häberle Kontakt aufzunehmen. Ein Glück, dass er dessen Nummer im Adressbuch des Handys programmiert hatte, jedoch ohne die deutsche Landesvorwahl, wie er nach dem ersten Wählversuch feststellen musste.
    Endlich. Häberles Stimme klang müde und rauer als sonst. Sander sah instinktiv auf seine Armbanduhr, doch es war bereits 9.15 Uhr.
    »Ach, der Herr Sander«, kam es zurück. »Mann, wo treiben Sie sich denn herum? Daheim tobt das Verbrechen und Sie machen Lustreisen. Norwegen, sagt man. Ausgerechnet Norwegen – auch das noch!«
    Sander griff den Hinweis sofort auf, erklärte, dass er tatsächlich nur auf Urlaubsreise sei, dabei jedoch eine Gefälligkeit erledigt habe und sich seither verfolgt fühle. Seit den Kurznachrichten, mit denen ihn Kollege Rahn auf dem Laufenden halte, sei er zutiefst beunruhigt und habe deshalb mehrfach versucht, sich zu melden.
    Häberle hatte seinen Ausführungen gelauscht, ohne zu unterbrechen. Erst als Sander, unruhig geworden und das Waschhaus im Auge behaltend, zu Ende gekommen war, hakte der Kriminalist nach: »Und Sie waren tatsächlich bei Frederiksen?«
    »Ja, das hab ich diesem Büttner versprochen gehabt. Vielleicht bilde ich mir das alles nur ein – aber nach allem, was der Frederiksen erzählt hat, über Spekulanten und Machenschaften, könnte es durchaus sein, dass man mir das Video abknöpfen will.«
    Häberle atmete schwer und ließ sich stichwortartig berichten, was Frederiksen gesagt hatte. Sander versuchte, es kurz zusammenzufassen: »Es gebe an der Energiebörse in Leipzig eine Gruppe, die im Interesse von Estromag fiktive Orders erteilt, auf diese Weise den Strompreis in die Höhe treibe und damit eine Verknappung des Angebots auslöse. Fragen Sie mich bitte nicht, wie das im Einzelnen funktioniert, aber Estromag will wohl damit erreichen, dass die kleinen Stromanbieter immer höhere Preise zahlen müssen und früher oder später nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Frederiksen will sogar wissen, dass Estromag seit mindestens acht Jahren versucht, Einfluss auf die Geschäftspolitik der Kleinen zu nehmen – und zwar indem sich Estromag-Leute bewerben, sobald solche Unternehmen eine Stelle neu besetzen.«
    Wieder der schwere Atem Häberles. Er schien nachzudenken. Sander wartete vergeblich auf eine Meinungsäußerung. Nach einigen Sekunden drang Häberles Stimme an sein Ohr: »Okay.« Es klang

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