Kurzschluss
Berlinerisch.
»Nein«, erklärte Häberle. »Aber ziemlich einsam in Leipzig.« Obwohl er solche Situationen in seinem Berufsleben schon oft gemeistert hatte, war er jedes Mal aufs Neue aufgeregt.
Der bullige Kerl sah ihn von oben bis unten an und taxierte ihn offenbar nach der Einkommensklasse. »Wir sind ’n Club. 50 Euro«, sagte er knapp.
Häberle holte den Schein aus der Jackentasche und drückte ihn dem Kleiderschrank in die Hand. Der nickte daraufhin zufrieden, bat den Besucher herein und schloss die Tür wieder. Dumpf wummernde Diskomusik erfüllte den schummrig beleuchteten Vorraum, in dem eine Duftwolke aus Parfüm und Schweiß zu stehen schien.
»Danke«, sagte Häberle und ließ den Türsteher dort, wo er hingehörte.
Die Musik wies ihm den Weg in eine Glitzerwelt, in der es viele dunkle, vor allem plüschkuschelige Ecken gab, wie er auf den ersten Blick feststellte. Beherrscht wurde die Mitte des unüberschaubaren Raums von einer viereckigen Theke aus dunklem Holz, entlang derer prall mit Flaschen gefüllte Regale von der Decke hingen. Zwei dunkel gekleidete Kellner kümmerten sich um die Gäste, meist männlichen Geschlechts, die auf Barhockern eng beieinandersaßen und das Geschehen auf einer kleinen Bühne verfolgten, die an eine der Stirnseiten des Raumes gebaut war. Dort präsentierten zwei große blonde Schönheiten im ohrenbetäubenden Wummertakt der Musik viel Haut, wie Häberle erkannte, während er sich auf einem der wenigen freien Barhocker niederließ und ein Bier bestellte. Die beiden Mädels hatten bereits alle Hüllen abgelegt, sodass ihre üppigen Brüste mit jeder Tanzbewegung heftig mitschwangen. Überhaupt geizte auch das weibliche Servicepersonal, von dem es offenbar jede Menge gab, nicht gerade mit den weiblichen Reizen. Einige stöckelten mit High Heels, knappem Höschen und hauchdünner Bluse in die Nischen, andere trugen Minis in jeder Kürze. Häberle versuchte, einen gelangweilten Blick aufzusetzen und stellte fest, dass die männlichen Herrschaften allen Altersgruppen angehörten. Als ihm eine junge Frau das bestellte Pils über den Tresen schob und dafür acht Euro kassierte, zog Häberle einen Zwanzigeuroschein aus der Brusttasche und sagte: »Stimmt so, wenn ich Sie was fragen darf.«
Das gut gebaute Mädchen, das knapp 20 sein durfte, lächelte, umrundete die Tresenbegrenzung und kam mit einem provozierenden Lächeln auf ihn zu. »Ich bin die Nadine«, hauchte sie und lehnte sich dicht neben Häberle an den Tresen.
Als Kavalier alter Schule stand er auf und gab sich charmant: »Man nennt mich August«, antwortete er, worauf das Mädchen ein Grinsen nicht unterdrücken konnte.
»Einen August hab ich noch nie gehabt«, sagte sie und befeuchtete sich die Lippen. »Kann aber sicher ganz lustig sein.« Schneller als er gedacht hatte, kam sie zur Sache: »Kommst du mit? Du kannst dein Bier mitnehmen.« Sie deutete in jenen Bereich des Raumes, der sich im Dunkeln verlor.
Häberle erwiderte nichts, nahm sein Glas und folgte der Frau in die schummerigen Bereiche, wo sich im Restlicht mehrere Türen abzeichneten. Nadine führte ihren Gast in einen dick mit Teppichen ausgelegten Flur, der ihn an ein Hotel erinnerte. Nach zehn Schritten öffnete sie eine Tür auf der linken Seite und bat ihren Gast in das Zimmer, das in einen rötlichen Lichtschein getaucht war.
»Schön, nicht wahr?«, meinte sie stolz und deutete auf ein rundes, ganz in Orange gehaltenes, ordentlich gemachtes Bett. Dicke Vorhänge waren zugezogen, eine Schrankwand verlieh dem Raum den Charme eines Wohnzimmers. »Setz dich«, forderte sie Häberle auf.
Sie ließen sich auf zwei weichen Sesseln nieder, die an einem kleinen Glastisch standen. Der Kriminalist stellte sein Pilsglas ab und überlegte, wie er auf sein tatsächliches Anliegen zu sprechen kommen konnte. Nadine streckte ihm die langen Beine entgegen und beugte sich vor, sodass ihre Oberweite im dünnen Oberteil besonders aufreizend zur Geltung kam.
»250 Euro«, flüsterte sie. »Für alles, was du willst.«
Häberle musterte sie und musste sich eingestehen, dass es ein Moment war, wo es ihm schwer fiel, konsequent zu bleiben. Aber der Gedanke an 250 Euro, was immerhin 500 D-Mark waren, ein halber Tausender also, ließ seine erotischen Gefühle wieder abkühlen. »Nadine«, sagte er deshalb ruhig, »ich will Sie nicht enttäuschen, aber ich bin wirklich nur gekommen, um Sie etwas zu fragen.«
Sie wurde misstrauisch und klemmte die Knie züchtig
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