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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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untergebracht, aber als amtlich bestellter Betreuer müssen gelegentlich einige Formalitäten erledigt werden.« Wieder lächelte er. »Aber was dies anbelangt, lässt sich das lückenlos nachvollziehen, falls es notwendig werden sollte.«
    »Ist nicht nötig, danke. Sie waren allein unterwegs?«
    »Ja, das hat sich nicht auf die Pfingstferien vorverlegen lassen, leider. Eine Vertragsgeschichte. Aber es macht auch mal Spaß, allein unterwegs zu sein – mit dem Wohnmobil, müssen Sie wissen. Ich mach das gelegentlich. Urlaub von der Familie, wenn Sie so wollen.«
    »Auf Campingplätzen, denk ich.«
    »Ja, natürlich. Diesmal war’s Pirna, kann ich nur empfehlen. Ein sehr schöner, gepflegter Platz, tolle sanitäre Anlagen. Sauber, absolut sauber. Ganz im Gegensatz zu den Schmuddelplätzen, die man heutzutage immer noch antrifft. Schmuddelplätze und Abzocke. Da kommen die Camper mit 60.000-Euro-Kisten daherkutschiert und sollen, überspitzt gesagt, mit einem Donnerbalken zufrieden sein. Eine Zumutung, kann ich Ihnen sagen.«
    »Was bezahlt man heutzutage auf so einem Superplatz?«
    »In Pirna waren es 16 Euro, inklusive Strom. Pro Tag.«
    »Wie lange waren Sie denn dort?«
    »Vier Nächte«, erwiderte Wollek. »Von Donnerstag auf Freitag, auf Samstag, auf Sonntag, auf Montag – ja, vier. Ich wollte ein paar Tage Ruhe haben und an der Elbe entlang spazieren. Noch besser wäre eine Radtour gewesen, aber dazu war’s ein bisschen zu windig.«
    »Sie haben ein Rad dabeigehabt?«
    »Nein, aber das können Sie dort für einen Tag mieten, wäre kein Problem gewesen.«
    »Sie sind sicher inzwischen darüber informiert, dass das Albwerk erpresst wird?«
    »Herr Bodling hat das gesagt, ja. Bis heut Nacht hat dies wohl keiner der Herren so richtig ernst genommen.«
    »Keiner der Herren?«
    »Herr Bodling und Herr Feucht, meine ich damit. Aber hätt ich’s gewusst, hätt ich’s auch nicht ernst genommen. Was glauben Sie, wie viele Drohungen diese Großkonzerne täglich kriegen! Wenn Sie da jedes Mal zur Polizei rennen würden, kämen Sie aus der Ermittlungsarbeit nicht mehr raus. Irre gibt es mehr als genug, Herr Linkohr, aber das brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen.«
    Nein, dachte Linkohr – und dabei zählte sein Berufsleben noch keine zehn Jahre. »Es gibt nichts, was es nicht gibt«, zitierte er Häberle. Und eine Kirchenfrau hatte einmal gesagt, genau so, wie es das Gute im Menschen gebe, so gehöre auch das abgrundtief Böse dazu. Es sei Aufgabe der Menschen selbst, sich dagegen zu wehren. Doch der Staat, so blitzte in Linkohr ein Gedanke auf, versagte mit seiner unendlichen Liberalität gerade in diesem Bereich. War mal wieder eine schreckliche Tat geschehen, die ganz Deutschland aufrüttelte, dann standen die Politiker scheinheilig vor den Kameras und versicherten, dass man Konsequenzen ziehen werde. Bevor aber solche auch nur ansatzweise erwähnt wurden, hatte sich die Horde der Effekthascher, worunter auch die Medien zu zählen waren, schon Aufregenderem zugewandt.
    »Aber jetzt hat der Erpresser Taten folgen lassen«, meinte Linkohr in Bezug auf den Anschlag auf das Umspannwerk vergangene Nacht.
    »Er hat damit zumindest Aufsehen erregt. Der reine Sachschaden ist vergleichsweise gering, würde ich mal sagen. Bis heut Abend dürfte das meiste davon behoben sein.«
    »Und wer oder was könnte dahinterstecken?«
    »Irgendeiner dieser Aufrührer, wie wir sagen. Aus den Reihen der Verweigerer. Es gab vor einigen Monaten einige Protestler, die nicht mehr bereit waren, die Stromkosten zu zahlen. Nicht, weil sie kein Geld gehabt hätten, sondern aus Protest gegen die angeblich überhöhten Strompreise. Analog dazu hat’s das bei den Gasversorgern gegeben. Aber vor Gericht hat dieser Protest natürlich nicht standgehalten. Wir haben das auch ziemlich gelassen hingenommen«, zeigte sich Wollek zufrieden. »Wir haben Mahnungen geschickt und dann mit dem Abklemmen der Versorgungsleitung gedroht. Das hat in den meisten Fällen geholfen. Allerdings, das dürfen Sie mir glauben, sind wir nicht mit brachialer Gewalt gegen diese Nichtzahler vorgegangen, sondern haben sogar in einigen Fällen den Winter vorbeigehen lassen, damit die Leute nicht im Kalten oder im Dunkeln sitzen mussten.«
    »Noch eine letzte Frage, dann lasse ich Sie auch schon wieder in Ruhe«, kam Linkohr zum Schluss und benutzte dabei Formulierungen, die er viele Male von Häberle gehört hatte. »Gibt es eigentlich innerhalb des Betriebs Spannungen, ich

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