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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Weile durchhalten, aber irgendwann sucht man sich einen sicheren Job.«
    »Und der ist beim Albwerk sicher, der Job?«
    »Das Albwerk, Herr Linkohr, ist eines der gesündesten Unternehmen dieser Branche – und dies ohne hohe Strompreise. Es ist genossenschaftlich strukturiert, wenn Sie wissen, was dies bedeutet. Allerdings …« Er legte seine Stirn in Falten. »Ja, allerdings hat auch uns die globale Krise gebeutelt. Die Stromabgabe ist im ersten Quartal dieses Jahres geradezu dramatisch eingebrochen. Wie sich dies auf den Geschäftsverlauf auswirken wird, bleibt abzuwarten.«
    Linkohr nickte. Die Strukturen in der Strombranche hatte er sich gestern von Kollegen der Sonderkommission erläutern lassen.
    Wollek fuhr fort: »Ein ehemaliger Hochschulprofessor, um genauer zu sein: Der Rektor der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, war noch bis letztes Jahr der Aufsichtsratsvorsitzende hier, ein Guru sozusagen, was das Genossenschaftswesen anbelangt.«
    Auch darüber war Linkohr bereits unterrichtet. Dr. Eduard Mändle war gemeint, der zwar bei der letztjährigen Hauptversammlung altershalber aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden war, aber gewiss weiterhin als Grand Senior im Hintergrund wirkte. So hatten es die Kollegen der Sonderkommission jedenfalls geschildert.
    »Darf ich fragen, wo Sie vorher tätig waren?«, erkundigte sich der junge Kriminalist vorsichtig und besah sich beiläufig die Glasvitrine, die ihm gegenüber an der hell-bräunlich gestrichenen Wand stand. Sie enthielt, soweit er es von seinem Platz aus überblicken konnte, Bergkristalle und verschiedenfarbige Steine. Einige sahen aus, als seien sie vulkanischen Ursprungs. Auf Lanzarote hatte er einmal so etwas gesehen.
    »In diesem Job kommen Sie viel rum in der Welt«, erwiderte Wollek, als habe er Linkohrs Gedanken erraten. »Möchten Sie etwas zu trinken?«
    »Danke, nein«, wehrte Linkohr ab. Er wollte das Gespräch nicht unterbrechen und nicht unnötig in die Länge ziehen.
    »Wo waren wir stehengeblieben?«, Wollek lächelte. »Ach ja, der Job. Wenn man’s zu was bringen will, ist das wie in jedem Job. Man muss raus und den Mut haben, immer mal wieder Neues zu beginnen. Früher war das so: Man war angesehen, wenn man ein Berufsleben lang dem gleichen Arbeitgeber die Treue gehalten hat, kriegte Urkunden und einen warmen Händedruck. Doch wenn Sie heute mit 40 oder 45 was anderes suchen und nur sagen können, dass Sie seit 15, 20 Jahren in ein und demselben Betrieb waren, dann wird jeder Personalchef müde lächeln und Sie fragen, wo Sie überhaupt Erfahrung gesammelt hätten. Sie haben zwar treu und brav geschafft, um es mal salopp zu sagen, aber letztlich sind Sie der Depp.«
    Linkohr nickte. Wollek sprach fast wie Häberle. Fehlte bloß noch, dass er gegen die allgegenwärtigen Schwätzer wetterte. Aber dies, da war sich der Jungkriminalist sicher, würde Wollek nicht tun, denn schließlich hatte dieser sich bestimmt längst in die Etagen der Wichtigtuer und Schwätzer hochgehangelt, vermutlich unter Einsatz der Ellbogen.
    »Sie waren also bei verschiedenen Energieunternehmen?«, blieb Linkohr hartnäckig, ohne aufdringlich zu wirken.
    »E.ON, Vattenfall, EnBW – klar«, zählte er stolz auf. »Zuletzt bei Estromag, auch einer der ganz Großen, der europaweit die erste Geige spielen will.«
    »Und Sie selbst kommen aus dem Norden?«
    »Ich bin praktisch in Bremen aufgewachsen. Gewohnt hab ich dort nur bis zum Ende meines Studiums, danach ging’s mit den berufsbedingten Umzügen los.«
    »Ihre Frau ist aber aus der hiesigen Gegend?«
    »Aus Gundremmingen.« Er lächelte. »Jetzt macht’s bei Ihnen klick, was? Kernkraftwerk Gundremmingen. Sie war dort Sekretärin, als ich auch dort war. Wie’s dann halt so kommt …«
    Gundremmingen, das wusste Linkohr aus einem der zurückliegenden Fälle, lag am Rande des Donaurieds, direkt an der Donau.
    »Jetzt waren Sie ein paar Tage verreist«, stellte Linkohr fest und hoffte, dass Wollek weiterhin so kooperativ blieb, wenn die indirekte Frage nach einem Alibi kam. Aber daran führte kein Weg vorbei. Ein Persönlichkeitsbild war bei den Ermittlungen nur vollständig, wenn es auch Rückschlüsse darauf zuließ, wo sich der Befragte zum Zeitpunkt der Tat aufgehalten hat.
    »Ich war in Pirna«, entgegnete Wollek weiterhin ruhig. »Ich betreue mehr oder weniger eine weit entfernte Verwandte – man sagt halt Tante dazu –, 91 Jahre alt, völlig dement. Sie ist in einem Pflegeheim

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