Kuscheltier-Grauen
schon weg?«
»Seit einer Woche.«
»Und wohin?«
Kitty hob die Schultern. »Das hat sie leider nicht genau gesagt. Jedenfalls aufs Land.«
Ich drehte das Glas halb gekippt auf der Platte. »Wenn jemand ein Lokal aufgibt, muß er einen Grund gehabt haben. Welchen Grund hatte Ihre ehemalige Chefin?«
»Sie konnte nicht mehr.«
»Es war ihr zuviel?«
»Richtig. Sie war völlig überreizt, überdreht, mit den Nerven so ziemlich am Ende. Wir hatten schon Angst um sie und hätten sie fast in ein bestimmtes Hospital eingewiesen. Für sie gab es nur eines. Die Flucht aus dieser Gegend.«
»In die Ruhe?«
»Ob es tatsächlich so ruhig gewesen ist, kann ich nicht sagen. Ich glaube es nicht.«
»Dann wissen Sie mehr?«
Kittys Lächeln blieb. Gleichzeitig keimte Mißtrauen in ihren Blicken auf.
»Weshalb wollen Sie das wissen, Sir?«
»Ich interessiere mich für Meg.«
»Was wollen Sie von ihr?«
Jetzt lächelte ich. »Nicht das, was Sie vielleicht denken. Es geht um berufliche Gründe. Ich bin Polizist.« Bevor sie etwas sagen konnte, fragte ich: »Schlimm?«
»Nein, oder ich meine…« Jetzt war Kitty durcheinander. Etwas hektisch und verlegen strich sie durch ihr Haar.
Ich zeigte ihr meine Legitimation.
»Sogar vom Yard«, staunte sie.
»So ist es.«
»Was hat Meg denn mit der Polizei zu tun?«
»Ich wollte ihr einige Fragen stellen. Es ist schade, daß ich sie nicht hier finden kann und Sie nicht wissen, wo sie…«
»Im Prinzip weiß ich es schon.« Kitty wand sich. »Ich muß ja ihre Adresse wegen der Rückfragen haben. Sie ist tatsächlich aufs Land gefahren, und zwar zu ihrem Sohn und ihrer Mutter. Die leben relativ einsam, in einem alten Haus am See, das Meg geerbt hat.«
»Ihr Sohn auch?«
»Sicher.« Kitty nickte. »Ernie ist vierzehn. Ein hochbegabtes Kind, ein Überflieger, sagt man.«
Ich verzog die Mundwinkel. »War er in allen Fächern in der Schule spitze?«
»Das kaum, aber er kannte sich mit anderen Dingen aus.«
»Welchen denn?«
»Nun ja, ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Sie kennen oder haben von Gebieten gehört, die mit dem Verstand nicht zu begreifen sind. Metaphysik.«
Ich schabte über meinen Kopf. »Ja, das gibt es wohl. Hellsehen oder so?«
Kitty winkte ab. »Sie als Polizist werden daran wohl kaum glauben. Nehmen Sie das nicht für bare Münze, was ich Ihnen jetzt sage, aber man erzählt sich, daß Ernie Kontakt zum Jenseits hat.«
Meine nächste Frage stellte ich staunend und flüsternd. »Kann er mit den Toten sprechen?«
Kitty lachte laut. »Das wohl nicht gerade, aber er soll etwas verändern können.«
Ich trank noch einen Schluck. »Das verstehe ich nicht.«
»Mir fällt es auch schwer. Einfach Dinge bewegen, ohne daß man sie dabei anfaßt.«
»Telekinese.«
»Ja!« Kitty klatschte. »Das ist der Ausdruck. Er fiel mir nur nicht im Moment ein.«
»Haben Sie das schon bei ihm erlebt?«
»Moment«, sagte sie. Es waren neue Gäste gekommen, um die sie sich kümmern mußte.
Was Kitty mir erzählt hatte, fand ich sehr interessant. Dieser vierzehnjährige Junge schien wirklich über außergewöhnliche Fähigkeiten zu verfügen. Daß es die Telepathie oder Telekinese tatsächlich gab, darüber wußte ich Bescheid. Ich brauchte nur an Myxin zu denken, der die außergewöhnlichen Fähigkeiten nahezu perfekt beherrschte.
Kitty stand am Zapfhahn und lächelte mir zu. Drei hohe Gläser mußte sie mit Guinness füllen und an einen Tisch bringen, wo die neuen Gäste saßen.
Als sie zurückkam, brannte bei mir eine Zigarette. Das Glas war leer.
»Darf ich Ihnen noch einen Whisky geben?«
»Nein, um Himmels willen. Ich nehme einen starken Kaffee.«
»Gut.«
Die braune Brühe zischte aus der Maschine. Ich probierte ihn. Er war verflixt heiß. »Haben Sie es eigentlich schon einmal erlebt, wenn dieser Junge aus sich herauskam?«
Kitty runzelte die Stirn. »Ja und nein. Einmal klirrten hier die Gläser.«
»Wie bitte?«
»Ja, sie zersprangen. Durch ihn, wissen Sie? Er hatte Streit mit seiner Mutter bekommen und schien sehr erregt zu sein. Da drehte er dann durch und räumte das Regal ab. Wir haben dagestanden, zugeschaut und nur die Köpfe geschüttelt.«
»Dann scheint er ein seltsamer Zeitgenosse zu sein.«
»Das können Sie mal laut sagen.« Kitty beugte sich vor, weil sie flüstern wollte. »Und im Vertrauen gesagt, Sir, ist der Junge trotz seiner Überbegabung irgendwie nicht richtig im Kopf. Ich sagte Ihnen doch, daß er vierzehn ist —
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