Kuss der Ewigkeit
die Lippen und schluckte die klebrige Flüssigkeit. Sofort fühlte meine Kehle sich besser an, mein Magen beruhigte sich, mein Körper spürte Linderung, als wäre ein Schluck wie ein ganzes Mahl nach mehreren Tagen des Fastens. Ich trank einen weiteren Schluck. Dieser Geschmack … metallisch. Und der Geruch. Nein, warum sollte sie …
Ich starrte den Inhalt der Tasse an.
» In dem Zeug ist Blut drin.«
» Da ist nicht Blut drin. Das ist Blut. Mama Neda würde es nie verdünnen, nicht einmal für verrückte kleine Küken, die man auf ihrer Türschwelle ausgesetzt hat.« Sie lächelte. » Natürlich ist es nicht das beste, das zu kriegen war, auf so kurze Zeit, du verstehst. Aber eine streunende Katze wird genügen, um deine Kehle in Ordnung zu bringen.«
Die Tasse fiel mir aus der Hand, und Blut spritzte überall hin. Entsetzt starrte ich sie an. Eine Katze? Ich hatte mehr als die Hälfte meines Lebens als Katze verbracht. Das machte mich zu einer Kannibalin. Der Magen drehte sich mir um. Ich hustete und würgte, doch nicht einmal Magensaft kam hoch. Mama Neda setzte sich im Schneidersitz auf die Matratze und beobachtete mich. Ich glaubte, sie ein- oder zweimal lachen zu hören.
» Geht es ihr gut?«
Beim Klang der neuen Stimme wirbelte ich herum, doch die Kette war nicht lang genug, und mein eigener Schwung riss mich von den Beinen. Ich landete in dem verschütteten Blut und schrie. Rückwärts kroch ich davon und gelangte auf die Matratze und zu nahe an Mama Neda. Sie streckte eine spindeldürre Hand aus und strich mir über den Kopf. Ich zuckte zurück, und sie lachte erneut.
» Was ist passiert?«, fragte die Stimme.
Fauchend zeigte ich meinen Unmut, während ich beobachtete, wie der Fremde durch den Raum glitt. Seine Körpergröße war nicht beeindruckend; er war nur etwa einen Kopf größer als ich und schien in seinem Hemd und den kakifarbenen Hosen keine sonderliche Gefahr darzustellen. Auf seiner Nase saß eine Nickelbrille. Mit dieser Aufmachung hätte er wie ein streberhafter Bibliothekar oder Professor aussehen sollen, doch kein typischer Streber trug einen solchen Ausdruck der Arroganz auf einem Gesicht, das wie von einem Bildhauermeister der Renaissance gemeißelt wirkte.
Er hielt inne und musterte mich eindringlich. » Geht es ihr gut?«
» Wurde auch Zeit, dass du dich zu uns gesellst, Eremit. Mama Neda war ziemlich besorgt, dass du sie im Stich lässt.«
Sie streckte die Hand aus und strich mir erneut übers Haar. » Körperlich geht es diesem kleinen Küken hier gut. Sie hat sich vollständig verwandelt. Geistig dagegen…« Sie zuckte mit den Schultern.
» Lassen Sie mich gehen«, sagte ich, selbst überrascht darüber, wie bestimmt ich klang.
Sie wechselten Blicke, dann wandten sie sich wieder mir zu, um mich zu mustern. Mama Nedas Augen hatten sogar einen Funken geistiger Gesundheit in sich. Der Mann, den sie Eremit nannte, trat einen Schritt näher, und ich wich so weit zurück, wie die Kette es erlaubte.
» Hab keine Angst. Ich will dir kein Leid zufügen.«
» Haben Sie mich deshalb am Boden festgekettet? Um Ihre guten Absichten zu demonstrieren?« Ich konnte mir die Worte nicht verkneifen, obwohl ich wusste, dass es nicht klug war, die Leute gegen sich aufzubringen, die einen gefangen hielten.
Er runzelte die Stirn. » Ich bin Nathanial. Du bist Kita, richtig?«
Woher kannte er meinen Namen? Er war kein Jäger. Ich schenkte ihm ein knappes Nicken, und er lächelte. Steckte er mit einem Jäger unter einer Decke? Während ich immer wieder das Bewusstsein verloren hatte, hatte ich geglaubt, einen Kampf zu hören, doch Nathanial sah nicht wie jemand aus, der gegen einen ernst zu nehmenden Gegner kämpfen würde oder das überhaupt könnte. Unter seiner akkurat gebügelten Kleidung wirkte er ziemlich feingliedrig, wenngleich auch immer noch männlich. Vielleicht war er gar nicht der Fremde von der Straße? Ich hätte erwartet, mich an das schwarze Haar zu erinnern, das er im Nacken zusammengebunden trug– ein Mann mit Haaren bis zur Taille war ungewöhnlich. Doch die Augen waren dieselben, von einem eigentümlichen glasklaren Grau, obwohl sie nicht so kalt waren, wie ich sie in Erinnerung hatte.
» Was wollen Sie von mir?«, fragte ich, und sein Lächeln schwand.
Er sah auf die Tüten in seiner Hand hinunter. » Ich habe dir Kleidung gebracht.« Er schob mir eine Tüte hin, doch ich starrte ihn nur weiter an. Ich hatte vergessen, dass ich immer noch ziemlich nackt war.
Mama
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