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Kuss der Ewigkeit

Kuss der Ewigkeit

Titel: Kuss der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Price
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verbergen? Alles, woran ich mich erinnern konnte, waren diese kalten Augen. Er hatte nicht gerochen wie ein Gestaltwandler, doch wo sollte ich sonst sein, als eingesperrt in der Zelle eines Schutzhauses eines Jägers, bis sich das Tor wieder öffnete und sie mich zurück nach Firth schleppten?
    Der Riegel der Tür klapperte. Ich sank zurück auf die Matratze und tat so, als wäre ich bewusstlos.
    » Auf, auf, kleines Küken! Die Sonne ist untergegangen, Zeit, lebendig auszusehen«, ertönte eine Stimme an meinem Ohr, und ich machte die Augen auf. Ich hatte sie nicht kommen hören, doch über mich beugte sich die seltsamste alte Frau, die ich je gesehen hatte. Sie lächelte, als sie bemerkte, dass sie meine Aufmerksamkeit hatte, und ich zuckte zusammen. » Gut, gut«, sagte sie und richtete sich auf. » Und, wie fühlst du dich, Küken?«
    Ich antwortete nicht, während sie mir den Rücken zuwandte und ihr krauses weißes Haar zu etwas drehte, das man vielleicht als Knoten durchgehen lassen konnte.
    » Oh, schon gut, brauchst nicht zu antworten«, meinte sie mit einem Blick über ihre Schulter. » Das habe ich sowieso alles schon mal gehört. Du fühlst dich wie von einem Auto überfahren und über eine Woche lang begraben, ganz zu schweigen von dem Brennen in deiner Kehle.« Sie drehte sich um und lächelte wieder. Ihre Zähne waren von einem kränklichen Gelb, eingerahmt von blassen, blutleeren Lippen.
    Ich verzog das Gesicht, und sie lachte.
    » Was? Dachtest du etwa, du wärst das erste kleine verlorene Küken, das auf Mama Nedas Türschwelle zurückgelassen wurde? Es ist immer dieselbe Geschichte. Die Dinge werden zu heiß, und jemand verliert die Kontrolle, und eh man sich versieht, rufen sie Mama Neda, um das Problem wieder in Ordnung zu bringen. Ruft sie irgendjemand, wenn es kein Problem gibt? Neeein, natürlich nicht! Lasst die verrückte alte Vogelscheuche doch ihre Zeit vertändeln, es sei denn, jemand braucht sie.« Sie hielt inne, dann fügte sie hinzu: » Allerdings hätte ich nie gedacht, dass es der Eremit sein würde, der mich ruft. Bist du etwas Besonderes, Küken?«
    Ihre Worte hämmerten in meinen Ohren, als brülle sie in ein Megafon. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken. Wer war diese alte Frau? Sie roch nicht wie eine Jägerin– nicht dass die Ältesten es zugelassen hätten, dass eine Frau, noch dazu so eine alte Frau, Firth verließ. Was war mit dem Fremden auf der Straße geschehen? Hatte er mich hierhergebracht oder dem Jäger überlassen? Keine dieser beiden Möglichkeiten erklärte die Anwesenheit der alten Frau oder gab einen Hinweis darauf, wovon sie sprach.
    Meine Stimme war ein leeres Krächzen, als ich versuchte zu sprechen, doch schließlich fragte ich: » Wer ist Mama Neda?«
    » Na, ich natürlich!« Erneut beugte sie sich über mich. Weiße Flecken leuchteten in den Winkeln ihrer dunklen Augen auf; entweder waren ihre Pupillen extrem geweitet oder ihre Iris war schwarz. » Vielleicht nicht gerade das cleverste Küken im Hühnerstall, was? Ich hatte immer gedacht, Verstand sei Voraussetzung, aber ich schätze, du hast ein hübsches Gesicht, und das genügt den meisten.« Sie zog an einer Strähne meines Haars. » Hätte aber gewartet, bis diese Farbe rausgewachsen ist. Wahrscheinlich gefallen dir Strähnchen für eine Weile, aber für die Ewigkeit werden sie dich verrückt machen.« Sie kam noch näher. Ich erwartete, dass fürchterlicher Atem aus diesem abscheulichen Mund wehen würde, doch die Luft um mich herum bewegte sich nicht. » Bist nicht besonders gesprächig, was, Küken?«
    Ich war nicht der Ansicht, dass das eine Antwort verdiente.
    » Oh, du meine Güte! Die Kehle des Kükens! Es wird noch heißen, Mama Neda habe ihre Aufgabe vergessen.« Sie huschte davon. Bevor sie jedoch die Tür erreichte, hielt sie noch einmal inne und musterte mich nachdenklich. » Bleib einen Augenblick hier. Mama Neda wird sich schon um deine Kehle kümmern. Du wirst gleich besser als neu sein, Küken.«
    Da sie mir die Kette nicht abgenommen hatte, blieb ich, wo ich war. Was hätte ich auch sonst tun können? Die alte Frau hatte erwähnt, dass sie von einem Eremiten gerufen worden war. Dem Mann von letzter Nacht? Aber wenn er kein Jäger war, warum sollte er mich dann in diese Gefängniszelle bringen?
    Mama Neda war verrückt, daran bestand kein Zweifel, aber wenn sie mein einziger Gefängniswärter war, konnte er nicht erwarten, mich hierzubehalten. Die Kette wäre kaum ein Problem, wenn

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