Kuss der Ewigkeit
seiner Brust, fest an sich.
» Lass mich los!«
» Kita, du musst dich beruhigen.« Seine Lippen streiften mein Ohr, und ein Schauer durchlief mich. Ich sackte in seinen Armen zusammen, in der Hoffnung, dass die Schwerkraft mein Freund wäre. Er setzte sich, und ich fand mich immer noch in seiner Umarmung gefangen, aber nun auch noch auf seinem Schoß wieder. » Kita, hör mir zu! Du musst dich beruhigen. Sonst verletzt du dich noch.«
Die Stellung war zu intim, die Worte zu sanft und freundlich für jemanden, den ich nicht kannte, und der mir bisher herzlich wenig Grund gegeben hatte, ihm zu vertrauen. Also trat und schlug ich um mich, doch er hielt mich unerschütterlich fest.
» Lass mich los!«
» Ich wollte nicht, dass es so kommt. Bitte beruhige dich!«
Ich wehrte mich weiter, strampelte, doch er zog mich enger an seine Brust.
» Es gab einen Unfall«, sagte er, ohne im Geringsten angestrengt zu klingen. » Ich wollte dir kein Leid zufügen.«
Ich wurde ruhig. » Also gut, Eremit. Was willst du…«
» Nenn mich doch bitte Nathanial.«
Ich biss die Zähne zusammen. » Na schön, Nathanial. Was willst du?«
» Dass mein Fehler dich nicht das Leben kostet.«
» Wie überaus edel von dir, und ich nehme an, dass du mir gleich sagen wirst, was ich tun muss, um am Leben zu bleiben.«
» Ich will dir nicht drohen, Kita. Ehrlich, ich mache mir Sorgen um dich. Ich möchte, dass wir Freunde sind, in Ordnung?«
Das Lachen, das mir über die Lippen schlüpfte, war kein fröhliches Geräusch. Die Erinnerung an seine Stimme, die überrascht flüsterte, dass ich nicht menschlich wäre, hallte in meinem Kopf wider. Hielt er mich für etwas, das er in einem Käfig halten konnte? Das er zähmen konnte?
» Schließt du Freundschaften immer so, indem du Leute als Geisel nimmst und sie in einen Keller zu einer verrückten Alten sperrst, die sie zwingt, Blut zu trinken?«
» Ich habe dich dort auf der Straße gerettet. Die meisten Leute würden das zu schätzen wissen. Und was das Übrige betrifft, Mama Neda hat dir geholfen. Sie hat dir das Leben gerettet, und du bist hier unten zu deinem eigenen Schutz.«
» Erwartest du dafür etwa ein › Dankeschön‹? Vergiss es! Ich brauche keinen Schutz von irgendjemandem, ganz besonders nicht, wenn es bedeutet, mich zu einer Gefangenen zu machen.«
» Du verstehst nicht.« Er ließ meine Handgelenke so schnell los, dass es einen Augenblick dauerte, bis mir klar wurde, dass ich frei war.
Ich sprang auf und wirbelte herum, um ihm ins Gesicht zu sehen. Dadurch stand ich zwar wieder mit dem Rücken zur Wand, doch Stehen war besser als diese verstörende Intimität auf seinem Schoß. Sein Gesicht sah müder aus, als seine Stimme klang, die grauen Augen waren an den Augenwinkeln leicht zusammengekniffen. Er streckte mir die Hand entgegen, und ich drückte mich fester an die Wand.
Nachdem er einen Herzschlag lang gezögert hatte, rollte er sich auf die Knie, und mir wurde klar, dass der ausgestreckte Arm nicht nach mir hatte greifen wollen; er streckte ihn aus, damit ich ihn genau untersuchen konnte. Ein einzelner dunkler Tropfen fiel ungehindert herab und landete als konturloser Fleck auf dem Betonfußboden. Fasziniert starrte ich ihn an, ohne zu verstehen, warum. Mein Blick glitt zu Nathanials Handgelenk, wo aus zwei dunklen Löchern träg Blut sickerte.
Druck baute sich an meinem Gaumen auf, und meine Lippen teilten sich, nicht länger in der Lage, über meinen Zähnen geschlossen zu bleiben. Langsam erhob sich Nathanial. Er ließ die andere Hand in mein Haar gleiten, umfasste meinen Hinterkopf und zog mich sanft nach vorn.
Ich konnte den Blick nicht von seinem Handgelenk losreißen.
Wie in einem Traum schlossen sich meine Lippen über den beiden kleinen Löchern und hießen den kupferartigen Geschmack auf meiner Zunge willkommen. Eigenartige Zähne, von denen ich wusste, dass ich sie vorhin noch nicht gehabt hatte, gruben sich in sein Fleisch, und er hielt den Atem an. Dann versank die Welt um mich. Die Zeit senkte sich schwer auf mich herab, und ich sah und fühlte Dinge, die unmöglich geschehen konnten. Es war falsch, völlig falsch, besonders, da es sich so richtig anfühlte.
Ich taumelte zurück. Nathanials Gesicht wirkte friedlich und deutlich benommen. Ich blickte auf sein Handgelenk hinunter, das nun vier kleine Löcher aufwies. Auf meiner Zunge schmeckte ich Blut. Ich fuhr mir mit der Hand an den Mund. Scharfe Fangzähne drückten sich in meine Handfläche.
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