Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung
Handtüchern, die auf wundersame Weise verschwunden waren. Verbandszeug hatte ich nicht. Nie besessen. Wozu auch? Tränen schossen mir aus den Augen, mein Herz krampfte sich zusammen.
„Was hast du getan?“, wimmerte ich, stand auf und rannte aus dem Bad in mein Schlafzimmer, um nach einem Schal oder Gürtel zu suchen, um ihm den Arm abzubinden. In dem Moment klingelte es an der Tür.
„Ich kann nicht. Ruft sofort einen Krankenwagen!“, schrie ich und rannte wieder ins Bad. Mit meinem Gürtel versuchte ich, den Arm abzubinden. Plötzlich gab es einen lauten Knall, und einen Augenblick später saß Adam neben mir. Er musste die Eingangstür eingetreten haben. Seine Iris leuchtete grün, aus seinen Händen wuchsen feine Härchen.
„Was ist hier los?“, schob er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Plötzlich regte sich Sam unter meinen Händen. Ich starrte blind vor Tränen zu ihm.
„Adam“, keuchte er, „tu es. Rette mich. Hilf mir.“ Adam kniff die Augen zusammen, ich konnte sehen, wie sich sein Gesicht langsam zu einer Schnauze verformte. Ich drückte ihn fort. Weg von Sam. Meinem Sam.
„Nein!“, schrie ich hysterisch. Adam zuckte zurück, die Härchen verschwanden.
„Er wird sterben, Anna.“ Traurig starrte ich ihn an. „Nicht, wenn ich den Arm weiter in die Höhe halte. Sam hat sich nicht tödlich verletzt. Wenn er Pech hat, wird er seine Hand nie mehr so bewegen können wie vorher, aber leben wird er.“
„Was soll die Show dann?“ Adam blickte mich verständnislos an.
„Er möchte gewandelt werden, Adam“, erklärte ich.
„Hört zu, Leute, ich bin nicht eure Wandlungsmaschine, okay?“
„Könnt ihr aufhören, über mich zu reden, als wäre ich nicht da?“, murmelte Sam schwach. Ich hielt den Arm weiter nach oben. „Sam, du hast da etwas ganz Dummes getan“, sagte ich.
„Anna! Was ist hier los?“, schrie Alexa, und als sie Sams abgebundenen Arm und das ganze Blut sah, wich sie zurück, den Mund geöffnet, zu geschockt, um etwas zu sagen.
„Der Krankenwagen ist gleich hier. Schätzungsweise fünf Minuten“, flüsterte sie tonlos, griff nach Adams Hand.
„Adam? Du musst ihn retten. Tu doch was“, flehte sie. Ich schüttelte den Kopf, streichelte Sams Stirn, Nase, Lippen. „Er wird nicht sterben, Alexa, und jetzt beruhige dich. Aber wir sollten uns etwas überlegen, was wir den Ärzten sagen, sonst behalten sie ihn nämlich da.“ Sam bewegte sich in der Badewanne. Er schien endlich zu begreifen, was er gemacht hatte, denn plötzlich wollte er aus der Wanne steigen.
„Okay. Es war ein Fehler. Wir müssen ihnen sagen, dass ich mich beim Kochen geschnitten habe.“
„Und dann in die Wanne gestiegen bist?“, sagte ich sarkastisch.
„Sagt lieber, ihr wolltet baden, die Weinflasche ist kaputt gegangen und du bist ausgerutscht und in die Scherben gefallen“, schlug Adam vor. Sam nickte.
„Helft ihr mir mal?“
„Da wir ja noch ein bisschen Zeit haben, Sam. Was sollte das?“ Ich war echt sauer. Sam stieg aus der Wanne, ich hielt den Arm weiter erhöht, was ziemlich schwierig war, denn Sam hatte zwar nicht viel Blut verloren, aber genug, um schwächer zu sein als normalerweise. Alexa zog den Stöpsel, und das Wasser wurde mit einem gurgelnden Geräusch in den Abfluss gesaugt.
„Mann, Anna. Frag doch nicht so doof. Er wollte verwandelt werden“, mischte sich Alexa ein.
„Das weiß ich auch, Alexa. Wir hatten allerdings eine Abmachung.“
„Die ich nicht gut heißen muss, oder, Anna?“ Ich stöhnte genervt.
„Ich dachte, wir hätten das geklärt“, antwortete ich. Sam ließ sich zur Couch bringen. Alexa zog ihm die Boxershorts nach oben.
In dem Moment trafen die Sanitäter ein und in der Küche brannte das Essen an.
Kapitel 48
Sommer 2013, Grüner See – Mühlheim am Main
«Wahre Liebe findet ihre Bestimmung»
Nachdem der Sommer eher ein Reinfall war, wollten wir den heutigen Tag genießen, schwänzten die Vorlesung, hatten uns eine Decke eingepackt, einen Picknickkorb zusammengestellt und waren auf dem Weg zum Grünen See. Sam hatte mir von ihm erzählt. Ich kannte dieses unglaubliche Refugium inmitten des Rhein-Main Gebietes nicht und bekam den Mund nicht mehr zu, als wir auf einer Brücke standen und auf einen völlig verwilderten riesigen See hinabblickten, aus dem hohe Felsen aufstiegen. Die Kulisse erinnerte mich an Herr der Ringe, und fasziniert lauschte ich den Geschichten von Sams Jugend, die er dort verbracht hatte. Wir spazierten
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