Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung
lautstark unterhielten. Bei näherem Hinschauen beobachtete sie, wie einer die Tür einen Spalt öffnete.
„Ich … ich muss mal pinkeln“, kam eine stotternde Stimme aus dem Inneren. Laut und deutlich konnte sie die missbilligende Stimme des einen Typen hören: „Dann pinkel doch“, sagte er abfällig und knallte die Tür wieder zu. Mandy lief ein Schauer über den Rücken. Sie wollte gar nicht wissen, was dort vor sich ging. Ihre Aufmerksamkeit galt Marcus, der in der Zwischenzeit seine Nase in die Luft gestreckt hatte.
„Da, ganz deutlich. Ein Pärchen. Im Auto. Keine zehn Kilometer von hier.“ Er blickte zu ihr. „Bereit?“ Mandy nickte. Sie wusste nicht so recht wofür, doch er hatte sie zumindest nicht angelogen, was die Kälte anging. Niemals zuvor hatte sie sich so gut gefühlt. Sie spürte zwar die Kälte des Windes, aber sie fror nicht. Wenn sie noch Zweifel gehabt hatte, was Marcus tatsächlich war, wurde dieser im nächsten Augenblick vernichtet. Denn Marcus wandelte sich. Nicht in einen Wolf, vielmehr in einen beängstigenden Mischling, der auf zwei Beinen auf sie zusteuerte. Sein Wolfskopf war lang und schmal und bestand praktisch nur aus Zähnen. Mandy leckte sich erregt die Lippe, als er ihr näher kam, denn er übte eine starke Faszination auf sie aus. Sein Oberkörper war behaart, nur unterhalb des Bauchnabels, dort, wo seine Männlichkeit groß und schwer nach unten baumelte, lichtete sich das Fell. Vom Knie abwärts glich er wieder einem Tier mit riesigen Pfoten. Sie wusste, sie sollte eigentlich Angst verspüren, aber sein Anblick gefiel ihr, als er erregend anmutig auf sie zuschritt. Die mächtigen Klauen bewegten sich, und als er vor ihr stand, pochte ihr Herz, vibrierte ihre Haut. Nein, sie hatte keine Angst. Was auch immer er mit ihr gemacht hatte, es hatte sie zu einem der seinen gemacht. Es war normal, es fühlte sich normal an, er war normal. Sie gehörte nun zu ihm. Sie hob die Hand, strich mit den Fingern über das Fell im Gesicht.
„Wow. Das … das ist ehrlich der Hammer.“ Mit den funkelnd grünen Augen blickte er sie an, es schien ihr, als würde er direkt in ihr Innerstes sehen. Schnell zog sie die Hand weg, räusperte sich.
„Und was jetzt? Kannst du reden in dieser Gestalt?“ Ein bisschen albern kam sie sich schon vor, und wenn sie sich vorstellte, dass sie eventuell einfach nur unter Drogen stünde und er sich vielleicht köstlich über sie amüsierte, musste sie lachen. Das Gelächter kam als Glucksen die Kehle hoch, dann tanzte es über ihren Kehlkopf und entwich schließlich laut perlend ihrem Mund. Tränen liefen ihr die Wangen hinab, und sie konnte sich nicht mehr bremsen. Wie ein Blitz war Marcus bei ihr, legte ihr die Pranke auf den Hals und drückte ihr die Kehle zu.
Halts Maul, sonst töte ich dich und suche mir eine neue Gefährtin.
Mandys Lachen erstarb augenblicklich, röchelnd sah sie ihn an, ihre Füße schwebten ein paar Zentimeter über dem Boden. Er hatte kein Wort laut gesprochen - die Botschaft war einfach in ihrem Kopf entstanden.
Ist das klar? Dann blinzele mich einmal an.
Mandy versuchte zu atmen, Panik überrollte sie und sie blinzelte einmal. Sofort ließ er sie los. Taumelnd stolperte sie rückwärts, rieb sich über den Hals, hustete und keuchte, sog erleichtert die Luft ein.
Wie funktionierte das jetzt eigentlich alles? Das Wandeln? Musste sie nur dran denken und schwupps, wäre sie ein Werwolf? Oder musste sie der Mond anleuchten? Nun wusste sie definitiv, dass dies kein Kindergarten war und sie Marcus nicht auslachen durfte. Entweder musste sie sich mit seinen Regeln vertraut machen und sich ihnen unterordnen oder schnellstens das Weite suchen.
„Was muss ich tun, Marcus, damit ich mich verwandele?“ Marcus schüttelte knurrend den Kopf, drehte sich um und lief direkt in den dichten Wald hinein. Mandy rannte ihm hinterher. Dies kam ihr immer unwirklicher vor. Zumal sie in der Dunkelheit viel besser sehen konnte und sie spürte … den Wald um sich herum. Die Gegenwart der Bäume, und wo sie sich zu einer Lichtung öffneten oder sich über einen Bachlauf neigten. Alles lief wie im Zeitraffer an ihr vorbei, so schnell war sie zu Fuß. Ein Glücksgefühl machte sich in ihr breit. Leichtfüßig folgte sie Marcus zwischen den dicht beieinanderstehenden Bäumen hindurch, sprang über dicke Äste oder ganze Baumstämme, als hätte sie niemals zuvor etwas anderes gemacht. Und plötzlich spürte sie, dass irgendetwas in ihr war.
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