Kuss des Apollo
Filmszene.«
»Dass du gekommen bist, hat also nichts mit Liebe zu tun?«
»Ich kann das Wort Liebe nicht mehr hören. Hat vielleicht mit deinem neuen Film zu tun. Da ist von Liebe auch nicht die Rede. Es gibt eine Prostituierte, eine unerwiderte Zuneigung und schließlich einen Mord. Möglicherweise hat mich das abgelenkt.«
Er hielt sie jetzt mit ausgestreckten Armen, sah sie aufmerksam an. Er konnte ihr Gesicht nicht genau sehen, es brannte nur die kleine Nachttischlampe, und sie stand mit dem Rücken in diese Richtung.
»Soll ich wieder gehen?«, fragte sie sanft.
»Nein, zum Teufel. Wenn du schon mal da bist.«
Sie lachte leise.
»Zum Teufel ist nicht gerade eine hinreißende Liebeserklärung. Und wenn du schon mal da bist, klingt auch nicht sehr beglückt. Gut, gut, ich bin schon still. Ich sage kein Wort mehr. Mit der kleinen Geri hattest du es leichter, denn sie hat immerhin …«
Weiter kam sie nicht, er verschloss ihr den Mund mit einem Kuss und drängte sie auf das Bett.
Nachtgedanken II
Es ist seltsam, vielleicht kann ich gar keine Liebe mehr empfinden. Als er mich verließ, habe ich viele Jahre gelitten. Habe mich geradezu in meinen Kummer verbissen. Und ich hatte nicht die geringste Lust auf einen Mann, Liebe hin oder her. Wie war das heute? Er hat mich umarmt, hat ein bisschen mit mir gespielt, dann kam er gleich zur Sache. Ich bilde mir ein, früher war er ein besserer Liebhaber. Aber mir fehlte ja die Vergleichsmöglichkeit. Die paar Erfahrungen, die man noch sammeln muss, wie er das nannte. Ich kam überhaupt nicht auf die Idee, dass es noch andere Männer auf der Welt geben könnte. Ich war unbeschreiblich dumm. Viele Erfahrungen habe ich nicht gemacht. Burckhardt, ja, das war etwas Neues, etwas Besonderes. Nein, das wirklich Besondere war es mit Frobenius. Und das ist vorbei.
Sebastian gelingt es nicht, dass ich diese beiden Nächte vergesse. Ich bin eingeschlafen in seinem Arm. Heute schlafe ich nicht. Er schläft, tief und fest. Die gute Luft, das gute Essen und als Nachtisch ich. Am liebsten würde ich jetzt lachen. Und noch lieber hätte ich jetzt einen Whisky. Aber es ist keiner im Haus. Und ausgehen kann ich auch nicht mehr, alle Kneipen sind zu. Das ist eine solide Gegend hier.
Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich an Alexander denke. Ihn habe ich abgewiesen. So richtig eigentlich auch nicht. Aber die Art, wie ich ihn behandelt habe, das hat ihn erschreckt. Sobald ich in Berlin bin, werde ich mit ihm schlafen.
Aber wenn er hier anruft! Vielleicht hat er schon angerufen. Er müsste sich ja mal erkundigen, wie es mir geht.
Morgen muss ich Frau Holm sagen … was denn? Ich kann ihr doch nicht vorschreiben, was sie sagen darf und was nicht. Ich weiß genau, was sie denkt. Erst Alexander, dann mein Regisseur. Sie kann ja nicht wissen, dass wir früher ein Liebespaar waren. Natürlich weiß sie es, wir haben ja davon gesprochen.
Ich will jetzt gehen. Raus aus seinem Bett. Aus seinem Zimmer. Morgen reisen wir ab. Reise ich ab.
Aus dem Kühlschrank hole ich mir noch einen Juvi, damit ich schlafen kann.
Du kannst zum Teufel gehen, Sebastian. Ich liebe dich nicht mehr. Vermutlich habe ich dich nie geliebt, ich habe mir das nur eingebildet, naiv, wie ich war.
Aber der Film!
Pygmalion. Das ist endlich wieder eine Rolle für mich. Ich erschieße diesen Higgins doch. Und der Zuhälter, der nicht will, dass die Polizei in sein Bordell kommt, schafft mich heimlich hinaus. Draußen wartet Burckhardt im Wagen, es war ihm nicht geheuer, was da mit mir passiert. Er bringt mich weg. Setzt mich in ein Flugzeug. Oder versteckt mich irgendwo. Sorgt für mich. Und Higgins ist nicht tot, nur verwundet. Oder …
Schluss jetzt! Ich rutsche ganz sacht aus dem Bett.
Hol mir den Schnaps. Ein paar Stunden möchte ich schlafen.
Familienleben
Am nächsten Morgen frühstückten sie alle drei zusammen. Frau Holm hatte Brötchen geholt, Geraldine war heiter und unbeschwert, und auf den mahnenden Blick von Frau Holm nahm sie sich ein zweites Brötchen.
»Wenn das so weitergeht, werde ich in keine Hose mehr passen«, sagte sie. Immerhin war Nelson bereit, immer wieder einen Bissen aus ihrer Hand zu nehmen.
»Das ist wie richtiges Familienleben«, sagte Sebastian.
»Geri und ich am Frühstückstisch, und eine Mutter, die sich um alles kümmert. So etwas habe ich nie erlebt.«
»Das haben wir genauso gemacht, als Alexander hier war. Und Jörg war auch noch dabei. Reichlich
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