Kuss des Apollo
Familienleben.«
»Vielleicht könntest du dich doch entschließen, mich zu heiraten«, sagte Sebastian mit ruhigem Ton.
»Das ist eine schwere Entscheidung. Außerdem müsstest du dann die Brötchen holen, das macht Papi immer. Es sei denn, du willst ein Dauergast im Hause Holm werden. Fragt sich nur, wie Frau Holm das gefällt. Geschweige denn, was Jana dazu sagt.« Sie blickte Frau Holm fragend an. »Oder weiß sie es schon?«
»Sie hat gestern angerufen, aber ich habe ihr erst mal verschwiegen, dass Besuch im Haus ist. Aber wenn ihr vorhabt zu heiraten, werde ich ihr das berichten.«
»Eilt ja nicht«, sagte Geraldine. Sie hatte jetzt die
Sylter Rundschau
auf den Tisch gelegt und studierte wie immer die vielen Familienanzeigen. Wer sich verlobt hatte, wer geheiratet hatte, wer ein Kind bekommen hatte, wie es heißen würde, und falls schon ein Brüderchen oder Schwesterchen da war, stand noch dabei, wie dieses erste Kind hieß.
Sie las auch heute verschiedene Anzeigen vor. Sie sagte: »Wenn ich jemals heirate, dann auf Sylt. Aber es würde hier keinen Menschen interessieren, weil man mich ja nicht kennt. Wenn Silke eines Tages heiratet, steht es bestimmt groß auf dieser Seite hier.«
Sie klopfte mit dem Finger auf das Blatt. »Und wenn Odysseus Großvater wird, dann steht es auch auf dieser Seite. Ich kenne ja den Mann, den Silke heiraten will. Sehr netter Junge.« Sie lächelte Sebastian zu und erklärte: »Silke ist eine alte Liebe von Alexander. Warum hat er sie nicht geheiratet, Frau Holm?«
»Das müssen Sie ihn fragen. Oder noch besser Silke. Alexander war ja immer nur für einige Wochen hier, dann reiste er wieder ab oder verschwand nach England.«
»Also verliebte sich Silke in einen anderen, ganz klar. Was macht der eigentlich?«
»Soviel ich weiß, arbeitet er in der Kurverwaltung in Westerland«, sagte Frau Holm.
»Na, das ist doch ein guter Job, da kann sie beruhigt ein paar Kinder kriegen. Armer Odysseus!«
Sebastian war verunsichert über die Art, wie sie die Nacht, die sie bei ihm gewesen war, einfach weggesteckt hatte. Er hatte wirklich nichts gemerkt, als sie sein Bett verließ. Er hätte gern gefragt, wann sie gegangen war. Doch das konnte er nur tun, wenn er mit ihr allein sein würde.
»Odysseus ist demnach der Vater von Silke«, sagte er, nur um überhaupt etwas zu sagen.
»Richtig.« Sie lachte. »Angenommen, Alexander käme jetzt und würde Silke wieder erobern, dann wäre Odysseus sein Schwiegervater. Das wäre ja fürchterlich.«
»Warum?«, fragte Sebastian verwirrt.
»Halt so. Warum kann ich nicht sagen.«
»Gehen wir wieder schwimmen?«, fragte Sebastian, um sie von diesem albernen Thema abzubringen.
»Nee, gehen wir nicht. Ist immer noch Ostwind, da gibt es immer noch Quallen. Wir spazieren heute mal nach Morsum. Oder, da du ja ein Auto hast, fahren wir und gehen dann auf dem Kliff spazieren. Und ein sehr gutes Restaurant gibt es da auch. Und heute Abend essen wir Aal mit Rührei. Ja, Frau Holm? Wäre Ihnen das recht? Ich bringe den Aal oder auch zwei von Uwe mit.«
»Sollten wir Frau Holm nicht mal zum Essen einladen?«, fragte Sebastian. »Du kannst doch nicht immerzu bestimmen, was geschieht.«
»Hast du auch wieder recht. Also der Aal ist ja fertig, die Rühreier mache ich, das kann ich einigermaßen. Und morgen gehen wir fein essen. Ja, Frau Holm? Sie müssen bloß sagen, wo sie am liebsten hingehen wollen, da bestelle ich heute schon den Tisch.«
An der Schranke zwischen Archsum und Keitum mussten sie halten, es dauerte eine Weile, und dann kam ein langer Autozug vorbeigeschaukelt.
»Schau dir das an«, sagte Geraldine. »Es kommen immer mehr Leute. Offenbar hat die halbe Welt jetzt Urlaub.«
»Möchtest du mir nicht einen Kuss geben?«, fragte Sebastian.
»Ja, gern«, sagte sie freundlich. »Wenn du gern möchtest. Aber du musst aufpassen, weil wir ja weiterfahren.«
»Nicht, so lange die Schranke unten ist.«
Er griff mit beiden Händen nach ihrem Gesicht, wandte es vor sein Gesicht, küsste sie.
»Liebst du mich eigentlich gar nicht mehr, Geri?«
»Jetzt fängst du schon wieder mit der Liebe an. Pass auf, der Zug rollt an. Wenn er durch ist, geht die Schranke hoch. Drüben stehen eine Menge Autos, und«, sie wandte sich um, »hinter uns natürlich auch.«
»Geri!«
»Ja, ich liebe dich. Soviel ich weiß, habe ich letzte Nacht bei dir geschlafen.«
»Es hat dir nichts bedeutet«, sagte er traurig.
»Wie kommst du darauf? Es war immerhin seit …
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