Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kuss des Feuers

Kuss des Feuers

Titel: Kuss des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
Vom Netzwerk:
versuchen, meine Erscheinung vor Ihnen zu verbergen.«
    Er sprach mit solchem Gleichmut, dass sie ihn nur erstaunt ansehen konnte. Eine Erinnerung flackerte auf, wie eine Flamme, die geschürt wurde. Es war das Bild eines anderen Mannes an einem anderen Ort. Eines Mannes, der sich auch im Schatten verbarg und dessen herrlicher, starker Körper sie noch Monate später in ihren Träumen verfolgt hatte, sodass sie sich nach Dingen sehnte, die sie damals noch nicht hatte benennen können … Dinge, die in mehr als einer kalten Nacht Hitze in ihr hatten aufsteigen lassen. Sie hatte sich für ihr Verlangen nach dem dunklen Fremden geschämt. Doch es konnte unmöglich Lord Archer gewesen sein. Die Stimme des Fremden war heiser und dünn gewesen und hatte nicht so voll und tief wie die des Lords geklungen.
    »Sehen Sie genau hin, Miss Ellis!« Der Spazierstock knallte auf den Boden, und sie zuckte zusammen. »Wollen Sie immer noch?«, fragte er wieder ruhiger.
    Sie kam näher, und der Mann erstarrte. »Wer sind Sie? So eine Art Schauspieler?« Wut loderte in ihr auf. »Ist das ein Scherz, den mein Vater ausgeheckt hat, um mich zu quälen; denn ich will Ihnen sagen …«
    »Ich bin Lord Benjamin Archer«, erklärte er mit so viel Schärfe, dass sie stockte. Die Augen hinter seiner Maske funkelten. »Und das hier ist kein Scherz, den ich Ihnen spiele.« Seine Hand umklammerte den Spazierstock fester. »Obwohl es Tage gibt, da wünschte ich mir, alles wäre ein Scherz.«
    »Warum tragen Sie diese Maske?«
    »Und das fragt ausgerechnet die Frau, deren Schönheit auch eine Maske sein könnte.«
    »Wie bitte?«
    Die unbewegliche schwarze Maske starrte nur ungerührt zurück und schwebte wie ein Bild, das nicht da hingehörte, über breiten Schultern.
    »Was ist denn schon Schönheit oder Hässlichkeit anderes als bloß eine Fassade, die einen Mann eher Vermutungen anstellen lässt, denn tiefer zu blicken. Schauen Sie sich doch an.« Er deutete mit der Hand auf ihr Gesicht. »Eine Schönheit mit völlig makellosen, ebenmäßigen Zügen. Ein Antlitz wie Ihres habe ich schon gesehen, Miss. Michelangelo formte es vor 300 Jahren aus kaltem Marmor und schuf mit seinen göttlichen Händen ein Kunstwerk, das von den Menschen bewundert werden würde.« Er trat einen Schritt näher. »Sagen Sie mir eins, Miss Ellis, setzen Sie diese Schönheit nicht als Schild ein, um alle Welt auf Distanz zu halten, damit keiner weiß, wie Sie wirklich sind?«
    »Mistkerl«, stieß sie hervor, als sie ihre Stimme endlich wiedergefunden hatte. Sie war ein- oder zweimal in ihrem Leben geschlagen worden, man hatte sie gezwungen zu lügen und zu stehlen, aber niemand war ihr je so nahegetreten.
    »Ja, das bin ich auch. Besser, Sie erfahren es gleich.«
    Sie griff nach ihrer Schleppe, doch der glatte, schwere Stoff entglitt ihren Fingern. »Ich bin aus freien Stücken hergekommen, doch gemeine Bemerkungen auf meine Kosten lasse ich mir nicht gefallen«, erklärte sie, als es ihr schließlich gelungen war, sich wieder zu fassen. »Adieu, Lord Archer.«
    Er machte eine Bewegung, hielt sich dann aber zurück, als fürchtete er, ihr zu nahe zu kommen. Kurz schien ihm der Atem zu stocken. »Womit könnte ich Sie umstimmen?«
    Die mühsam unterdrückte Dringlichkeit, die in seiner Stimme mitschwang, ließ sie sich wieder umdrehen.
    »Wenn Ihnen mein Charakter und meine Erscheinung so zuwider sind«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »warum halten Sie dann um meine Hand an?«
    Sein dunkler Kopf zuckte leicht. »Ich bin der letzte Abkömmling meiner Familie«, erklärte er und klang jetzt nicht mehr ganz so selbstbewusst. »Zwar liebe ich Königin und Vaterland, aber ich will nicht, dass das Land meiner Ahnen von der Krone vereinnahmt wird. Ich brauche eine Ehefrau.«
    Der Gedanke, dass sie mit dem Mann Nachkommen zeugen würde, war ihr gar nicht gekommen. Es schien unvorstellbar.
    »Warum machen Sie nicht einer von Ihresgleichen den Hof, einer Dame von Adel?«, fragte sie mit trockenen Lippen.
    Er hob das Kinn einen Hauch höher. »Es gibt nicht viele Väter, die ihre heiratsfähigen Töchter einem Mann wie mir geben würden.«
    Es ärgerte sie, dass sich ihre Brust vor Bedauern zusammenzog.
    Lord Archer legte den Kopf auf die Seite und musterte sie mit so viel Wärme wie ein Käufer die Ware auf einem Viehmarkt. »Für mich mag Ihre Erscheinung zwar keine große Rolle spielen, doch wenn die Zeit reif ist, meinen Erben in die Gesellschaft

Weitere Kostenlose Bücher