Kuss mich kuss mich nicht
sagte sich, das Flattern seines Magens rühre von der großen Menge genossenen Bourbons her und nicht von der Erleichterung darüber, dass Blair erst einmal nicht nach Hause kam.
»Klingt vernünftig.«
Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr. Artie rannte hinter irgendetwas her, und er fragte sich, wie der Hund aus dem Haus gekommen war.
Als einen Moment später Callie ebenfalls über den Rasen kam, richtete sich Jack in seinem Sessel auf und beugte sich gespannt nach vorn.
»Bist du sicher, dass du nichts dagegen hast?«, fragte Blair. »Schließlich wird es eine Weile dauern, bis wir uns wiedersehen.«
»Nein, das ist okay. Wirklich.«
Artie rannte zurück zu Callie, legte einen Stock zu ihren Füßen ab und drehte sich schwanzwedelnd wieder um. Sie hob den Stock vom Boden auf, streckte ihren Arm nach hinten aus und schleuderte das Holz mit einer kraftvollen, geschmeidigen Bewegung über eine unglaubliche Distanz.
Sofort stürzte Artie wieder los, und während Callie ihm hinterhersah, blies ihr eine Windbö eine Strähne ihrer langen Haare ins Gesicht, und sie stopfte sie lachend in den Kragen des Fleecepullovers, den sie trug. Dann ging sie in die Hocke, und der Hund kam fröhlich wieder auf sie zugerannt.
»Jack?«
Mühsam konzentrierte er sich wieder auf das Telefongespräch. »Ja?«
»Aber zu eurer jährlichen Thanksgiving-Party bin ich auf alle Fälle da. Sie findet doch wohl statt?«
»Natürlich.« Er drückte den Hörer an sein anderes Ohr und durchforstete sein Hirn nach einem Gesprächsthema. Normalerweise fiel ihm, wenn sie miteinander sprachen, immer etwas ein.
»Jack? Bist du sicher, dass es für dich in Ordnung ist, wenn ich hier unten bleibe? Ich könnte auch einfach pendeln, wenn es dich stört.«
Als er versuchte, sie zu beruhigen, schien ihn seine Stimme zu verraten, denn sie wollte von ihm wissen: »Ist bei dir alles in Ordnung, Jack? Ist das Gemälde sicher angekommen?«
»Nathaniel ist wieder in Boston, und zwar in einem Stück.«
»Und ist die Restauratorin auch schon da?«
»Ja.«
»Ich kann es kaum erwarten, sie kennenzulernen. Ich habe Grace gestern gesehen, und sie hat mir erzählt, Callie wäre supernett. He, wusstest du schon, dass Grace einen neuen Lover hat? Sie hatte keine Zeit, um mir Einzelheiten zu erzählen, aber sie sah wirklich glücklich aus. Wir sind ihm schon mal begegnet. In Newport.«
Jack runzelte die Stirn. »Etwa ihr Bodyguard? Mein Gott. Sah nach einem wirklich zähen Burschen aus.«
»Nun, Grace ist auf jeden Fall total in ihn verliebt. Sie hat die ganze Zeit gestrahlt, und ich habe mich unglaublich für sie gefreut.« Dann hielt Blair den Hörer zu und schrie ihren Leuten erneut ein paar Anweisungen zu. »Hör zu, ich muss jetzt Schluss machen. Warum telefonieren wir nicht einfach heute Abend noch einmal?«
»Das wäre wunderbar.«
»Ich liebe dich«, erklärte sie und legte auf.
Auch Jack legte den Hörer fort und starrte ihn reglos an. Das Gespräch war typisch für ihre Unterhaltungen gewesen. Locker, warm.
Unaufgeregt.
Er wandte sich erneut dem Fenster zu und beobachtete Callie und den Hund bei ihrem Spiel.
Im Zusammensein mit Callie war niemals irgendetwas einfach oder ruhig. Er hatte das Gefühl, als müsse er sich ihr Lächeln, ihr Gelächter, ihren Respekt verdienen. Aber wenn die Frau ihm eins ihrer seltenen, breiten Grinsen schenkte, kam er sich gesegnet vor.
Er trank seinen Bourbon aus und trat nochmals vor die Bar.
Es war falsch, sagte er sich. Es war total verkehrt. Er sollte nicht an eine andere denken und zu dem Ergebnis kommen, dass Blair im Vergleich zu ihr furchtbar unaufregend war.
Er füllte sein Glas erneut, kehrte zurück hinter seinen Schreibtisch und verfolgte, wie Callie den Stock aufhob und in Richtung des Hauses schleuderte. Während Artie gut gelaunt über den Rasen sprintete, begegneten sich ihrer beider Blicke durch das Fenster, und als sie erstarrte, hob er kurz die Hand.
Sie winkte zurück, bevor sie weiterging und aus seinem Blickfeld verschwand.
Jack gab sich die größte Mühe, all das in Gedanken aufzuzählen, was ihm an Blair gefiel: die Form ihrer Augen, die Art, wie sie sich kleidete, ihr Stilgefühl, ihre melodiöse Stimme und das leichte Lispeln, das so reizend war.
Er konnte sich nicht daran erinnern, dass je einer von ihnen dem anderen gegenüber laut geworden wäre, was nach all den Spannungen in seiner Familie und all den Konflikten in seinem Berufsleben eine willkommene Abwechslung
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