Kussen hat noch nie geschadet
Stadt glitten über die Windschutzscheibe, während er über Autumn und ihre tiefgrünen Augen nachdachte. Da lag nichts in ihrem Blick, wenn sie ihn anschaute. Weder Feindseligkeit noch Hass. Weder Leidenschaft noch Wut.
Gut so. »Nichts« war sehr viel besser als die Wut, die er so viele Jahre in ihrem Blick gesehen hatte. Diese Wut hatte er sich selbst zuzuschreiben, aber noch nie im Leben hatte ihn jemand so gehasst wie Autumn. Nicht mal gegnerische Spieler, die er mit Karacho an die Bande befördert hatte. Autumns Hass war in seinem Leben immer ein Wermutstropfen gewesen und hatte auch seine Beziehung zu Conner belastet.
Und jetzt? Eine Freundschaft mit ihr konnte er sich einfach nicht vorstellen. Erstens war er grundsätzlich nicht mit Frauen befreundet, und zweitens gab es zwischen ihnen noch zu viele Altlasten und zu viel Bitterkeit. Dafür hatten sie sich viel zu lange aufgeführt wie zwei Gegner beim Bully. Sich bedeckt gehalten. Stets zum Kampf bereit. Bis auf heute Abend.
Heute war sie entspannt gewesen, er hatte seine Deckung vernachlässigt, und für wenige Augenblicke waren sie ungezwungen miteinander umgegangen. Vielleicht zu ungezwungen. Ihr Lachen hatte ihn an die Frau erinnert, die sie vor langer Zeit gewesen war. Eine Frau, die scherzte und lachte und den ganzen Tag lang Liebe machte. Es gab vieles in dieser Zeit in Las Vegas, woran er sich nicht erinnerte, aber das Wenige, woran er sich erinnerte, reichte aus. Es reichte aus, um ihm den Kopf zu verdrehen und ihn in ein Gefühlschaos aus Gewissensbissen und Verwirrung zu stürzen.
Sie war die Mutter seines Kindes. Eine sehr unberechenbare Frau. Die allerletzte Frau auf der Welt, von der er sich wünschte, dass sie ihm den Kopf verdrehte und ihn in irgendetwas versetzte.
Am allerwenigsten in sexuelle Erregung.
Autumn saß Chelsea und Bo gegenüber an ihrem Schreibtisch und wirkte in ihrem schwarzen Crêpe-Kleid im 40er-Jahre-Stil mit kleinen angeschnittenen Ärmeln und Strassknöpfen sehr geschäftsmäßig.
Schon als die eineiigen Zwillinge ihr Büro betraten, hatte sie gewusst, dass die Doppelhochzeit, die ihnen vorschwebte, nicht funktionieren würde. Bo mit ihrem dunklen stummeligen Pferdeschwanz und dem schwarzen Hosenanzug schien sich an die falsche Küste verirrt zu haben, während Chelsea mit ihrem violett-rosa Pucci-Kleid und roten Plateauschuhen die reinste Farborgie darstellte. Sie waren beide klein und süß, mit großen Oberweiten und noch größeren Egos.
Chelsea beugte sich vor und legte die Hand auf den Schreibtisch. »Wir haben uns für den dritten Samstag im Juli entschieden.«
»Dann ist die Eishockeysaison vorbei«, stellte Bo klar.
»Und bis dahin haben Mark und ich unser Haus in Chapel Hill bezogen.«
»Und Jules und ich haben bis dahin hoffentlich auch ein Haus gefunden.« Bo legte ihre Hand auf die ihrer Schwester. »Unsere Hochzeit stellen wir uns eher dezent vor. Schwarzweiß mit einem Hauch von Zinnfarben.«
»Dass Jules schwarz-weiß vorschwebt, wage ich zu bezweifeln, und Mark ist es egal, solange er nichts mit der Planung zu tun hat.« Lächelnd zog Chelsea ihre Hand weg. »Ich will ein Garten-Motto mit vielen Farben. Violett- und Pinktöne mit ein paar Rot- und Gelbtupfern.«
»Nein.«
»Aber schwarz-weiß ist langweilig. Du brauchst mehr Farbe in deinem Leben.«
»Und du bist wie ein abstraktes Gemälde, das niemand außer dir versteht.«
»Meine Damen«, warf Autumn ein. »Wie entschlossen sind Sie, eine Doppelhochzeit zu feiern?«
Die beiden starrten Autumn an, als spräche sie Suaheli. »Wir haben uns in derselben Woche verlobt.«
»Es erscheint uns nur logisch«, ergänzten sie im Chor.
»Eine Doppelhochzeit ist immer heikel.« Autumn beugte sich vor und stützte sich mit verschränkten Armen auf den Schreibtisch. »Jede Braut verdient es, dass dieser besondere Tag speziell auf sie zugeschnitten ist. Bo, Ihr Stil ist sehr dezent, und Chelsea, Sie sind frech und lieben Farben. Sie beide verdienen Ihren ganz besonderen Tag, doch ich fürchte, Ihr Geschmack ist so gegensätzlich, dass eine Traumhochzeit für Sie beide unmöglich wird.«
»Aber dann muss unsere Familie zwei Mal nach Seattle kommen.«
Bo schüttelte entschieden den Kopf. »Nicht, wenn wir eine Hochzeit am Freitagabend abhalten und die andere am Samstag.«
Autumn lächelte. »Genau.«
»Ich kriege den Samstag.«
Bo schüttelte den Kopf. »Jules hat mehr Familie. Den Samstag kriege ich.«
»Das müssen wir ja nicht gleich heute
Weitere Kostenlose Bücher