Kussfest
ganz schön stolz darauf sein, dass dein Mann so große Pläne für diese Stadt hat.
»Frankie macht den Leuten ganz schön viele Versprechen. Ich hoffe, er lebt lange genug, um sie zu halten.«
Eine Stunde später trat ein Mann in eine Telefonzelle, steckte zwei Münzen in den Schlitz und wählte. Er wartete, bis am anderen Ende abgehoben wurde. »Fontana hat mit seiner Rede gerade sämtliche Herzen der Stadt gewonnen. Er will herausfinden, wo all die Steuergelder hin sind.«
Es entstand eine kurze Pause. »Das ist ganz schlecht.«
»Ich weiß nicht, wie ernst wir ihn nehmen müssen. Er war mal Wrestler, um Himmels willen. Der hat doch gar nicht den Grips dafür.«
»Oh, der hat mehr Grips als du denkst. Außerdem hat er jetzt seinen Schwager dabei. Max Holt hat den Grips und die nötigen Mittel, alles zu erreichen, was er will.«
»Und was machen wir da?«
»Wir räumen sie aus dem Weg. Und ich weiß auch schon, wer das erledigt.«
DREI
Jamie parkte den Mustang auf ihrem Parkplatz vor dem Zeitungsgebäude, blieb noch einen Moment sitzen und sortierte ihre Gedanken. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie Phillip am Abend zuvor nach Hause geschickt hatte, aber sie war wirklich nicht in der Stimmung für Sex gewesen. Nachdem er gegangen war, hatte sie einen Großteil der Nacht wach gelegen und darüber nachgedacht, wie sie sich vor Max ohne Nachnamen zum Affen gemacht hatte, und was der heutige Tag bringen würde.
Sie strich mit der Hand übers Armaturenbrett und war überrascht, wie staubig es war. Normalerweise war ihr Auto makellos sauber. Einmal in der Woche wusch sie es liebevoll und wachste es, wenn nötig, von Hand. Sie empfand diese Arbeit als tröstlich, weil sie so angenehme Erinnerungen in ihr wachrief. Manchmal erschrak sie, wie dicht sie davor gewesen war, es zu verkaufen. Ihr Vater hatte ihr den Wagen zum Schulabschluss geschenkt, und sie kümmerte sich darum wie um ein geliebtes Familienmitglied. Oft wünschte sie sich, sie hätte Geschwister, aber sie hatte niemanden, keine Onkel oder Tanten, keine Cousins und Cousinen. Vor Jahren war ihre Großmutter gestorben, eine sanftmütige, weißhaarige Dame mit leuchtend blauen Augen und einem gütigen Gesicht, die einmal angeboten hatte, Jamie zu sich zu nehmen, weil sie fürchtete, ihr Sohn sei nicht in der Lage, ein Kind allein großzuziehen.
Jamie hatte sich dagegen gesträubt. Sie und ihr Vater würden alles schaffen, solange sie nur zusammen waren. Sie würde sich einfach noch mehr Mühe geben und eine bravere Tochter sein, hatte sie sich vorgenommen. Sie würde seine Leibgerichte kochen und das Haus so in Ordnung halten, wie ihre Mutter es verlassen hatte. Sie würde die gerahmten Bilder ihrer Mutter abstauben und sie auf dem Nachttisch ihres Vaters stehen lassen. Und sie würde, ebenso wie er, so tun, als käme ihre Mutter bald wieder, und alles wäre wieder in Ordnung. Eine ganz normale Familie.
Manchmal bildete Jamie sich ein, das Aqua-Velva-Aftershave ihres Vaters noch in den Polstern zu riechen, und dann bekam sie einen Kloß im Hals, weil sie sich so einsam fühlte, seit er nicht mehr da war. Dann dachte sie an Phillip, und der Kloß im Hals schmolz wie Eis in der Sonne. Phillip, der sie von ganzem Herzen liebte und sein Leben mit ihr verbringen wollte. Sie hatten sich auf einem Wohltätigkeitsball kennengelernt, auf dem die Herren bezahlen mussten, um mit der Dame ihrer Wahl tanzen zu dürfen. Phillip hatte fünfhundert Dollar für einen Tanz mit Jamie gezahlt.
Er bot ihr die Stabilität, die sie als Kind nicht gehabt hatte. Seine Familie liebte sie, seine Brüder und Schwestern, Tanten und Onkel, Cousins und Cousinen ersten und zweiten Grades. Nicht zu vergessen: Phillips Mutter, Annabelle, die sie wie eine eigene Tochter angenommen hatte und ihnen die ultimative Hochzeit ausrichten wollte.
Jamie war sich ihres Glücks bewusst. Sie würde endlich die Familie bekommen, die sie sich immer gewünscht hatte. Sie stellte sich Feiertage mit Truthahnbraten und glasierten Schinken vor, mit Weihnachtspäckchen beladene Verwandte würden ein und aus gehen, und sie würde mit Phillip für ihre Neffen und Nichten Geschenke einkaufen gehen. Die Bilder in ihrem Kopf sahen aus wie Bilder von Norman Rockwell. Sie standen für alles, was gesund und normal und richtig war.
Jamie und Annabelle hatten sich auf eine Hochzeit im Freien geeinigt, im September, und hofften, dass es dann nicht mehr ganz so heiß und schwül sein würde. Sie und
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