Kussfest
und tappte mit dem Fuß. »Das ist überhaupt nicht witzig. Ich weiß ja, dass Tom und Herman ein paar Scherzkekse sind, aber das schlägt nun wirklich dem Fass den Boden aus. Ich könnte sie glatt …
»Erschießen?«, fragte Vera hoffnungsvoll.
»Da würde ich keine Kugeln für verschwenden.« Jamie presste sich die Hand auf die Stirn, hinter der sich langsam Kopfschmerzen bildeten. »Im Moment können wir nichts mehr tun. In ein paar Stunden kommt Mr Holt, und außerdem haben wir eine Deadline.« Jamie kramte eine Zigarettenpackung aus ihrer Tasche hervor.
»Die steckst du dir nicht an«, sagte Vera.
»Ich will sie ja nur in der Hand halten. Und einen Moment allein sein«, fügte sie hinzu. Sie drehte sich um und sah aus dem Fenster. »Mike, lassen Sie mich eine Viertelstunde allein, damit ich mich wieder beruhigen kann. Dann legen wir los.«
»Klar, Jamie.« Er machte eine Pause. »Übrigens sehen Sie heute sehr gut und professionell aus. Machen Sie sich keine Sorgen, wie es hier aussieht. Mr Holt wird so beeindruckt von Ihnen sein, dass er das nicht mal bemerkt.«
Jamie antwortete nicht. Sie wusste, dass Mike sie nur aufmuntern wollte, aber das funktionierte nicht. Sie hörte die Tür hinter sich zugehen und ließ sich auf den Stuhl sinken.
Der Morgen schleppte sich so dahin, und Jamie schaute immer wieder auf die Uhr. Von Stunde zu Stunde wuchs der Klumpen in ihrem Magen. Sie versuchte, ihn zu ignorieren und sich auf die anliegende Arbeit zu konzentrieren. Mike arbeitete unermüdlich neben ihr. Er ließ sich zwar von einem hübschen Gesicht leicht ablenken, aber er machte seine Sache gut und ackerte für zwei, wenn es drauf ankam. Manche Menschen, darunter auch Jamie, arbeiteten besser, wenn sie unter Druck standen. Sie überlegte, ob sie Mike mehr Verantwortung übertragen sollte, damit er eine Herausforderung hatte.
Kurz vor dem Mittagessen rief Vera Mike ans Telefon. Er sah nicht einmal von der Arbeit auf, als er nach dem Hörer griff. »Kommt sie durch?«, fragte er, nachdem er schweigend zugehört hatte.
Jamie sah auf. Mike war blass, jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. »Was ist denn?«, fragte sie, nachdem er aufgelegt hatte.
»Meine Mum ist beim Einkaufen umgekippt. Sie ist in der Notaufnahme.«
»Dann müssen Sie da hin«, sagte Jamie, die wusste, dass Mike Einzelkind war. Seine Eltern waren schon älter, und er musste sich um sie kümmern.
»Und was ist mit der Zeitung?«
»Die wird schon noch stehen, wenn Sie wiederkommen.
Er stand auf, suchte in der Hosentasche nach seinem Autoschlüssel und ging zur Tür. Jamie stand ebenfalls auf. »Sind Sie sicher, dass Sie selbst fahren wollen?«
»Ja.«
»Rufen Sie mich an, wenn Sie mehr wissen«, sagte sie.
Er lief hinaus und rannte Vera fast um. »Wo will der denn hin?«
Jamie erklärte, was los war. »Ich hab jetzt für den Rest des Tages Stress. Halt mir bitte Anrufer vom Leib.«
»Hast du dran gedacht, Phillip zurückzurufen?«
»Nein, mache ich aber gleich.«
»Das hast du schon vor einer Stunde gesagt. Nachher denkt er, ich habe es dir nicht ausgerichtet. Und dann bin ich schuld. Es spricht sich rum, dass ich keine gute Assistentin bin, und dann finde ich keinen neuen Job.«
»Du suchst ja auch gar keinen, Vera.«
»Glaubst du. Ich bin aber zufällig gerade dabei, meinen Lebenslauf auf Vordermann zu bringen. Hier werde ich ja nicht nur schlecht bezahlt, sondern außerdem gibt es auch überhaupt keine Aufstiegschancen.«
»Müssen wir das
jetzt
besprechen?«, fragte Jamie matt.
»Ja, ich weiß, schlechter Zeitpunkt. Vergiss es einfach.«
Fünf Minuten später klingelte Jamies Telefon. Es war Phillip. »Tut mir Leid, dass ich nicht zurückgerufen habe«, sagte sie schnell. »Du weißt ja, was hier los ist, so kurz vor der Deadline, und mir ist ein Mann ausgefallen.«
»Ich würde dich damit ja auch nicht weiter belästigen, aber meine Mutter hat schon dreimal bei mir im Büro angerufen und will wissen, ob wir uns jetzt für dieses Geschirr mit dem Platinrand von Starlings Ltd. entschieden haben. Sie sagt, das müssen wir bald tun, weil die Leute das extra bestellen müssen, wenn sie die Einladung zur Hochzeit bekommen. Außerdem droht sie, dich höchstpersönlich übers Knie zu legen, wenn du dir nicht bald ein Kleid aussuchst.«
Jamie ächzte. »Oh, Phillip.«
»Ich weiß, ich weiß. Sie macht mich ja auch ganz verrückt. Da bist du nicht allein.« Er kicherte. »Das haben wir jetzt davon, dass wir ihr die ganze
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