Kussfest
eine Pause, als sie die Glocke über der Eingangstür mehrfach klingeln hörte. Offensichtlich war jemand gekommen. Vera schoss vom Stuhl hoch, griff sich in die hintere Hosentasche und zog ihre Pistole hervor. Alle im Raum duckten sich.
»Vera!«, schrie Jamie. »Steck sofort die Knarre weg!« Vera grunzte, tat aber, was ihr gesagt wurde.
Jamie sah zwei Sicherheitsleute am Empfang stehen und hatte plötzlich Pudding in den Beinen. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn Vera mit der Pistole fuchtelnd hinausgelaufen wäre.
Als Max um kurz vor zehn bei Bates‘ Furniture ankam, hing ein Trauerflor an der Tür. Herman, Tom und Hermans Bruder George kamen zur Tür, alle in Schwarz gekleidet und mit Trauerminen.
»Mein herzliches Beileid«, sagte Max.
»Ja, ach ja, Daisy war eine gute Hofkatze«, antwortete Herman. »Sie ist vierzehn Jahre alt geworden.
»Wann ist sie denn gestorben?«, fragte Max.
»Letztes Jahr Weihnachten. Wir sind nur bisher nicht dazu gekommen, um sie zu trauern.«
»Der Herr behüte sie«, sagte George demütig.
Tom Brown nickte. »Ich habe Daisy nicht persönlich gekannt, aber ich bin ein Freund der Familie, daher habe ich meinen Laden auch zugemacht, um Herman und George in dieser schweren Stunde beizustehen.«
»Gehen wir doch in mein Büro«, sagte Herman. Er wartete, bis alle saßen, und sprach dann. »Hoffentlich lohnt sich das, Holt«, sagte er und lehnte sich auf dem Stuhl zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. »Jamie hatte kein Recht, diese Anzeigen ins Blatt zu nehmen.«
»Ich glaube, sie war von Ihren Renovierungsarbeiten nicht allzu begeistert.«
»Das hat sie davon, dass Vera uns gedroht hat«, sagte Tom. »Mann, wir hätten das schon richtig gemacht, für Jamie, wenn sie persönlich gekommen wäre. Auf der Highschool war ich in Jamie Swift verknallt.« Er sah die anderen Männer an. »Sagt das bloß nicht meiner Frau. Ihr wisst ja, wie eifersüchtig Lorraine ist.«
»Ich schlage vor, wir lassen die Vergangenheit ruhen«, schlug Max vor. »Und reden jetzt lieber übers Geschäft.
»Alter, was ist das denn bitte für eine Scheiße? Der hat nicht mal ´n blauen Fleck.«
Vito murmelte eine Reihe von Flüchen, als er Max in Bates‘ Furniture verschwinden sah.
»Das wird dem Boss aber gar nicht gefallen.«
»Dann rufen wir ihn halt nicht an, Mann. Wir warten ab, bis wir das erledigt haben, und rufen ihn dann erst an.«
»Lenny, du bescheuerter Haufen Scheiße. Du hast ja keine Ahnung, was das für einer ist. Wenn wir die Sache vermasseln, enden wir beide in Leichensäcken.«
»Das hättest du mir echt mal früher sagen können. Ich meine, was verstehen wir schon vom Leute-Umlegen? Ich hab noch nie jemanden umgebracht, du etwa? Ich hab noch nicht mal ´n Waschbär platt gefahren.«
»Mit so was kann man richtig Asche machen«, sagte Vito. »Wenn du zu feige bist, dann steig jetzt aus.«
Lenny schien kurz nachzudenken. »Ich kann dich doch jetzt nicht im Stich lassen, Alter.«
»Okay, dann hör auf zu jammern. Wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir an Holt rankommen, ohne dass ein Haufen Leute um ihn rumschwirrt. Wir müssen ständig wissen, wo er ist. Wenn er bei seinem Schwager ist, müssen wir uns überlegen, wie wir an den ganzen Sicherheitsleuten vorbeikommen. An die Zeitung kommen wir nicht ran, da wimmelt es nur so von Bullen, wie die Kakerlaken.«
»Tja, Alter, wir brauchen ’nen Plan.«
»Lass uns mal ein paar Schritte gehen«, sagte Vito. »Dass man uns hier nicht so rumlungern sieht, auch nicht in dieser Verkleidung. Ich muss nachdenken.«
Lenny nickte. »Ja, wir müssen ihm immer einen Schritt voraus sein.«
Vito blieb stehen und sah ihn an. »Weißt du was, du hast Recht. Scheiße, Lenny, immer, wenn ich gerade denke, du hast dir endgültig das Hirn mit Spiritus weggeschnüffelt, kommst du mit was Intelligentem um die Ecke.«
»Echt?«
»Also, was glaubst du, wo Max als Nächstes hingeht?«
»Hm, mal überlegen.« Lenny sah plötzlich auf. »Mir fallen nur ein paar Möglichkeiten ein, und an zwei davon kommen wir nicht ran, nämlich die Zeitung und Fontanas Haus.«
»Und wo sonst noch?«
»Du hast Jamie Swift doch gesehen. Wo würdest
du
denn da hingehen?«
»Schnurstracks ins nächste Motel«, antwortete Vito. Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. »Aber warum ein Motelzimmer mieten, wenn sie ein eigenes Haus hat?«
Sie ließen ihre Handflächen aneinander klatschen.
Abends folgte Max Jamie nach Hause.
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