Kutath die sterbende Sonne
Nicht schnell genug aufgezeichnete Tatsachen helfen uns nicht bei unserer Verteidigung, verehrter Bai.«
Suths Gereiztheit wuchs, aber nicht übermäßig. Tiag hatte das Geschlecht angenommen, das sie logischerweise hatte annehmen müssen; schon immer hatte sie eine bestürzende Schroffheit gezeigt. »Rein physikalisch gesehen, Bai Tiag, könnten wir diese Plätze da unten weiter unter Feuer nehmen. Aber es befinden sich Menschen auf dem Planeten; die Menschen würden den Ursprung der Drohung so eindeutig erkennen wie Mri. Wir befinden uns in Reichweite sowohl menschlicher Schiffe als auch der Mri Städte.« Mit übertriebenem Mangel an Eile griff er nach der Schlittenkonsole, nippte aus dem kühlenden Becher in einer Hand, während er mit der anderen die Bibliothek aktivierte. Er verschaffte sich Dokumentarfilme, deren Sinn darin bestand, die Mri Kriege für jeden Jungling aufzuzeichnen, der an Bord geboren werden konnte. Und nachdem er erhalten hatte, was er suchte, lächelte er. Es war ganz einfach, das Material auf der Stelle zu bearbeiten und der Maschine den Befehl zur Vervielfältigung zu geben, mit Anfang und Ende an bestimmten Punkten, und Szenen in eine wünschenswerte Folge zu bringen.
Menschengesichter erschienen auf dem Schirm: Duncans Gesicht. Die auf Elag hingeschlachteten Mri lagen unter rauchenden Trümmern; die Türme von Nisrens Edun stürzten brennend ein, und Menschentruppen eilten über ein mit toten Mri übersätes Feld; Kriegsschiffe der Menschen schwebten über Mri Ruinen.
Suth stellte alles zusammen und präsentierte das Ergebnis den anderen – beobachtete, wie ihre Gesichter Erregung auszudrücken begannen.
»Wir sprechen nicht die Mri-Sprache«, sagte er, »aber diese über Energie verfügenden Städte sind sicher dazu in der Lage, einfache Übermittlungen zu empfangen. Und Bilder sprechen alle Sprachen.«
»Bai«, murmelte Nagn.
»Wir haben zehn Shuttles. Auf mehrere können wir verzichten; wir reservieren vier für Manöver in Sichtweite der Menschen. Die nach unten geschickten gehen ein hohes Risiko ein. Aber folgendes erzähle ich euch zu eurer Information, verehrte Gattinnen: diese Mri – das ganze Gelächter, in dem Regul geschwelgt haben über eine Rasse, deren Gedächtnis ohne Papier verloren ist – und auch diese Menschen... Kommt euch in den Sinn, daß besagte Menschen durch das Alagn-Debakel auf Kesrith in den Besitz großer Mengen Regul-Papier und -Bänder gekommen sind? Die Bibliothek ist uns verloren gegangen. Euer großer Alagn-Bai Hulagh hat Maschinen und Schiffe und Junglingsleben geborgen und die Bibliothek in menschliche Hände fallen lassen; ein geringer Verlust, solange die Geister, die dieses zweifellos triviale Wissen enthielten, auf Schiffe gepackt und zurück in den Heimatraum und in Sicherheit geschickt wurden, nicht wahr? Oder vielleicht hätte Hulagh vor seinem Abflug die Bibliothek unter Feuer genommen – falls er die Zeit dazu gehabt hätte. Beobachtet diesen Jungling Duncan; seht, wie genau er die Mri imitiert. Ein geringer Verlust, eine armselige koloniale Bibliothek auf einer Minenkolonie? Die Regul verloren nichts; aber die Menschen gewannen. Haben sich die Menschen über den Verlust an Maschinen, die Hulagh hatte wegschaffen lassen, groß geärgert? Nein. Aber Menschen schwärmten in den ersten Tagen der Okkupation von Kesrith durch die Bibliothek wie Insekten über einen Kadaver. Könnt ihr jetzt immer noch nicht zu einem Schluß gelangen?«
»Wir haben geirrt«, meinte Nagn nach einem Moment, und die Ränder ihrer Nasenlöcher waren weiß. »Verehrung, warum haben wir es nicht geschafft, diese Dinge zu bemerken?«
»Weil dem Bai eures Doch, Nagn Alagn-ni, trotz all seiner Jahre die Erfahrung fehlte; das gleiche gilt für Sharn. Das habe ich festgestellt. Diese Frage ist mir in den Sinn gekommen. Aber selbst als Jungling besaß ich etwas, das dem großen Alagn fehlte: Erfahrung mit Nichtregul. Ihr wart isoliert und sicher im Heimatraum. Horag ist kolonial. Wir hatten Umgang mit Mri, mit Menschen, mit Mri-Tieren. Wir erlangten Vergleichsmodelle für unsere Handlungen. Euch haben diese Modelle gefehlt. Euer Verständnis war innerhalb eurer Grenzen weise, aber es gibt auch noch andere Rassen im Universum – und Horag hat seit zweitausend Jahren mit ihnen zu tun.«
»Mri und Dusei und Menschen!« rief Tiag voller Abscheu. »Was könnten sie entdecken, daß nicht bereits Regul entdeckt und schon nach dem erstenmal für alle Zeiten behalten
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