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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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der Kunst zu verfluchen, alles natürlich auf streng wissenschaftliche Weise. Was sagst du da? Ungerecht wäre das, und meine Empörung hätte sich besser gegen meine Zeitgenossen gerichtet, die es versäumten, mein Genie anzuerkennen? Denk noch einmal nach, verehrter Fremdling! Zu der Zeit, da man mein Testament ehrfurchtsvoll, ja wie ein Heiligtum betrachten wird, da jeder Buchstabe den Glanz unsterblicher Größe ausstrahlen wird, werden meine Zeitgenossen längst zu Staub und Asche geworden sein, und wie sollen meine Flüche und Verwünschungen sie dann erreichen? Wäre ich so verfahren, wie du sagst, so würden die Nachkommen mein Werk in eitler Selbstzufriedenheit studieren und nur anstandshalber seufzen: »Ach, der Arme! Mit welch ergebenem Heroismus hat er seine grausame Anonymität ertragen! Wie berechtigt war sein Grimm gegen unsere Vorfahren, und wie edel war es von ihm, uns dennoch die Früchte seines Lebenswerks zu hinterlassen!« Ja, genau das würden sie sagen! Und was dann? Diese Idioten, die mich lebendig begruben, sollen sie etwa ungestraft davonkommen? Sollte das Grab ein Schild sein gegen den Pfeil der Rache? Der bloße Gedanke daran bringt mein Schmieröl zum Sieden! Sollten die Söhne meine Werke etwa in Frieden lesen und ihre Väter milde tadeln, weil sie mich so verkannten? Niemals!!! Ich will ihnen zumindest aus weiter Ferne einen Fußtritt geben, und sei es aus dem Grabe! Mögen diejenigen wissen, die meinen Namen mit güldenen Lettern schreiben und mir strahlende Denkmäler errichten werden, daß ich ihnen zum Dank dafür folgende Segenswünsche mit auf den Weg gebe: »Mögt ihr euch sämtliche Zahnräder verrenken, mögen euch die Ventile platzen und die Kabel durchschmoren, mögen eure Daten gelöscht werden, und mögt ihr selbst von Kopf bis Fuß mit Grünspan überzogen werden, wenn ihr nicht mehr tun könnt, als auf dem Friedhof der Geschichte exhumierte Leichen zu ehren!« Vielleicht wird es unter ihnen einen neuen Weisen geben, doch sie, gerade vollauf damit beschäftigt, die noch fehlenden Teile meiner Korrespondenz mit meiner Waschfrau aufzuspüren, werden keinerlei Notiz von ihm nehmen! Mögen sie wissen, sage ich, und mögen sie es ein für alle Mal wissen, daß mein von Herzen kommender Fluch und mein aufrichtiger Abscheu immer mit ihnen sind, und daß ich sie für Grabschlecker, Skelettküsser und schrottverzehrende Schakale halte, die sich nur deswegen von Aas nähren, weil niemand von ihnen lebendige Weisheit zu erkennen vermag! Mögen sie, wenn sie die Gesamtausgabe meiner Werke veröffentlichen – welche ja auch das Testament, meinen letzten über sie verhängten Fluch, enthalten wird –, mögen diese Nekromanten und Nekrophilister der Möglichkeit beraubt sein, sich selbst zu gratulieren, daß der unvergleichliche Weise, Chlorian Theoreticus Klapostel, der das bis in alle Ewigkeit gültige Portrait der Zukunft entwarf, einer ihrer Vorfahren war! Und wenn sie meine Denkmäler mit Sidol polieren, so soll ihnen dabei bewußt sein, daß ich ihnen das Allerschlimmste wünsche, was das Universum zu bieten hat, und daß das Ausmaß meines Hasses, den ich ihnen über die Zeiten entgegenschleudere, nur von dessen Ohnmacht übertroffen wird. Mögen sie also wissen, daß ich mich nicht zu ihnen bekenne, und daß es zwischen mir und ihnen nichts gibt außer dem aufrichtigen Ekel, den ich für sie hege!!!«
    Vergeblich hatte Klapauzius während der langen Ansprache versucht, den mehr und mehr in Zorn geratenen Weisen zu beruhigen. Nach seinen letzten Worten sprang der Alte auf, drohte den kommenden Generationen mit erhobener Faust und ließ einen Schwall entsetzlicher Schimpfworte los (wo hatte er sie nur gelernt, in seinem ganz der Erkenntnis geweihten Leben?); dann stampfte er, wutschnaubend und vor Zorn blau im Gesicht, mit dem Fuß auf, schrie noch einmal laut auf und brach in einem Funkenregen zusammen, dahingerafft durch ein Übermaß an cholerischer Spannung! Klaupauzius, niedergeschlagen durch diese unerfreuliche Wendung der Dinge, setzte sich auf einen Felsblock, nahm das Testament und begann zu lesen, wenngleich ihm schon auf der zweiten Seite die Augen übergingen angesichts der drastischen Epitheta, mit denen die Nachwelt hier bedacht wurde. Am Ende der dritten Seite mußte er sich den Schweiß von der Stirn tupfen, denn hier erwies sich der nunmehr selige Chlorian Theoreticus in einem Ausmaß als Meister der Invektive, das wahrhaft kosmisch war. Drei Tage lang las

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