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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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Bruststern in multilinearer, multivalenter und multilateraler Dekoration, geschnitzt, gemeißelt und geprägt in Ebenholz, Schiefer und Gold. Zum Beweis seiner Huld schickt dir mein Herr und Gebieter jene Kleinigkeiten dort, die rund um dein Domizil zu plazieren ich mir die Freiheit genommen habe.«
    Tatsächlich türmten sich die Säcke schon zu solcher Höhe, daß kaum noch Tageslicht ins Zimmer drang. Der Magnat verstummte, verharrte jedoch in Rednerpose mit weit ausgestreckter Hand. Trurl nutzte die eintretende Pause und sagte:
    »Ich bin Seiner Königlichen Hoheit Protuberon zu tiefstem Dank verpflichtet, doch Herzensangelegenheiten, wissen Sie, sind eigentlich nicht mein Spezialgebiet. Andererseits …«, fügte er hinzu, da er sich unter dem blendenden Diamantenblick des Magnaten zusehends unbehaglicher fühlte, »wenn Sie mir vielleicht erklären würden, worum es geht …« Der Magnat nickte.
    »Das ist leicht getan, Euer Konstrukteurliche Gnaden. Der Thronfolger ist in heißer Liebe zu Amarynda Kybernella entbrannt, der einzigen Tochter des Herrschers von Aubrarien, unserem Nachbarland. Indes sind unsere beiden Reiche durch eine Erbfeindschaft entzweit, und als unser gnädiger Herr den unablässigen Bitten des Kronprinzen endlich nachgab und den Kaiser um die Hand seiner Tochter bat, da hieß die Antwort kategorisch Nein. Seitdem sind ein Jahr und sechs Tage vergangen, der Thronfolger welkt vor unseren Augen dahin, und es gibt kein Mittel, vermöge dessen er wieder zur Vernunft gebracht werden könnte. So ruhen denn all unsere Hoffnungen allein auf Euer Durchlauchtigsten Lumineszenz!«
    Hier verneigte sich der stolze Magnat. Trurl räusperte sich, warf einen langen Blick auf die Reihen der Krieger vor seinem Haus und sprach mit stockender Stimme:
    »Ich weiß wirklich nicht, auf welche Weise ich von Nutzen … andererseits … da es der König nun einmal wünscht … bin ich natürlich …«
    »Ausgezeichnet!« rief der Magnat und klatschte in die Hände, daß es nur so dröhnte. Sogleich stürmten, schwarz wie die Nacht, zwölf Kürassiere mit klirrender Rüstung ins Haus, packten den Konstrukteur und trugen ihn auf ihren Schultern ins Raumschiff, das einundzwanzig Schuß Salut abfeuerte, die Anker lichtete und mit majestätisch wehender Flagge bald den offenen Himmel gewann.
    Unterwegs machte der Magnat, der des Königs Seneschall und Artefaktotum war, Trurl mit den romantischen und dramatischen Begleitumständen der unglücklichen Liebe des Kronprinzen bekannt. Gleich nach der Ankunft, nach feierlichen Begrüßungsansprachen und einer Konfetti-Parade durch die Straßen der Hauptstadt, inmitten einer unübersehbaren, fähnchenschwenkenden Robotermenge, machte sich der Konstrukteur ans Werk. Zum Arbeitsplatz wählte er sich den Königlichen Park und innerhalb von drei Wochen hatte er den dort befindlichen Tempel der Kontemplation in eine seltsame Konstruktion aus Metall, endlosen Kabeln und flackernden Bildschirmen verwandelt. Wie er dem König erklärte, handelte es sich dabei um ein Femmefatalotron, eine erotisierende Apparatur mit stochastischer, orgiastischer und elastischer Wirkung sowie jeder Menge Feedback. Wer ins Innere der Maschine gelangte, versank sogleich in einem Meer zärtlichen Geflüsters, sanfter Liebkosungen und leidenschaftlicher Küsse, kurz, er spürte den ganzen Charme, Liebreiz und Zauber des schöneren Geschlechts im Kosmos auf einmal. Das Femmefatalotron, das aus dem ehemaligen Tempel der Kontemplation entstanden war, besaß eine Kapazität von vierzig Megamor, wobei die effektive Maximalleistung im Spektrum siedender Wollust sechsundneunzig Prozent erreichte, die Leidenschaftsemission hingegen – wie üblich gemessen in Kilardor – lag bei sechs Einheiten pro ferngesteuertem Kuß. Zur Ausrüstung des Femmefatalotrons gehörten ferner reversible Glutdämpfer, omnidirektionale Kohabitationsverstärker und natürlich ein Coup-de-foudre-Automat, denn in dieser Hinsicht stand Trurl ganz auf dem Standpunkt von Dr. Aphrodontus, dem berühmten Entdecker der Okulo-Oskular-Gefühlstheorie.
    Selbstverständlich verfügte die phantastische Konstruktion über jede Menge Zusatzgeräte, wie stark stimulierende Hochfrequenzerreger, stufenlose Gefühlskupplungen, ekstatische Überdruckventile sowie einen ganzen Komplex von Schmusensoren und Koselektroden. In einer speziellen Glaskuppel außerhalb der Maschine waren Meßinstrumente mit riesigen Zeigern installiert, anhand derer man den Verlauf

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