Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.
des Prozesses genau verfolgen konnte, der den Prinzen bezaubern und von der Liebe zu Amarynda heilen sollte. Nach den statistischen Analysen lieferte das Femmefatalotron in achtundneunzig von einhundert Fällen amouröser Superfixierung konstant positive Ergebnisse. Damit standen die Chancen zur Rettung des Kronprinzen ausgezeichnet.
Vierzig ehrwürdige Peers des Reiches brauchten mehr als vier Stunden, um den Kronprinzen durch den Park zum Tempel der Kontemplation zu schleifen, wobei sie ihre feste Entschlossenheit mit dem schuldigen Respekt vor Seiner Königlichen Person in Einklang zu bringen hatten, denn der Prinz, der absolut nicht von Amaryndas Zauber erlöst werden wollte, sträubte sich mit Händen und Füßen und versetzte seinen getreuen Höflingen mehr Schläge und Tritte, als ihnen lieb sein konnte. Als man Seine Hoheit schließlich unter Zuhilfenahme zahlloser Federkissen in die Maschine gestoßen und die Luke hinter ihm geschlossen hatte, drückte Trurl nicht frei von bösen Ahnungen auf den Einschaltknopf, und die monotone Stimme des Computers begann mit dem Countdown: »Fünf, vier, drei, zwei, eins, Zero, Start!« Die unter megamorischem Volldampf stehenden Synchroerotoren leiteten mit mächtigem Stampfen und Stoßen die Offensive gegen die so tragisch fehlgeleiteten Gefühle des Kronprinzen ein. Nach einer knappen Stunde warf Trurl einen Blick auf die Meßinstrumente; ihre Zeiger zitterten unter höchster erotischer Spannung, zeigten aber keinen wesentlichen Ausschlag. Ernste Zweifel am Erfolg der Behandlung begannen ihn zu plagen, jetzt aber war nichts mehr zu machen, er konnte nur noch die Hände in den Schoß legen und geduldig abwarten. Er kontrollierte noch einmal, ob die Gigaküsse auf ihrem vorgesehenen Platz landeten und im richtigen Winkel auftrafen, und ob die B-Hochfrequenzerreger und stufenlosen Gefühlskupplungen nicht zu scharf eingestellt waren und damit in den kritischen Grenzbereich gerieten, denn schließlich ging es ihm nicht darum, daß sich der Patient erneut verliebte, das Objekt seiner Gefühle verlagerte und nun die Maschine statt Amarynda anbetete; er sollte vielmehr gründlich von der Liebe geheilt werden. Schließlich wurde die Luke unter feierlichem Schweigen geöffnet. Aus dem in rotes Licht getauchten und von einer Wolke süßesten Parfüms geschwängerten Innenraum, dessen Boden mit einem Teppich aus zerquetschten Rosenblättern bedeckt war, stolperte der Prinz – und fiel sogleich in Ohnmacht, betäubt durch diese schreckliche Konzentration von Leidenschaft … Seine treuen Diener stürzten herbei, und als sie seine kraftlosen Glieder aufrichteten, da hörten sie, wie sich den bleichen Lippen des Prinzen kaum hörbar ein einziges Wort entrang: Amarynda! Trurl unterdrückte mühsam einen Fluch, denn er sah ein, daß alles umsonst gewesen war, weil sich die wahnsinnige Liebe des Prinzen im entscheidenden Moment als stärker erwiesen hatte als all die Kilamor und Megardor, die das Femmefatalotron zu bieten hatte. Das Liebesthermometer, das dem Bewußtlosen gegen die Stirn gepreßt wurde, kletterte mit einem Schlag auf einhundertundsieben Teilstriche, dann zerbrach das Glas, das Quecksilber quoll hervor und bebte immer noch, als hätte sich auch ihm die ganze Glut brodelnder Leidenschaft mitgeteilt. Der erste Versuch endete somit in einem totalen Fiasko.
Trurl kehrte düsterster Stimmung in seine Gemächer zurück, und wäre ein heimlicher Lauscher bei ihm gewesen, so hätte er hören können, wie der Konstrukteur ruhelos von Wand zu Wand marschierte und verzweifelt nach einer Lösung suchte. In der Zwischenzeit gab es im Park einen entsetzlichen Lärm: Ein paar Maurer, die dort Reparaturarbeiten erledigen sollten, waren aus purer Neugier ins Femmefatalotron geklettert und hatten es zufällig in Gang gesetzt. Es war notwendig, die Feuerwehr zu alarmieren, denn sie entsprangen so entflammt aus dem ehemaligen Tempel der Kontemplation, daß sie in Rauchwolken gehüllt waren.
Als nächstes versuchte es Trurl mit einem Komplex, der aus einem integralen wie selektiven Desillusionator und aus einem sensorgesteuerten Alienatorium bestand, aber um es gleich vorwegzunehmen, auch dieser neue Anlauf endete mit einer Pleite. Der Prinz war um kein Jota weniger in Amarynda verliebt, im Gegenteil, er liebte sie heißer und inniger als je zuvor. Und wieder legte Trurl bei seinem ruhelosen Marsch durchs Zimmer viele Meilen zurück und brütete bis spät in die Nacht über Fachbüchern,
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