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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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strafrechtlicher Fall und ein gesondertes Problem«, gab der Topf zurück.
    Trurl bebte vor Zorn.
    »Da macht man aus einem Bündel alter Drähte, Spulen und Widerstände ein intelligentes Wesen und bekommt statt eines vernünftigen Rats nichts als Ausflüchte zu hören! Du schäbiger elektronischer Winkeladvokat, ich werde dir zeigen, daß mit mir nicht zu spaßen ist!«
    Und er stülpte den Topf um, schüttete den ganzen Inhalt auf den Tisch und demontierte ihn so rasch, daß dem Anwalt keine Zeit blieb, gegen diesen Schritt Berufung einzulegen.
    Trurl machte sich erneut an die Arbeit und baute einen zweistöckigen Juris Consilarius, vierfach verstärkt im Hinblick auf das Bürgerliche und das Strafgesetzbuch, um aber ganz sicher zu gehen, schloß er ihn zusätzlich an das Verwaltungs- und Völkerrecht an. Dann schaltete er den Strom ein, trug seinen Fall vor und fragte:
    »Wie kann ich zu meinem Recht kommen?«
    »Der Fall ist kompliziert«, sagte die Maschine, »du mußt mir in beschleunigtem Verfahren oben noch fünfhundert und an der Seite zweihundert Transistoren einbauen.«
    Trurl kam diesem Wunsch sogleich nach, woraufhin die Maschine sagte:
    »Zu wenig! Ich bitte um einen Zusatzverstärker und zwei extrastarke Spulen.«
    Danach sprach sie wie folgt:
    »Der Casus als solcher ist interessant; jedoch sind hier zwei Dinge zu berücksichtigen: zum einen die Gründe für die Klage – und da wäre sehr viel zu machen –, zum anderen das Verfahren selbst und die Frage nach der zuständigen Instanz. Es kommt überhaupt nicht in Betracht, den König in einem Zivilprozeß vor irgendein Gericht zu zitieren, denn das stünde im Widerspruch zum internationalen wie auch zum interplanetarischen Recht. Meine endgültige Meinung zu dem Fall werde ich dir mitteilen, wenn du mir versprichst, daß du mich hernach nicht gleich in sämtliche Einzelteile zerlegst.«
    Trurl gab sein Wort und sagte:
    »Aber wie bist du nur auf den Gedanken gekommen, daß dir die Demontage droht, falls du mich nicht zufriedenstellst?«
    »Ich weiß auch nicht, ich hatte einfach so ein dumpfes Gefühl.«
    Trurl erriet, daß diese Ängste wohl auf die Tatsache zurückzuführen waren, daß er zum Bau seines Gegenübers Teile des Kochtopfadvokaten verwendet hatte. Spuren der Erinnerung an diesen Vorfall mußten in den neuen Schaltkreisen zurückgeblieben sein und dort eine Art unterbewußten Komplex verursacht haben.
    »Nun, und deine endgültige Meinung?«
    »Die lautet so: Da es keine zuständigen Tribunale gibt, kann es auch kein Verfahren geben. Der Prozeß kann weder gewonnen noch verloren werden.«
    Trurl sprang auf und drohte dem maschinellen Anwalt mit der Faust, sein gegebenes Wort aber mußte er halten und so tat er ihm nichts Böses. Er ging zu Klapauzius und erzählte ihm alles.
    »Ich habe gleich gewußt, daß die Sache hoffnungslos ist, aber du wolltest mir ja nicht glauben«, sagte Klapauzius.
    »Der Schurke wird nicht ungestraft davonkommen«, gab Trurl zurück, »wenn ich auf gerichtlichem Wege keine Genugtuung bekommen kann, so werde ich mich auf andere Weise an diesem königlichen Halunken rächen!«
    »Ich bin neugierig, wie du das machen willst. Du gabst dem König den Ratgeber, und welche Not und Plagen oder welches Unglück du immer über den König und sein Reich heraufbeschwören magst, er wird sie alle abwehren. Ja, Trurl, davon bin ich fest überzeugt, denn ich habe volles Vertrauen zu deinen Fähigkeiten als Konstrukteur!«
    »Du hast recht. Es sieht ganz so aus, als hätte ich mich selbst durch den Bau des Perfekten Ratgebers jeder Möglichkeit beraubt, mit diesem Scheusal von König abzurechnen. Aber auch in dieser Festung muß irgendwo ein schwacher Punkt stecken, und ich werde weder ruhen noch rasten, bis ich ihn gefunden habe!«
    »Was willst du tun?« fragte Klapauzius, aber Trurl zuckte nur mit den Achseln und machte sich auf den Heimweg. Lange Zeit ging er nicht aus dem Haus, sondern saß da und meditierte; bald durchblätterte er in der Bibliothek Hunderte von Bänden, bald führte er im Laboratorium geheimnisvolle Experimente durch. Klapauzius besuchte ihn von Zeit zu Zeit und staunte über die Verbissenheit, mit der Trurl versuchte, sich selbst zu besiegen, denn der Ratgeber war ja in gewissem Sinne ein Teil von ihm, er hatte ihm schließlich all seine Weisheit verliehen. Eines Nachmittags kam Klapauzius zur gewohnten Zeit, traf Trurl jedoch nicht zu Hause an. Die Tür war verschlossen, die Fensterläden

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